Gurnöbach
Große Debatte um kleine Kapelle

Das Denkmal in Gurnöbach verfällt, obwohl es mehrere Lösungsmöglichkeiten gibt - Ortstermin am Montag

10.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:14 Uhr
Die barocke Marienkapelle an der Triefinger Straße ist sanierungsbedürftig. Besonders im Inneren (unten rechts) zeigt sich der marode Zustand. Die Besitzer Stefan Mayr und Brigitte Schelle-Mayr (unten links) wollen das Denkmal retten - doch dafür muss das Problem mit der Straße gelöst werden. Das beschäftigt das Ehepaar und die Gemeinde bereits seit Jahren. −Foto: Straßer, Lodermeyer

Gurnöbach (PK) Vor knapp 40 Jahren ist die Triefinger Straße an der kleinen Kapelle in Gurnöbach asphaltiert worden - mit gravierenden Folgen für das Gotteshaus. Die Besitzer wollen die Kapelle retten. Doch nun gibt es Streit darüber, welche Variante hierbei umgesetzt werden soll.

Ursprünglich war die Triefinger Straße eine Schotterstrecke. Doch Ende der 1970er wurde die Fahrbahn verbreitert und asphaltiert - weshalb die Straße näher an die kleine Kapelle rückte und auch höher liegt, das kleine Gotteshaus also in einer kleinen Senke steht. Seitdem drückt der Hang gegen die Kapelle, auch Wasser läuft in das kleine Gebäude, insgesamt ist das Denkmal baufällig. "So ist die Kapelle jedenfalls nicht zu retten", erzählt Brigitte Schelle-Mayr. Der Gurnöbacherin und ihrem Mann Stefan Mayr gehört die Kapelle, sie wollen das Denkmal vor ihrem Bauernhaus erhalten. Seit etwa vier Jahren versuchen sie daher, eine Lösung zu finden, sprechen mit Gemeinde, Landratsamt und Denkmalschutz.

Dazu liegen vier Varianten auf dem Tisch: Die Straße könnte von der südlichen auf die nördliche Seite der Kapelle rücken; die Straße samt Kreuzung soll nach Osten verlegt werden; die Kapelle wird um ein paar Meter nach hinten versetzt; das Niveau der Straße soll abgesenkt werden.

Für Familie Mayr ist der Favorit nun, die Straße von der Kapelle weg nach Osten zu verlegen - laut einer Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 2014 wären dafür rund 160 000 Euro zu berappen. "Dann gibt es für die Kapelle einen kleinen Vorplatz und sie ist ebenerdig zugänglich", sagt Schelle-Mayr. "Außerdem verschwindet so auch der tote Winkel, den es momentan an der Kreuzung gibt." Ein weiteres straßenbauliches Argument führt Mayr an: "Die Straße ist nach 40 Jahren einfach in einem schwierigen Zustand."

Allerdings kommen die Beiden mit ihrem Vorschlag seit einiger Zeit nicht weiter: "Die Bereitschaft der Gemeinde geht gegen Null", sagt Schelle-Mayr. Zu Beginn habe man noch kooperiert, auch an den Kosten für die Machbarkeitsstudie hatte sich die Gemeinde Reichertshausen beteiligt. Jetzt sei der Kontakt jedoch abgerissen. Deshalb wandte sich das Ehepaar nun mit einer Petition an den Ausschuss für Wissenschaft und Kultur im Bayerischen Landtag mit der Begründung, dass "die Gemeinde Reichertshausen die zwingend notwendige Straßenbaumaßnahme trotz erdrückender Argumentationslage verhindert".

Das will Bürgermeister Reinhard Heinrich (CSU) so nicht stehen lassen. "Die Situation in Gurnöbach ist nicht gut", stimmt er dem Ehepaar grundsätzlich zu. Allerdings verweist der Rathauschef auf die Absprachen rund um die Machbarkeitsstudie. "Wir haben bei der Studie mitgemacht und wir haben auch gesagt, wir machen bei der wirtschaftlich günstigsten Variante mit", sagt Heinrich. Das ist jedoch nicht die Verlegung der Straße, wie es die Mayrs fordern - sondern die Verlegung der Kapelle für rund 102 000 Euro (Stand 2014). An diesen Kosten, so Heinrich, würde sich die Gemeinde mit einem Viertel beteiligen, außerdem wären wohl neben den Besitzern das Landesamt für Denkmalschutz und das Landratsamt mit im Boot.

Eine Versetzung der Kapelle sehen die Mayrs jedoch kritisch. Denn ob das Gotteshaus nach einer solchen Maßnahme und an einem neuen Standort noch als Denkmal gelte, sei offen. "Wir können hier den Status verlieren - und damit auch die möglichen Zuschüsse für eine Sanierung", warnt Schelle-Mayr. Die Kosten hierfür schätzen die Besitzer auf rund 40 000 Euro, die das Ehepaar jedoch nicht alleine stemmen will und somit auf die finanzielle Unterstützung baut.

Dass die Besitzer nun auf eine Verlegung der Straße hoffen, bedeute allerdings Schwierigkeiten. "Dann wäre womöglich auch der Denkmalschutz nicht mehr an den Kosten beteiligt, denn dann geht es ja nur noch um eine Straßenbaumaßnahme", erklärt Heinrich. Grundsätzlich will sich der Bürgermeister nicht gegen die Straßenverlegung verwehren. Er selbst könne sich das vorstellen, genauso eine Beteiligung der Gemeinde - sofern der Gemeinderat das befürwortet. "Aber es gibt auch dann noch einen ungedeckten Kostenanteil", sagt Heinrich. Auch wenn über das Staatliche Bauamt noch Zuschüsse möglich seien, bleiben am Ende wohl mehrere Zehntausend Euro offen. "Nur weil die Familie Mayr das so will, kann die Gemeinde nicht einfach beliebig Steuergelder dafür hernehmen", sagt Heinrich.

Er verweist zudem auf die Geschichte der barocken Kapelle, die ihm einige Zeitzeugen erklärt haben: Denn als in den 70ern die Straße neu gemacht wurde, habe der frühere Bürgermeister Hans Oberhauser mit dem damaligen Besitzer der Kapelle, Stefan Mayrs Großonkel, über die Situation gesprochen. Dieser habe gesagt, er wolle die Kapelle abreißen - stattdessen sei es ihm vor allem darum gegangen, dass durch die neue und höhere Straße die Zufahrt in den Hof einfacher sei. Das Angebot der Gemeinde, 15 000 D-Mark in eine neue Kapelle zu investieren, löste der damalige Besitzer demnach nie ein. "Dass die Gemeinde im Nachhinein für etwas in die Pfanne gehauen wird, das die Familie selbst gemacht hat, ist nicht korrekt", sagt Heinrich. "Dennoch wären wir bereit, uns zu beteiligen - aber eben anteilig."

An Montag ist nun ein Ortstermin geplant: Um 14.30 Uhr treffen sich Familie Mayr, die Gemeinde, dazu die beteiligten Anwälte, Denkmalschützer und Landespolitiker sowie Gemeinderäte und einige andere an der Kapelle.

KOMMENTAR

Die kleine Kapelle in Gurnöbach liegt im Dornröschenschlaf, der – so sind sich alle Beteiligten einig – enden soll. Eine Versetzung an einen neuen Standort wäre finanzierbar, doch für die Besitzer nicht wünschenswert. Die gewünschte Verlegung der Straße jedoch bringt die Gemeinde erst einmal in die Bredouille: Es ist kaum zulässig, einige Zigtausend Euro mehr zu investieren als für die günstigste Lösung. Sollte der Freistaat einer Versetzung den Riegel vorschieben, ist das Vorhaben der Familie Mayr noch lange nicht in trockenen Tüchern - dann fehlt immer noch das nötige Kleingeld, wozu Besitzer und Gemeinde letztlich an einem Strang ziehen müssen.

| Claudia Lodermeyer