Ingolstadt
Großeinsatz für alle

Zum 25. Geburstag der Berufsfeuerwehr präsentierten sich Blaulichtorganisationen ihren Tausenden Gästen

03.06.2018 | Stand 23.09.2023, 3:24 Uhr
  −Foto: Fotos: Eberl

Ingolstadt (DK) Es ist nicht zu schätzen, wie viele Besucher an diesem Wochenende den Tag der Offenen Tür zum 25-jährigen Bestehen der Berufsfeuerwehr besucht haben. Es waren Tausende, die nicht nur den etlichen Vorführungen zusahen, sondern sich auch selbst im Retten, Löschen, Bergen, Schützen üben konnten.

Der Alarm erreicht die Einsatzleitung kurz vor Mittag: Am Imbissstand drohen die Pommes zur Neige zu gehen. Dabei ist der Tag der Offenen Tür noch nicht einmal zwei Stunden alt. Schnell ist ein Helfer organisiert, der Nachschub holt. "Wahnsinn, so viele Leute", freut sich Thomas Schimmer vom Amt für Brand- und Katastrophenschutz, der mit den Kollegen der Berufsfeuerwehr und der anderen Organisationen in tagelanger Arbeit das Programm auf die Beine gestellt hat - unterbrochen nur vom Unwetter-Einsatz am Donnerstag und Freitag. "Wir haben heute genauso viele Leute im Einsatz wie an diesen Tagen", erklärt Schimmer. Tatsächlich trifft so mancher Besucher an diesem Nachmittag einen THW-ler oder Feuerwehrmann, der ihm zwei Tage zuvor den Keller ausgepumpt hat.

Im Starkregendauereinsatz war auch Laura Dürr von der Freiwilligen Feuerwehr. Jetzt sitzt sie in einem völlig demolierten Kleinwagen und mimt eine Verletzte, die nach einem Unfall aus dem Wrack befreit werden soll. Für ein Foto legt sie den Kopf auf das Lenkrad. Kurz sieht es so aus, als würde sie einschlafen, aber so müde ist sie dann doch nicht. "Natürlich war es anstrengend", sagt die junge Frau. "Einige haben vielleicht auch noch ein Schlafdefizit, aber wenn ich so etwas nicht machen wollte, wäre ich nicht bei der Feuerwehr."

Dann brausen zwei Feuerwehrautos und ein Rettungswagen heran. Die Vorführung beginnt. Franz Hierl von der Berufsfeuerwehr erklärt den Besuchern, die sich hinter einem Absperrband drängen, was passiert. "Die Freiwillige Feuerwehr Zuchering präsentiert hier die so genannte Oslo-Methode." Die bedeute durchaus einen Paradigmenwechsel, so Hierl. Bisher waren die Einsatzkräfte bemüht, ein Unfallfahrzeug so wenig wie möglich zu bewegen, um den Verletzten zu schonen. "Bei der Prüfung ist man durchgefallen, wenn das Auto zu sehr gewackelt hat." Bei dem Verfahren, das norwegische Kollegen in den 1990ern entwickelt haben, gehe es dagegen darum, möglichst schnell zu sein.

Jetzt legen die Zucheringer los: Einer klettert zu Laura Dürr in den Wagen. Sie bekommt eine Halsmanschette und einen Helm, eine Decke schützt sie vor möglichen Splittern. Gleichzeitig eilen die Kollegen zwischen Feuerwehrauto und Unfallstelle hin und her und legen Werkzeuge bereit, am Heck des Wracks wird derweil eine Kette befestigt und das Auto mit den beiden Insassen auf die Straße geschleppt. Die Handykameras der Zuschauer gehen nach oben. Dann wird an der Vorderseite des Autos eine Seilwinde befestigt, an bestimmten Punkten des Autos Rettungsscheren angesetzt. Der Kollege im Auto reckt den Arm aus dem Fenster. Daumen hoch. Es kann losgehen. Langsam ziehen die schweren Einsatzfahrzeuge das Auto auseinander, es öffnet sich, das Vorderteil kippt weg. "Das sieht brachial aus, ist aber deutlich schneller als andere Verfahren", sagt Hierl in das Mikrofon. Nach nicht einmal sieben Minuten ist Laura Dürr befreit. "Man sieht, die wissen, was sie tun", sagt Sven Finster, der das Geschehen beobachtet hat, und seine Frau Sabrina pflichtet bei: "Das sah wirklich professionell aus." Die Zuschauer klatschen. Auch der stellvertretende Kommandant der Zucheringer Wehr, der den Einsatz geleitet hat, ist zufrieden. "Wir haben das erst zum vierten Mal gemacht", erklärt Florian Hintermeier. "Für uns ist das heute auch eine wichtige Übung."

Applaus erleben die Feuerwehrleute bei echten Einsätzen eher selten. Handyfilmer schon eher. "Wenn sie den Einsatz nicht stören, ist es für uns nicht so schlimm", erklärt Feuerwehrsprecher Schimmer. Er denke aber an die verletzten Personen in so einer Situation. Dabei kümmere ihn der Datenschutz wenig. "Es ist aber einfach respektlos." An diesem Tag sind die Einsatzkräfte mit der Filmerei und den Zuschauern natürlich einverstanden. "Es ist gut, hier auch einmal etwas erklären zu können", sagt Hintermeier. "Bei einem echten Einsatz geht das natürlich nicht."

Zu sehen gibt es noch viel auf dem Gelände an der Dreizehnerstraße. Die Audi-Werkfeuerwehr macht den meisten Wind. Sie ist mit einem Groß-Ventilator angerückt, der im Ernstfall eingesetzt wird, um verrauchte Hallen und Tiefgaragen freizublasen. Mit ihm lassen sich aber auch T-Shirts zum Flattern bringen und Frisuren begeisterter Kinder durcheinanderwirbeln. Auf einem Hindernisparcours zeigen die tierischen Mitglieder der Rettungshundestaffel des Arbeiter-Samariter-Bundes, was sie alles können. Zwei bis drei Jahre dauert die Ausbildung der vierbeinigen Retter, erklärt Leiterin Elke Hofmann den Zuschauern, während die Tiere über Leitern und wippen balancieren, durch einen Stofftunnel sausen, ein Gerüst erklimmen und sich hinterher Leberwurst als Belohnung schmecken lassen.

Stärkung für die Zuschauer gibt es in den leergeräumten Hallen der Hauptfeuerwache. Ein Teil ist aber mit Trassierband abgesperrt. Dahinter sind Spinde mit Einsatzkleidung und Helme. Auf der Straße vor dem Feuerwehrhaus stehen - ebenfalls abgeschirmt - etliche Einsatzfahrzeuge. Für den Fall, dass aus Spaß plötzlich doch Ernst wird, so Schimmer. Die Drehleiter kann zwar besichtigt werden, ist aber bewusst am Rand positioniert, um im Falle eines Falles schnell einsatzbereit zu sein. Dazu kommt es an diesem Nachmittag aber nicht.

Auch bei Roland Schärtel und seinem Team bleibt es bei Demonstrationseinsätzen. Der Brandinspektor steht mit einer Holztür vor der Johann-Nepomuk-von-Kurz-Schule und erklärt, wie man sich zu verhalten hat, wenn ein Rauchmelder losgeht. Wer weiß schon, dass man die Tür zu einem Zimmer, in dem es offenbar brennt, nur in der Hocke öffnen sollte? "Der heiße Rauch strömt oben aus der Tür", erklärt der Schärtel. Da ist es ratsam, sich klein zu machen, bevor man mit einem Feuerlöscher gegen den Brandherd vorrückt.

"Wir haben auch einen Feuerlöscher daheim. Ich habe ihn aber noch nie ausprobiert. Es ist toll, das hier einmal zu machen", erklärt eine Mutter. Das findet auch Bea Böhm nach ihrem kurzen Löscheinsatz an einem brennenden Papierkorb. Sie arbeitet mit Kindern und hat deswegen schon Kurse besucht, um im Ernstfall richtig handeln zu können. Dennoch sei es gut, das hier noch einmal in komprimierter Form zu hören, erklärt sie, während ihr Sohn mit einem gezielten Stoß aus dem Feuerlöscher beweist, dass auch er gut zugehört hat.

Dass brennendes Öl in einer Pfanne auf keinen Fall mit Wasser bespritzt werden darf, haben die meisten Zuschauer wohl schon einmal gehört. Dennoch ist es erstaunlich, wie groß der Feuerball ist, der bei der Fettexplosion heiß flammend aufsteigt, als es ein Feuerwehrmann - gut geschützt - zu Demonstrationszwecken doch tut. Da bleibt nicht nur den jüngsten Besuchern kurz der Mund offen stehen. "Stellen sie sich das einmal in Ihrer Küche vor", sagt Schärtel und unter den Zuschauern macht sich einmal mehr das Gefühl breit, dass es gut zu wissen ist, dass die Feuerwehr für den Ernstfall gerüstet ist. Aber erleben möchte man ihn trotzdem nicht.

Johannes Hauser