Pförring
Große Messen und lustige Ständchen

Fünf Frauen und ein Mann sind seit über 60 Jahren beim Pförringer Kirchenchor - Einsatz am 1. Mai

04.05.2021 | Stand 23.09.2023, 18:22 Uhr
Seit sechs Jahrzehnten beim Kirchenchor: Chorleiterin Luise Schneider (von links) freut sich, dass Renate Reithmeier, Ottilie Zajicek, Roswitha Speckmeier, Erich Dichtl, Ilse Ferstl und Sieglinde Angerer dem Chor die Treue halten. Pfarrer Michael Saller (hinten rechts) schätzt diesen Einsatz sehr. −Foto: Kügel

Pförring - "Singe, wem Gesang gegeben", der erste Vers eines Gedichts von Ludwig Uhland ist zum geflügelten Wort geworden. Wer über Jahrzehnte in einem Chor aktiv ist, dem ist nicht nur das Talent zum Singen gegeben, sondern auch die Leidenschaft dafür. Zu den talentierten und leidenschaftlichen Sängerinnen und Sängern des Pförringer Kirchenchors gehören Sieglinde Angerer, Erich Dichtl, Ilse Ferstl, Renate Reithmeier, Roswitha Speckmeier und Ottilie Zajicek und das seit 60 Jahren und mehr.

Am 1. Mai durften sie nach langer Corona-Pause wieder einmal dieser Leidenschaft nachgehen und beim Gottesdienst zum Fest der Patrona Bavariae etliche bekannte Marienlieder anstimmen. Dass immer noch keine Chorproben erlaubt sind, machte den "alten Hasen" offenbar wenig aus.

Auf die Orgelempore der Pförringer Pfarrkirche - "ich hab's ausgemessen", betont Chorleiterin Luise Schneider - dürfen neben ihr als Organistin gerade noch sieben Chormitglieder. "Wir vertreten beim Gottesdienst die Gemeinde", erklärt Schneider den theologischen Hintergrund. Manche ihrer 18 Sängerinnen und Sänger trauten sich ohnehin nicht kommen, weiß die Chorleiterin. Oft fehle der Alt und der Gesang sei dann "recht dünn", räumt sie ein. Trotzdem hätten sich alle gefreut, dass man seit der Lockerung "wieder a bisserl Musik" haben könne. "Das ist für uns ein Teil vom Leben!"

Erich Dichtl kann das nur bestätigen. Schon mit acht Jahren habe er im Kinderchor gesungen, den sein Vater Gottfried gegründet habe, um Nachwuchs für den Kirchenchor heranzuziehen, erzählt der 73-Jährige. "Die Singstunden waren anfangs im Rathaus. Da stand ein Klavier im Trauzimmer - aber es gab nur ein kleines Öferl - eiskalt war's da", erinnert sich Dichtl.

Nach dem Stimmbruch steckte ihn der Vater in den Kirchenchor in den Alt. "Unter eiserner Führung von Altgedienten wie der Tante Lina", sagt Dichtl. Gern erinnert er sich an Operettenaufführungen wie "Das Waldvöglein" mit der Ingolstädter Sopranistin Anneliese Trummer. Der Chor sei mit Sängern wie dem "Ott-Hanna und dem Grimm-Lenz" auch bei den Männerstimmen gut besetzt gewesen. "Da wurden große Messen einstudiert mit Pauken und Trompeten - da hat sich was gerührt", schwelgt Dichtl in Erinnerungen. Mittlerweile sei er leider "als Mann ein Einzelkämpfer" im Kirchenchor.

Wenn man auf dem Land lebe mit eigenem Haus und Garten, werde es auch in Corona-Zeiten zwar nicht so leicht langweilig. "Aber die Singstunden - dienstags mit dem Kirchenchor und donnerstags mit dem Männergesangsverein - fehlen mir schon", sagt Dichtl. Denn als eifriger Sänger weiß er: "Singen ist gut für Körper und Hirn - und für die Lebensfreude!"

Renate Reithmeier sieht das ähnlich. "Ich bin zwar in Pförring geboren - im damaligen Krankenhaus St. Josef -, aber meine Familie ist erst 1953 von Mindelstetten hierher gezogen", erzählt sie. Deswegen erinnert sie sich noch gut daran, dass Gottfried Dichtl im Herbst 1953 den Kinderchor gegründet habe. "Die Proben waren das Highlight der Woche", sagt die begeisterte Sängerin. "Dichtl war bei den Regensburger Domspatzen, das war ein Glück, denn er hat uns die Noten beigebracht!" Etwa 15 Kinder seien dabei gewesen, darunter ihre drei Jahre jüngere Schwester Roswitha. Schon mit acht oder neun Jahren durfte Renate in der Kirche mitsingen. "Wenn ich die Glocke gehört hab', bin ich 'nauf in die Kirche zum Singen - das war halt so schee!", schwärmt sie noch heute. Im Mai war jeden Tag Maiandacht und auch sonst habe es viele Anlässe zum Singen gegeben. Später dann war lange Zeit jeden Samstag eine Hochzeit - von Ostern bis Kathrein. "Das Ave Maria hat für viele Brautpaare unbedingt sein müssen - und ich habe mich über jedes Danke und jeden kleinen Blumenstrauß sehr gefreut", sagt die Sopranistin. Gern erinnern sich die Schwestern an die Konzerte beim Grimm. "Da hab' ich als Sechsjährige mal 20 Mark bekommen", sagt Roswitha. Und Renate denkt gern auch an die feucht-fröhlichen Geburtstags- oder Hochzeitsständchen zurück. "Da hab' ich noch auf dem Heimweg mit dem Karrer Xaver zweistimmig Lieder aus der Operette Waldvöglein gesungen!"

An die Ständchen erinnert sich auch Ilse Ferstl gern. Aber auch an die Sonntagsgottesdienste und die Singstunden: "Das Singen geht mir schon ab!" Aus gesundheitlichen Gründen schaut die quirlige Pförringerin seit einiger Zeit Gottesdienste meistens im Fernsehen an. "Da singe ich dann mit", sagt sie aus voller Überzeugung. Auf das gemeinsame Singen hat sie immer großen Wert gelegt. Wenn bei Ausflügen, ob mit Vereinen oder dem Gemeinderat, eine Kirche besichtigt wurde, hat sie deshalb immer ein Lied angestimmt: "Am liebsten ein bekanntes Marienlied, damit alle mitsingen konnten!"

Auch an diesem 1. Mai hat wohl so mancher Gottesdienstbesucher bei einem der Marienlieder mitgesungen - ganz leise und hinter der FFP2-Maske.

DK

Sebastian Kügel