Ingolstadt
Grüngürtel im roten Bereich

Enttäuschung im Südwesten über das Aus für ein mögliches Landschaftsschutzgebiet

02.08.2016 | Stand 02.12.2020, 19:28 Uhr

Mahnwache am Feldkreuz: Michael Würflein vom Bund Naturschutz ist sich mit Ingrid Schmidl, Dagmar Schreiber-Hiltl und Rosmarie Rieß (v.l.) einig, dass der zweite Grünring weiterhin jeden Einsatz verdient. Im Hintergrund eine umstrittene Lagerhalle. - Foto: Hauser

Ingolstadt (DK) Es wäre nur eine "Geste" gewesen, weiß Michael Würflein, ein Landschaftsschutzgebiet im Südwesten ohne große rechtliche Verpflichtung. Dass nicht einmal für diese Geste eine Mehrheit im Stadtrat zu finden war, ist für den Vorsitzenden des Bundes Naturschutz (BN) deprimierend.

Die BN-Kreisgruppe Ingolstadt und die Bürgerinitiative zum Schutz des zweiten Grünrings haben die Debatte vom Donnerstag aufmerksam verfolgt. Deren Ergebnis: Die Mehrheit von CSU und FW lehnt einen Prüfungsantrag der Oppositionsfraktionen zu einem möglichen Landschaftsschutzgebiet zwischen Haunwöhr und Hundszell ab. "Man mag gar nicht nach den Gründen fragen", kommentiert Würflein die Entscheidung im Rathaus.

Seine Erfahrung: "Alles was in Richtung Verbindlichkeit geht, wird nicht gern gesehen." Und wenn dann wieder Landwirte kämen, die ihre Grundstücke zu Bauland machen wollten, sei alles vergessen. "Es gibt kein Recht auf Gewinnmaximierung", betont der Naturschützer, "es gibt die soziale Verpflichtung des Eigentums."

Würflein hat nicht nur in seiner Eigenschaft als BN-Vorsitzender einen Bezug zum Südwesten. Er ist auch dort aufgewachsen. "Ich hab' noch beim Blasibauern in Hundszell Milch geholt", erzählt er. Von der Idee eines möglichen Landschaftsschutzgebietes hatten er und BN-Geschäftsführerin Lena Maly-Wischhof schon Anfang des Jahres bei einem Gespräch mit Stadtbaurätin Renate Preßlein-Lehle und Vertretern der Stadtratsfraktionen erfahren. Es sei "für uns eine gewisse Beruhigung" gewesen, sagt Maly-Wischhof, dass die Referentin die Pläne weiterverfolgen wollte. Als OB Christian Lösel dann bei der 40-Jahr-Feier des BN von sich aus dieses Projekt zur Sprache brachte, wuchs der Optimismus bei den Naturschützern. Auch Umweltreferent Rupert Ebner habe dadurch Rückenwind verspürt.

"Das eigentlich Bedenkliche" sei, wie Würflein findet, dass über das Schicksal eines Landschaftsschutzgebietes "im Hinterzimmer der CSU" entschieden werden sollte. "So was muss im Stadtrat diskutiert werden." Den Koalitionspartner FW sieht der BN-Vorsitzende in keiner besonders rühmlichen Rolle. Erst habe der Fraktionschef das Schutzgebiet "gekillt", dann den Abriss der Eselbastei beantragt. "Der Springl scheint der Mann fürs Grobe zu werden."

Überhaupt vermissen die Naturschützer eine "perspektivische Planung" bei der Stadt - und speziell im Fall Haunwöhr ein "Bekenntnis zu dieser grünen Lunge". Wie wichtig die für die Lebensqualität der Leute ist, verdeutlicht Rosmarie Rieß aus Hundszell, die beim BN-Pressetermin ebenso dabei ist wie Dagmar Schreiber-Hiltl und Ingrid Schmidl von der Bürgerinitiative zum Schutz des zweiten Grünrings. "Die Stadt braucht die Frischluft", sagt Rieß. Wenn sie an warmen Sommerabenden mit dem Rad aus der Stadt komme und durch den Grünring fahre, "ist es gleich ein paar Grad kühler".

"Gerade wenn wir weiter wachsen wollen", fährt Würflein fort, "brauchen wir solche Grünzüge." Man müsse die Stadt "immer wieder auf ihre Potenziale aufmerksam machen". Daran hält der Vorsitzende des Bundes Naturschutz fest. "Diese Stadt ist planerisch im Blindflug." Wenn die Münchner sich damals so verhalten hätten, "hätten wir heute keinen Englischen Garten".