Neuburg
Großes Wissen trifft auf große Entdeckerlust

Ralph Lalama am Saxophon und Helmut Kagerer an der Gitarre begeben sich im Birdland auf die Suche nach Neuem

01.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:25 Uhr

−Foto: Enghuber, Gerda, Neuburg

Neuburg (DK) Wenn großes Wissen auf große Lust trifft, sind Kulminationspunkte förmlich vorprogrammiert. So geschehen am Samstag im Birdland-Jazzclub. Ralph Lalama und Helmut Kagerer: zwei Generationen, zwei kulturelle Welten. Zwei aber vor allem mit nie versiegender Entdeckerfreude.

Nun bereitet dem echten Entdecker schon der Prozess des Suchens Freude, immer tiefer zu schürfen, bis der Schatz, vielleicht auch mal nur klein, stets aber rar zutage getreten ist. Mit hingebungsvoller Lust wie profundem Wissen lässt der Gitarrist Helmut Kagerer den Zuhörer an diesem Prozess partizipieren. Kagerer braucht dazu nur kleinste modulare Einheiten, die er mit einem Riesenwissen um kompositorische Gesetzmäßigkeiten und tonale Möglichkeiten andererseits, mit Raffinesse und eben immer wieder jener Lust auch an der Grenzüberschreitung förmlich durchdekliniert. Da ist sicher ganz viel Akademismus im Spiel. Im Spiel eben, frech, lebendig. Oder wer wollte etwa bei der Oper "Lulu" noch dran denken, dass jede Note einem strengen Gesetz rauf und runter gesetzt ist?

Das alles auf einer vollsoundigen Gitarre, die, kann man so spielen wie Helmut Kagerer, Klangfarben vom Piano bis zu hohen Streichinstrumenten kennt. Feinste modulare Verästelungen treffen auf eine Harmonik jenseits des Wohltemperiertseins.

Ralph Lalama auf seinem den langen Atem liebenden Tenorsaxophon ist da der ungleich Impulsivere, der zugleich auf einen unbändigen Fundus an Erfahrungen und Praxis aus den verschiedenen Stilrichtungen in schier willkürlicher Stilsicherheit zurückgreifen kann. In oft ganz kurzen Einwürfen nur greift er den bei Helmut Kagerer ob ständiger Beanspruchung schon dünn zu werden drohenden roten Faden auf und findet absolut unerwartet eine ganz andere Wendung, höchst artifiziell und unverschämt einfach oft zugleich.

Und dann sind da bei Lalama die großen Passagen, so wunderbar narrativ, es mögen Bilder einer Ausstellung, ganze Kapitel eines Romanes sein, Lebensgeschichten einfach, scheinbar selbstvergessen, impulsiv, wenn Lalama plötzlich der Blues einholt, und doch allürenfrei, sich plötzlich wieder zum perfekten Quartett formend.

Dieses gelingt desto sicherer, dank eines stoisch das Richtige machenden Clement Daldosso am Bass, mal bis auf den Grundton sich beschränkender Begleiter, dann wieder mit variationsreichen Intermezzo aufhorchen lassend. Der Drummer Bernd Reiter bringt eine ganz eigene, an Afro-Wurzeln erinnernde Färbung rein, solistische Impulse, die noch einmal auf ein anderes, an dem Abend weniger entdecktes Klangspektrum weisen.

Das neue Programm für den Birdland-Jazzclub steht bereits online, zu finden unter der Adresse www.birdland.de im Internet.