Gudrun Ensslins Weg in die RAF

"Kino für Toleranz" zeigt mit dem Film "Wer, wenn nicht wir" einen Beitrag zur deutschen Zeitgeschichte

30.01.2012 | Stand 03.12.2020, 1:53 Uhr

Schrobenhausen (oh) Am heutigen Dienstag, 31. Januar, läuft im CinePark-Kino um 20 Uhr im „Kino für Toleranz“ der deutsche Spielfilm „Wer, wenn nicht wir“ aus dem Jahr 2011. Mit diesem Film zeigen die Veranstalter von Kino für Toleranz, das sind der Verein „Offene Türen“, die Volkshochschule und das CinePark sehr persönliche Einblicke in die sechziger Jahre der BRD, als eine gesellschaftliche Stimmung im Privaten wie im Politischen herrschte, deren fatale Konsequenzen die terroristischen Verbrechen der sogenannten „Rote Armee Fraktion“ waren.

Sommer 1961: Die Atmosphäre in Deutschland ist drückend. Über die Verbrechen im sogenannten Dritten Reich spricht man nicht. Bernward Vesper, Sohn des einst und immer noch überzeugten NS-Schriftstellers Will Vespers, lernt während des Studiums in Tübingen die Pfarrerstochter Gudrun Ensslin kennen. Er will Dichter werden, will etwas unternehmen gegen die gesamtgesellschaftliche Erstarrung, gegen den „Muff der 1000 Jahre“, wie die Relikte des nationalsozialistischen Gedankenguts und seiner Seilschaften, die auf allen Ebenen in der Gesellschaft wirken, satirisch betitelt werden.

Und auch Gudrun Ensslin sucht die Wahrheit hinter den Lügen. Sie verlieben sich, gründen in Berlin einen Verlag, werden Teil der linken Szene, die protestiert, agitiert, ausprobiert und diskutiert. Doch Ensslin will nicht mehr nur über die Veränderungen reden, sie will handeln und verlässt für den radikalen Andreas Baader Bernward, mit dem sie mittlerweile einen Sohn bekommen hat. Sie driftet in die Terrorismusszene, während Vesper sich auf Drogentrips verliert.

Alle wissen heutzutage, wie Gudrun Ensslins Geschichte weiterging und wie sie endete. „Wer wenn nicht wir“ endet jedoch mit ihrem Gang in den Untergrund und dem Freitod Bernward Vespers.

Regisseur Andres Veiel gibt mit seinem Film einen bewegenden Blick auf eine mit der Vorgeschichte des deutschen Terrorismus verbundene bedingungslose Liebe. „Es ist kein Film über die RAF, weil wir vorher ganz bewusst aufhören“, sagt Veiel. „Dabei geht es auch um Aufbruch, sich neu finden. Das schafft Momente von Humor, von Absurdität, von Höhen und Tiefen, die durch die großartigen Schauspieler fantastisch transportiert werden“.

Der 1959 geborene Stuttgarter hat die Zeit miterlebt und will jetzt zeigen, dass der Deutsche Herbst nicht nur aus Protest gegen die Elterngeneration zustande gekommen ist, sondern dass weitaus mehr dahinter steckt. Der Schauspieler August Diehl sagt über seine Rolle des Bernward: „Mir gefällt es, dass Vesper versucht, seinen eigenen Weg zu gehen, sich nicht militarisiert. Dass er den Weg wählt, das künstlerisch auszudrücken, über einen Roman, das hat eine große Kraft, das ist in der Zeit sehr unhip gewesen“.

Der Film ist ab zwölf Jahre freigegeben, dauert 125 Minuten und wird heute auch um 17.30 Uhr und am kommenden Sonntag, 5. Februar, um 11 Uhr gespielt.

Der nächste Film im Programm von Kino für Toleranz läuft am 28. Februar und hat den Titel „Der Gott des Gemetzels“. Eintrittskarten gibt es an der Abendkasse.