Franken
Grünes Licht für längste Fußgängerbrücke der Welt

Höllentalbrücke wird aber länger und teurer als gedacht - Hofer Kreistag stimmt mit großer Mehrheit für das Tourismusprojekt

07.06.2019 | Stand 23.09.2023, 7:19 Uhr
Heinz Wraneschitz
So soll es einmal in luftiger Höhe über den Frankenwald gehen - wenn das Projekt tatsächlich verwirklicht wird. −Foto: Landkreis Hof

Hof (HK) Die längste Fußgänger-Hängebrücke der Welt soll 2022 das Höllental im Frankenwald überspannen. Mit Zweidrittelmehrheit hat der Kreistag von Hof/Saale jetzt das Rekord- Projekt beschlossen. Mit Gesamtkosten von bis zu 22,3 Millionen Euro wird es wohl doppelt so teuer wie anfangs errechnet. Dafür überschreitet eines der beiden Bauwerke mit 1030 Metern sogar die Kilometer-Grenze - zunächst waren nur 720 Meter geplant.

Förster Holger Knüppel hat sich in seiner Diplomarbeit mit Naturschutz beschäftigt. "Die Arten können sich anpassen", ist er sicher, und: "Die Meinung, dass Naturschutzgebiete nicht betreten werden dürfen, ist eine Fehleinschätzung. An diesem Objekt gibt es die Chance, Umweltbildung zu betreiben und zu sensibilisieren." Während Knüppel hauptberuflich auch Waldpädagogik betreibt und künftig die Brücken in seine Führungen einbinden will, ist er ehrenamtlich Bürgermeister der Kleinstadt Lichtenberg (1100 Einwohner). Zwischen seiner und der Nachbargemeinde Issigau sollen die Brücken ihre Bögen spannen. Das Problem, das gerade Umweltschützer damit haben: Unten liegt das wildromantische Höllental, seit 1997 unter Naturschutz und sogar als Fauna Flora Habitat" (FFH-Gebiet) ausgewiesen.

Das sei in Gefahr, kritisiert zum Beispiel Stefan Pfeiffer von der "Initiative Ho?llental". Doch ihm und anderen Bewohnern der Issigauer Waldsiedlung Eichenstein unterstellen Brückenbefürworter egoistische Motive: "Die wollen nur ihre Ruhe behalten."

Die "Pro-Brückler" beider Anrainerkommunen hatten im Herbst 2019 in Bürgerentscheiden eindrucksvolle Mehrheiten erzielt. Und nun haben sich auch die Kreistagsmitglieder von den Planern eines Stuttgarter Ingenieurbüros von der "filigranen Konstruktion mit ebenso filigranen Baumaterialien" überzeugen lassen, welche "die beiden Brücken optimal in die Natur einbetten", so das Landratsamt in seiner Presseerklärung.

Geradezu begeistert klingt Bürgermeister Knüppel: "Sogar meine Amtsvorgängerin sieht die Chance, dass wir aus dem Dornröschenschlaf erwachen. Man kann hier gleichzeitig die Natur erhalten und den Tourismus vorantreiben. Es muss solche Schlüsselprojekte für die Entwicklung geben." Denn die Brücken würden nicht nur den beiden betroffenen Orten, sondern der ganzen Region helfen. Laut Forum Heimat und Freizeit der EMN werde "die Frankenwaldbrücke zu einem der touristischen Höhepunkte in der Metropolregion werden". Was wohl auch 35 von 50 Kreisräte so sehen: Immerhin muss der Landkreis Hof etwa fünf Millionen Euro der Gesamtkosten übernehmen.

Ob das reichen wird? Es gibt zwar einen bayerischen Kabinettsbeschluss vom Juni 2017 über eine 80-prozentige Förderzusage des Freistaats. Aber damals war von zwölf Millionen Euro Kosten die Rede. Dennoch geht "der Landkreis Hof nach einem mit der Regierung von Oberfranken zuletzt geführten Schriftverkehr vom 24. Mai dieses Jahres weiterhin davon aus", schreibt das Hofer Landratsamt auf Nachfrage.

Nun sind alleine für die beiden Brücken mehr als 13 Millionen Euro veranschlagt - ein Drittel für die Lohbachtalrücke, die an der Burgruine Lichtenberg andockt; zwei Drittel für die Höllentalbrücke zwischen dem Kesselfels und Eichenstein. Letztere stellt nach Architektenangaben "nicht nur ein optisches Highlight dar, sondern wird gleichzeitig der naturschutzfachlichen Prüfung hinsichtlich möglicher Kollisionen von Zugvögeln mit den Tragseilen gerecht".

Ob sich die Gegner damit abfinden werden, bleibt abzuwarten. Holger Knüppel jedenfalls geht davon aus, "das Projekt wird auch nicht durch Klagen aufzuhalten sein, es ist alles abgearbeitet." Doch er fürchtet Verzögerungen. Denn "der Zeitrahmen ist sehr straff bemessen".

Gerade mal anderthalb Jahre Bauzeit seien kalkuliert, bestätigt das Landratsamt: "Unter Berücksichtigung der Sperrzeiten auf Grund von Brutzeiten ist die Fertigstellung und Eröffnung Ende 2021/Anfang 2022 geplant." Dabei sind neben den Brücken auch noch eine "Verweilplattform Höllentalterrasse", ein Besucherzentrum mit Parkplätzen, weitere Infrastruktur- und Naturschutzmaßnahmen geplant.

Aber am Ende soll ein spektakulärer Ausblick etwa 200000 Brückenläufer jährlich anlocken. Bis zu 170 Meter misst der größte Höhen-Abstand zwischen der Höllentalbrücke und dem Tal mit seinen schroffen Felsen, den dichten Wäldern und dem Wasserkraftwerk mittendrin. Und von der Lohbachtalbrücke hätte man einen weiten Blick nach Norden in den Thüringer Wald.

Heinz Wraneschitz