Laimerstadt
Hanfteeparty fällt aus

Landratsamt spricht Verbot aus: Christian Rehm aus Laimerstadt darf sein Produkt nicht mehr an Endverbraucher verkaufen

03.08.2020 | Stand 23.09.2023, 13:19 Uhr
Josef König
  −Foto: Pressebüro König

Laimerstadt - Der Beamte der Lebensmittelüberwachung hatte keine Lust auf eine Tasse Hanftee: "Drogen", so lautete sein Urteil, das er hinter einem Erzeugnis von Feldern im Markt Altmannstein vermutete.

 

Mit dem Verkauf an Privatleute ist es vorerst vorbei. "Wir haben eine erlaubte EU-zertifizierte Hanfsorte angebaut, das Verkaufsverbot ruiniert uns", sagt Landwirt Christian Rehm. Der 46-Jährige bewirtschaftet seinen Hof in neunter Generation. Zwölf Kilogramm verpackter Tee und 200 Kilogramm Rohware dürfen nicht mehr an private Genießer aus der Region verkauft werden.

Bisher war für die Rehms die Welt auf ihrem Hof im Laimerstadt noch in Ordnung. Ein schmucker Hof zwischen Hopfen, Weizenfeldern und einem weiteren grünen Rohstoff: Hanf. Damit habe man die Fruchtfolge ausbauen wollen, erklärt Agraringenieur Christian Rehm, der auch Weizen, Mais und Zuckerrüben anbaut. Vor eineinhalb Jahren startete man mit dem neuen Gewächs, erledigte im Vorjahr alles in Handarbeit. "Sechs Stunden pro Kilo Tee sind es, wenn man alles per Hand macht", berichtet Rehm. Passende Geräte gab es nicht zu kaufen, die habe man ebenfalls selbst entwickelt. Erntemaschinen hat der Agraringenieur umgebaut, Trocknungsanlagen und Maschinen zur Trennung von Blättern und Stängeln konstruiert. Sogar bei Hildegard von Bingen hat er nachgelesen, was es braucht, um Qualitätstee herzustellen.

Doch seit Rehm sich einer nachhaltigen Pflanze widmet, haben die Behörden ein Auge auf ihn. Auf rund acht Hektar baut Rehm die EU-zertifizierte Hanfsorte Earlina 8FC an. Über 100000 Euro hat der Betrieb in den neuen Geschäftszweig investiert. Hinzu kommt: Rehm hat sich vom Landwirtschaftsamt beraten lassen, um rechtlich immer auf der sicheren Seite sein, wie er betont. "Wir verstehen die Welt nicht mehr. Wir werden zu Drogenanbauern abgestempelt", sagt Seniorchef Franz Rehm (70) nach jener Behördenaktion.

Denn seit dem 22. Juli haben die Landwirte den Glauben an die Gerechtigkeit verloren: Ein Beamter der Lebensmittelüberwachung am Landratsamt Eichstätt erklärt ihnen, dass sie ab sofort bei einer Androhung von 1000 Euro Strafe ihren Hanftee nicht mehr "in den Verkehr bringen" dürfen, wie das Verkaufsverbot im Beamtendeutsch heißt. Bizarr findet Rehm, dass er seinen Tee zwar an Händler - außerhalb des Landkreises Eichstätt - verkaufen, aber nicht direkt vermarkten darf.

 

Eigentlich sollte das Produkt in den Regalen von Bauernhof- oder Dorfläden stehen als etwas Besonderes, das man nicht überall und schon gar nicht im Supermarkt bekommt. "Aus der Region für die Region: Das war unser Gedanke", beschreibt Christian Rehm die Philosophie dahinter. Weil der Tee das Logo des Naturpark Altmühltal trägt, wäre die Region das bevorzugte Vermarktungsgebiet gewesen. Doch damit ist vorerst Schluss. Und das mitten in der Erntezeit. "Zu Beginn der Erntezeit haben sie unseren Betrieb lahmgelegt. Erst 14 Tage später ist jemand gekommen, um eine Probe zu nehmen", sagt Rehm und spricht von "übelster Behördenschikane". Er sei ein absoluter Gegner von "Kiffen und Co. " betont der Landwirt. Als Drogenanbauer abgestempelt zu werden, ärgert ihn.

Das kann nicht sein, sagt sich der Hanfanbauer. Christian Rehm schickt eine Probe an sein Labor. Und zurecht: Das Ergebnis zeigt 0,02149 Prozent des psychoaktiven Wirkstoffes Tetrahydrocannabinol (THC). Der Grenzwert für bearbeitete Lebensmittel beträgt 0,05 Prozent, wie Wenzel Cerveny, Vorsitzender des Cannabis Verbandes Bayern (CVB) und Betreiber von acht Einzelhandelsfilialen mit Hanfprodukten, bei einem Besuch vor Ort bestätigt. "In Bayern herrscht eine besondere Gangart gegen alles, was mit Hanf zu tun hat", stellt Cerveny in jüngster Zeit immer mehr fest. Der Landwirt habe rechtlich nichts verkehrt gemacht, alle Auflagen erfüllt. Das EU-zertifizierte Saatgut mit einem geringen Anteil des rauscherzeugenden THC von 0,2 Prozent sei erlaubt. Wenzel Cerveny wertet die Reaktion der Behörde als Schikane. "Schlimm ist, dass es zu Kettenreaktionen führt. Die Behörden von der Lebensmittelüberwachung bis zu den Staatsanwaltschaften steigern sich in einen Verfolgungsrausch. "

Laut Auskunft aus dem Eichstätter Landratsamt wird der Sachverhalt derzeit vom Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit geprüft. Dabei gehe es um die konkrete Zusammensetzung des Stoffes, vorrangig um die Frage, wie viel THC der Tee enthält. Wie die Eichstätter Kreisbehörde weiter mitteilt, ist gegebenenfalls das Inverkehrbringen des Tees an den Endverbraucher, jedoch nicht die Verarbeitung untersagt. Je nach Fall kann das Produkt an gewerbliche Betriebe zur Weiterverarbeitung, zum Beispiel die verarbeitende Industrie, etwa für Hanflimonade oder ähnliches weitergegeben werden. Andere Produkte aus dem Rohstoff Hanf, etwa die Hanfnüsschen, dürfen an den Endverbraucher abgegeben werden. Die Regelungen zum Hanfanbau sind bayernweit gleich, heißt es aus dem Landratsamt. Und: "Weitere Personen im Landkreis, die Hanfpflanzen anbauen, sind uns nicht bekannt. " Der Eichstätter Landrat Alexander Anetsberger (CSU) hat den Vorfall zur "Chefsache" gemacht, wie er am Freitag bei einem Besuch am Hof der Rehms erklärt hat.

Christian Rehm hofft, dass sich die Situation schnell klärt. Nach dem Verbot habe man sich nicht mehr mit voller Kraft in die Ernte gestürzt, sagt er. Der finanzielle Schaden, falls der Tee weiterhin nicht an den Endverbrauchter vertrieben werden darf: "Wir haben dann jährlich ein vierstelliges Problem pro Hektar. Bei acht Hektar sind das schon 10000 Euro", rechnet der Laimerstädter vor. Der Anbau von Hanf sei eine zukunftsgerichtete Investition gewesen. "Beim konventionellen Ackerbau ist er an Biodiversität nicht zu überbieten", betont Rehm. Kein Pflanzenschutz, weder mechanisch noch chemisch, und nur eine verhaltene Düngung seien nötig. Die Pflanzen, die nun nicht für Tee geerntet werden, werden wohl auswachsen, bis man die Nüsschen ernten kann. Der Tee sei aber das Produkt, das am meisten ziehe - auch ob der guten Qualität, die man erreiche, betont der Landwirt. "Es steht unser Name drauf. Wir sind bereit dafür geradezustehen, dass keiner durch unser Produkt gefährdet wird und die Qualität stimmt. " Ob sich der Sturm in der Hanfteetasse legen wird?

DK


 

Josef Königund