Gute Wahl

Ein Kommentar von Wolfgang Weber

11.10.2019 | Stand 02.12.2020, 12:51 Uhr

Dieses Jahr den Friedensnobelpreis an den äthiopischen Ministerpräsidenten Abiy Ahmed zu vergeben, war eine Entscheidung ganz im Sinne des Stifters Alfred Nobel.

Denn der wollte diejenige Person ausgezeichnet sehen, die im vergangenen Jahr durch Förderung des Friedens der Menschheit größten Nutzen erbracht hat. Von der zeitlichen Vorgabe war das norwegische Vergabekomitee immer wieder abgewichen - aus gutem Grund. Denn zu oft wird erst viel später klar, welche Bedeutung einzelne Leistungen tatsächlich haben.

So ist unbestreitbar, dass Abiy Ahmed Hervorragendes geleistet hat, seit er im April vergangenen Jahres die Führung seines Landes übernahm und eine geradezu sensationelle Kehrtwende in der äthiopischen Politik durchgesetzt hat. Und das, obwohl er selbst aus dem eingesessenen Machtapparat stammt, der Menschenrechte oft mit Füßen treten ließ.

Abiy war Militär und sogar Mitglied des gefürchteten Geheimdienstes gewesen. Und ausgerechnet dieser Abiy schloss jetzt Frieden mit dem Erzfeind Eritrea, setzte Tausende politische Gefangene auf freien Fuß, ließ verbotene Parteien wieder zu, bekämpfte die Korruption und machte einen Oppositionellen zum Vorsitzenden der Wahlkommission. Völlig zu Recht wird Abiy deshalb nicht nur als Hoffnungsträger für Äthiopien bezeichnet, sondern auch für viele andere Staaten in Afrika. Und deshalb hat er auch die Auszeichnung mit dem wichtigsten Friedenspreis der Welt verdient.

Allerdings wiegt das Wort Hoffnung in Hoffnungsträger schwer. Denn es ist keineswegs sicher, dass Abiys Leistungen von Dauer sind und seine Politik der radikalen Reformen am Ende erfolgreich bleibt. Die Furcht wächst nämlich in Äthiopien, dass sein Versöhnungskurs nicht Frieden bringt, sondern einen Bürgerkrieg auslöst. Die Gewalt im Vielvölkerstaat nimmt wieder zu und richtet sich auch gegen den Regierungschef selbst. Erst im Sommer dieses Jahres scheiterte ein Putschversuch, im Juni 2018 überlebte er einen Handgranatenanschlag.

Nicht zum Zug bei der Friedensnobelpreisvergabe kam in diesem Jahr erneut US-Präsident Donald Trump, den der japanische Ministerpräsident Shinzo Abe auf Wunsch der US-Regierung vorgeschlagen hatte und auch nicht die vielfach favorisierte Klima-Aktivistin Greta Thunberg. Aber die 16-Jährige wurde dafür heuer ja schon mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet.