Ingolstadt
Gute Freunde kann niemand trennen

Über blühende Beziehungen mit Partnerstädten und finanzielle Schmerzgrenzen beim Schüleraustausch

27.11.2013 | Stand 02.12.2020, 23:22 Uhr

Auf 50 Jahre herzliche Partnerschaft zwischen Carrara und Ingolstadt: Die Bürgermeister Angelo Zubbani (l.) und Alfred Lehmann unterzeichneten zum Jubiläum 2012 im Rathaus der italienischen Stadt einen neuen Freundschaftsvertrag und tauschten ihre Fahnen aus. Arch - foto: Tölle

Ingolstadt (DK) Der Austausch mit den neun Ingolstädter Partnerstädten verläuft weiter sehr rege. Das bestätigte gestern der Kulturausschuss. An den Flugkosten für Moskaubesuche entzündete sich eine kurze Grundsatzdiskussion über den Nutzen von Schüleraustauschprojekten, die Eltern sehr teuer kommen.

Zuletzt sind sie sich besonders rege begegnet, die Ingolstädter und ihre vielen Freunde in den mittlerweile neun Partnerstädten. Vier runde Jubiläen steigerten in diesem und im vorigen Jahr die ohnehin sehr hohe Reisefrequenz zwischen den Städten. 2012 feierte Ingolstadt 50 Jahre Partnerschaft mit Kirkcaldy in Schottland sowie Carrara in Italien. 1963 wurde das Partnerschaftsabkommen mit dem französischen Grasse unterzeichnet, und seit zehn Jahren zählt Kragujevac in Serbien zum Freundeskreis der Schanzer. Die Pflege der internationalen Kontakte ist – entgegen diversen Vorurteilen über eingeschlafene Beziehungen – sehr rege. Das belegt der 17-seitige Bericht über die „städtepartnerschaftlichen Aktivitäten“ in den Jahren 2012 und 2013, der gestern im Kulturausschuss besprochen wurde. Einige Stadträte bestätigen auch aus eigener Erfahrung, dass die meisten Freundschaften gedeihen.

Stadträtin Simone Vosswinkel (ÖDP) weiß ebenfalls um den Wert internationaler Begegnungen. Aber als Mutter von vier Kindern, die alle aufs Gymnasium gehen, zog sie deutlich gegen Schüleraustauschfahrten zu Felde, die in ferne Länder führen, etwa in den Zentralbezirk Moskaus, der zu den Partnerstädten zählt, und bald auch nach Foshan in China. Spätestens dort sei für viele Familien eine finanzielle Schmerzgrenze erreicht, denn die Flugkosten müssten sich normal verdienende Eltern erst mal leisten können. „Austausch schön und gut, aber da gehört auch ein großer Geldbeutel dazu!“, sagte Vosswinkel und weitete ihre Offensive über die Tagesordnung und den Zuständigkeitsbereich des Kulturausschusses hinaus aus. Zwei Wochen Austausch in den USA kosteten gut 1000 Euro pro Kind. „Muss man denn immer gleich wegfliegen? Viele kennen die Bildungsangebote in der Umgebung nicht – aber Bildung fängt nicht erst zig Flugstunden entfernt an!“

Da bat Manfred Schuhmann (SPD) „leicht zornig“, doch beim Thema zu bleiben: die Ingolstädter Partnerstädte. Alles darüber hinaus sei schulintern zu diskutieren. Auch Bürgermeister Albert Wittmann (CSU) gab zu bedenken: „Die USA sind ein anderes Thema. Da haben wir keine Partnerstädte. Da hält die Stadt sich raus.“ Christina Hofmann (CSU) und Raimund Reibenspieß (FW) berichteten von dezenten Formen der Unterstützung finanzschwacher Familien für Klassenfahrten; niemand werde da in Verlegenheit gebracht oder gar bloßgestellt.

Simone Vosswinkel kündigte derweil an, das Thema „teurer Schüleraustausch“ auch weiter mit der gestern demonstrierten Leidenschaft zu verfolgen.

Beim nächsten Thema ging es ebenfalls ums Geld: Kulturreferent Gabriel Engert informierte die Stadträte, dass die Stadt dieses Jahr die kulturelle Arbeit von Vereinen und Gruppen mit rund 307 000 Euro gesponsert hat. Die Mitglieder des Kulturausschusses erhielten dazu wieder eine Liste, in der die geförderten Organisationen detailliert aufgeschlüsselt sind (siehe Kasten). Das Gremium sprach sich dafür aus, das Altstadttheater im kommenden Jahr erneut mit 30 000 Euro und den Konzertverein mit 28 000 Euro zu fördern. Die Unterstützung sei zu begrüßen, betonte Gudrun Rihl (SPD). Sie schlug jedoch vor, dass über die Arbeit aller Vereine jeweils ein knapper Bericht für die Stadträte erstellt werden sollte. „Von manchen Einrichtungen haben wir schon länger nichts mehr gehört.“ Manfred Schuhmann schloss sich seiner Fraktionskollegin an: „Wenn wir von den Bürgern nach der Arbeit der Vereine gefragt werden, sollten wir eine Auskunft geben können.“ Barbara Leininger (Grüne) entgegnete, dass die Regelung „nicht so eng gestrickt“ werden sollte. Sie stimmte Engert zu, der erklärte: „Über die 70 Vereine Berichte zu erstellen, wäre mit einem sehr hohen Verwaltungsaufwand verbunden und würde zu einer Informationsschwemme führen.“ Interessierte Stadträte könnten sich aber beim Kulturamt jederzeit über die Aktivitäten dieser Vereine erkundigen. Gudrun Rihl kündigte gleich ihren baldigen Besuch an.

Die weiteren Themen waren schnell abgehakt: Die Stadt erhöht ihren Zuschuss für die neue Chororgel, die das Münster erhalten wird, um 50 000 auf 250 000 Euro. Der Zuschlag wird unter anderem mit Spenden finanziert, die bei den Orgelmatineen in der Asamkirche eingehen. Insgesamt soll die neue Orgel 750 000 Euro kosten.

Ein Grund für die nötig gewordene Zuschusszugabe ist die (so die Formulierung in der Sitzungsvorlage) „prekäre Haushaltslage der Kirchenstiftung“. Wie es dazu kommen konnte, erfuhren die Stadträte, die hartnäckig nachfragten, aber nicht. Und in der öffentlichen Sitzung schon zweimal nicht.