Handlungsreisender in Sachen Völkerverständigung

06.12.2007 | Stand 03.12.2020, 6:17 Uhr

"Ich bleibe beim Rotwein." Zum 90. Geburtstag wagt Iwo Neumann keine Experimente beim Zuprosten mit Kornelius Schlehlein. - Foto: Kofer

Hilpoltstein (HK) Den wichtigsten Rat zu seinem 90. Geburtstag setzt Iwo Neumann gleich um. "Lassen Sie sich keine Ratschläge geben", empfiehlt Landrat Herbert Eckstein.

Und so schlägt der reiselustige Volksbildner aus Hilpoltstein das verklausulierte Angebot von Bürgermeister Helmut Neuweg ("Er muss heute nicht reden") gleich in den Wind. Iwo Neumann steht beim großen Empfang in der Begegnungsstätte der Caritas auf und zitiert der Festgesellschaft einen indischen Nobelpreisträger: "Ich träumte und dachte, das Leben ist Freude. Ich erwachte und sah, es war Pflicht. Ich tat die Pflicht und es war Freude."

Als Neumann bei diesen Worten die Augen feucht werden, stehen seine vielen Wegbegleiter im Saal auf und spenden stehende Ovationen.

Nicht nur für diese Worte. Iwo Walter Nikolaus Neumann hat wie kaum ein anderer das Gesicht und die Kultur Hilpoltsteins und des Landkreises geprägt. Er ist Hilpoltsteiner Ehrenbürger, begründete 1956 das Volksbildungswerk der Stadt, später der Landkreise Hilpoltstein (1959) und Roth (1972), er war Stadtrat und erster Kulturreferent. Neumann gründete 1993 den ersten Seniorenbeirat im Landkreis, 1998 rief er den Hospizverein ins Leben.

Bürgermeister Neuweg wirft Bilder von Neumanns Wirken an die Wand: Bundesverdienstkreuz am Bande, ein Fernsehteam nimmt "Volksbildung ins Visier", so die Schlagzeile der Zeitung. Schon in Kriegsgefangenschaft gründete der gebürtige Breslauer eine Lageruniversität, unterrichtete Mathematik, Physik und Biologie.

Immer ging es Neumann um Bildung. "Seine Frankreichfahrten sind legendär", erinnert sich Neuweg. Bestens organisiert und umfassend führte der Rotweinliebhaber durchs Land. Noch heute profitiere die Stadt davon. Die Städtepartnerschaft mit dem Canton Seilhac gehe auf Neumanns Initiative zurück, der als Konrektor der Realschule schon einen Schüleraustausch organisiert hatte. Auch die Landkreispartnerschaft mit dem englischen Brentwood gründet sich auf Iwo Neumann.

"Ich freue mich, dass Sie hier sind", sagt Landrat Eckstein. Das sei ja bei dieser Reiselust keine Selbstverständlichkeit. Er kenne Iwo Neumann als "Handlungsreisenden in Sachen Völkerverständigung", sagt Eckstein. Es sei hervorragend, wie der Jubilar sein Werk angepackt habe. "Sie waren immer Ihrer Zeit voraus."

Kornelius Schlehlein, hauptamtlicher Geschäftsführer der Volkshochschule und damit Neumanns Nachfolger, sagt: "Ich bin einfach stolz darauf, dass ich das Lebenswerk von Iwo Neumann fortsetzen konnte." Zusammen mit Neuweg schenkt er ihm eine Fahrtkarte für die Bahn. Dann könne der 90-jährige sein Auto einmal stehen lassen.

"Keine Angst, ich bin nicht von der Verkehrsbehörde", gibt Landrat Eckstein Entwarnung: "Sie dürfen weiter mit dem Auto fahren." Und noch einen Rat gibt Eckstein, der keinen Rat geben will, mit: "Trinken Sie jeden Tag eine Flasche Rotwein".

Das ist Iwo Neumann zwar etwas zu viel, aber beim geselligen Teil des Empfangs, der mittags beginnt, schlägt er alle anderen Angebote aus und hört auf den Landrat. "Ich bleibe beim Rotwein", sagt er und stößt mit seinen vielen Gästen an.