Neuburg
Gutachterin hält Vergewaltigungs-Opfer für glaubhaft

Prozess gegen einen 39-jährigen Neuburger muss dennoch neu aufgerollt werden

19.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:56 Uhr

−Foto: Schanz, Sebastian, Eichstätt

Neuburg (szs) Der Vergewaltigungsprozess gegen einen 39-jährigen Mann aus Neuburg muss neu aufgerollt werden.

Eigentlich sind alle Zeugen gehört, die Beweisaufnahme weit fortgeschritten. Am Freitag hatte zudem eine Gutachterin die Zeugenaussage des heute 16-jährigen Opfers als glaubhaft eingeschätzt, das den Angeklagten schwer belastet. Doch weil der Verteidiger nun eine schriftliche Stellungnahme vorbereitet und ein Schöffe länger in den Urlaub fährt, läuft eine prozessrechtliche Frist ab - also beginnt alles von neuem.

Vor allem für den Buben und seine Familie ist das eine große Belastung. Der heute 16-Jährige hatte dem Jugendschöffengericht sehr offen von den zahlreichen sexuellen Handlungen berichtet, die der entfernte Verwandte ihm zwischen 2015 und 2017 aufgezwungen hatte. Nun beginnt die juristische Aufarbeitung von Neuem.

Mit Spannung wurde die Einschätzung der Gutachterin Uta Hirschberg erwartet, die sich speziell mit der Glaubhaftigkeit der Aussage des Opfers befasste - auf die sich das Verfahren hauptsächlich stützt. "Die Qualität der Aussagen ist sehr gut bis gut", erklärte Hirschberg. Der Jugendliche liefere keine Anzeichen dafür, etwas erfunden zu haben oder Rache üben zu wollen. Die Gutachterin schilderte nach dem Gespräch mit dem Opfer dessen innere Unsicherheit, die der Angeklagte als Vertrauter der Familie ausgenutzt habe: Was mit Männergesprächen und dem gemeinsamen Pornogucken begann, endete laut Anklageschrift mit erzwungenem Oralverkehr bis hin zur Vergewaltigung. Sexuell noch unerfahren und unentschieden, neugierig aber auch ängstlich sei der Heranwachsende mit diesen Übergriffen überfordert gewesen, was sich auch in Selbstmordgedanken und Selbstverletzungen geäußert habe: "Ich würde das als glaubhaft einstufen", berichtete Hirschberg. Der Jugendliche könne sich zum Beispiel an Nebensächlichkeiten erinnern, die eigentlich nichts mit der Tat zu tun haben - was bei erfundenen Geschichten so gut wie unmöglich sei.

Nach dieser belastenden Einschätzung der Sachverständigen zogen sich Verteidiger Marcus Knoller, Staatsanwalt Jürgen Staudt, Valeria Szabo als Vertreterin der Nebenklage, Jugendrichter Gerhard Ebner und die beiden Schöffen zu einer Beratung zurück - jedoch ohne Einigung. Der Angeklagte leugnete weiter die Vorwürfe.