Thalmässing
Große Pizzen und kleine Streifen

Thalmässinger Kurzfilmtage feiern Anfang Mai ihren 25. Geburtstag - Keine Sichtung ohne Doppelkekse

24.04.2019 | Stand 23.09.2023, 6:45 Uhr
Die Doppelkekse dürfenbei den Sichtungen nicht fehlen. Ein Exemplar jener Leckerei gönnen sich Hans Seidl, Peter Hauke, Stefanie Singer und Benedikt Seidl (von links) sowie die anderen Bewerter für jeden schlechten Film, den sie sich angesehen haben. −Foto: Leykamm

Thalmässing (HK) Die Sonne schiebt sich zwar an diesem Samstagvormittag in Thalmässing schon ab neun Uhr so langsam durch die Wolken.

Doch drinnen im Gemeindezentrum namens Bunker bleibt es dunkel. Die Vorhänge sind zugezogen. Es ist Zeit für die Sichtung unzähliger kleiner Filmchen, die besten schaffen es zu den Kurzfilmtagen, die heuer zum 25. Mal stattfinden.

Viel Arbeit liegt vor dem Team. Doch es gibt kulinarische Ermutigung: Frischer Kaffeeduft liegt in der Luft, ein Servierwagen steht bereit, voll gestapelt mit Cookies, Salzstangen, Erdnüssen und anderen Knabbereien. Vor dem Wagen eine Tischreihe mit vier Laptops. Und davor eine Stuhlreihe, ausgerichtet auf die kleine Roll-Leinwand. Nun gilt es, sich durch eine Menge Filme zu sehen und mit der Auswahl des Jubiläumsprogramms zu beginnen. Die Leiter des Festivals (Peter Hauke und Hans Seidl als Senior- sowie Stefanie Singer und Benedikt Seidl als Juniorchefs) setzen sich hinter ihre Bildschirme, davor lassen sich neun weitere Helfer auf den schwarzen Stühle nieder.

Hinter allen liegen bereits unzählige Solosichtungsstunden über ein Online-Portal. Deren Ergebnisse sind in ein ausgeklügeltes, von Benedikt Seidl programmiertes Bewertungssystem eingeflossen. Damit ist sichergestellt, dass jeder der 392 eingereichten Kurzfilme mindestens von einer Person gesichtet, benotet und kommentiert wurde. Letzteres geschah fast 1100 mal! So ergab sich eine Liste, die nun abgearbeitet werden soll.

Angefangen wird mit den Filmen der Durchschnittsnote Null - die Bewertungsskala geht von minus bis plus vier. Gemeinsam beschließt das Team, ob es ein Streifen ins Programm schafft. Ansonsten bekommt er den Kommentar "der kommt später raus" (oder eben nicht) verpasst. "Ich brauch jetzt einen Kaffee, sonst halt ich's nicht lang aus", sagt Stefanie Singer schon nach einer Stunde. Ihr Ausruf täuscht - denn die junge Dame hat eine bewundernswerte Sichtungskondition. In den Wochen vor der Teamsichtung hat sie sich sage und schreibe 340 Filme mit einer Gesamtlänge von fast 42 Stunden angesehen (was knapp einem Drittel des ganzen Materials entspricht) und ist damit auf Nummer eins der Liste der Meistsichter gelandet. Aber deswegen fühlt sie sich jetzt auch entsprechend ausgelaugt.

Da tut eine Pause gut - jetzt und in den Stunden des alleinigen Filmeschauens: Denn "irgendwann stumpft man ab und muss was anderes machen, sonst bewertet man alles gleich - und das meistens schlecht. " Vor allem, wenn der Betrachter den Aufbau der Filme durchschaut zu haben meint und nicht mehr richtig aufpasst. Das aber werde "vielen Filmen einfach nicht gerecht. Denn die Macher stecken da viel mehr rein als nur Schema F". Diejenigen, die sich nur an die Grundlagen halten und keinen Mehrwert bieten, haben keine Chance: "Die fliegen für mich dann durch. "

Doch beim finalen Teamtreffen ist das Urteil aller gefragt, was alles nochmal drehen kann. Überraschende Wendungen im Ranking sind im Verfahren nicht ausgeschlossen. Das wissen auch die Erfahrenen der ersten Stunde. "Wenn jemand mit ganz frischem Blick da noch mal drauf schaut, findet er oder sie noch mal ganz andere Sachen wichtig und holt uns alte Hasen aus unserem Schema wieder raus", so Hans Seidl.

Nun ist die Kaffeesucht bei den einen gestillt, bei den anderen wird nachgeschenkt und die Löffel klimpern beim Verrühren der Milch. Die ersten Kekse wandern durch die Reihen. Recht schnell arbeiten sich die Sichter vor. Bei einigen Filmen sind sich alle einig: "Der muss unbedingt rein! " Gut gemacht, gute Geschichte und eben kurz. Manchmal gibt es aber große Differenzen. Als etwa eine Streifenbewerterin die Höchstnote Vier vergibt - die anderen Kollegen sich aber eher wenig begeistert zeigen. Doch die Schülerin steht zur ihrer hohen Wertung: "Mir hat der Film gut gefallen, weil er mich anspricht und ich mit dem Thema einfach viel anfangen kann", erklärt sie. Aber sie verstehe auch, wenn alle anderen das nicht so fänden. Die Machart habe durchaus ihre Mängel.

Dauerbrenner ist ob der hohen Zahl hochwertiger fremdsprachiger Filme die Frage, wie viele Untertitel dem Publikum zugemutet werden können. Und natürlich wollen die Teammitglieder ihre eigenen Favoriten durchbringen. Immer findet sich ein Kompromiss. Für die besonders schlechten Filmbeiträge, durch die sich die Bewerter quälten, haben sie sich einen der Doppelkekse verdient - deswegen dürfen sie bei keiner Sichtung fehlen.

So viel Schlechtes gab es wohl nicht zu sehen, keiner ist aufgrund der Kekse allein schon satt. Stattdessen meldet sich punkt zwölf Uhr bei den Wertenden der Hunger. Ein Lieferdienst bringt zwei große Familienpizzen. Und endlich werden die Vorhänge aufgezogen, Licht belebt die Kurzfilm-geplagten Geister.

Dann geht es noch drei Stunden weiter. Doch erst in den Tagen danach klärt sich endgültig, welche der 33 auserwählten Filme es wirklich schaffen. Peter Hauke macht die finale Zusammenstellung, die ganz pragmatischen Kriterien folgt: "Es werden immer einige Filme zum Jonglieren benötigt, damit nicht nur lustige oder nur traurige Beiträge gezeigt werden. " Auf das Ergebnis der Melange darf man am Freitag und Samstag, 10. und 11. Mai gespannt sein, wenn die 25. Thalmässinger Kurzfilmtage über die Bunkerbühne gehen.
 

Jürgen Leykamm