Eichstätt
Grollender Grantler

06.02.2011 | Stand 03.12.2020, 3:11 Uhr

Am 7. Mai wird Gerhard Polt 70 Jahre alt.

Eichstätt (EK) Worin besteht Bayerns Beitrag zu Europa? "Ohne Bayern gäb es kein Wiener Schnitzel!" Wie grüßt der Teufel in der Hölle den armen Sünder?

Klar, er sagt "Grüß Gott"! Und warum hatten alte Badekabinen aus Holz im Schwimmbad Astlöcher? "Zwecks der Aufklärung!": Drei typisch vertrackt-verquere Beispiele für die Komik Gerhard Polts. Mit seinem "Circus Maximus", einem Best Of aus dreieinhalb Jahrzehnten Kabarett, gastierte der wohl bekannteste Brettl-Satiriker Bayerns am Samstag im völlig ausverkauften Festsaal des Alten Stadttheaters. Polt schlendert schlaksig auf die Bühne, erinnert an den abgelaufenen schönen Fast-Frühlingstag und kommt schnurstracks auf den Winter und Weihnachten zu sprechen: Das sei "was für Leut, die no an Schranz´n ha´m, der Schranz wui a G´schenk!" Er selber sei zufrieden mit ein paar Flaschen Weihnachts-Bock – "dann macht´s auch bei mir klingeling!"

In seinem zweistündigen Solo-Programm folgt Schuss auf Schuss, Klassiker auf Aktuelles. Polt schlüpft in seine Paraderolle, ganz grollender Grantler und Griesgram, der dem deutschen Kleinbürger aus der schwarzen Seele spricht: "Ich sag ein klares Ja zum Nein zu Europa!". Statt nach Italien geht´s nach Frankreich in Urlaub ("Sollen sich die Italiener doch mal selber ausrauben!"). Polts Pointen kommen aus dem Hinterhalt: In der Rolle des Rentners, der als Baby einst von Hitler mit einem "Dutzi-Dutzi" beschwichtigt wurde, freut er sich, dass er Strauß kannte, "aber nicht die Hohlmeier: Wenn die mich gekannt hätte, dann hätte sie mich vielleicht auch erpresst". Als fanatischer "Automobilist" meint er: "Wenn der Haider eine bessere Autoausstattung gehabt hätte - stünde Österreich heute ganz anders da!"

Völlig in der Tradition eines Karl Valentin versteigt er sich in verquere Logeleien und Sprachspielereien, wenn er "die Zeit totschlägt", Dialoge darüber führt, ob der Mitarbeiter mit jemanden "gesprochen" habe oder die Frage: "Waren Sie vor Ort" klar mit "Nein, ich war da!" beantwortet. Er karikiert die Kochsendungs-Flut ("der Sauerbraten wird auf SAT1 wiederholt"), macht "den PISA-Check mit einem Finnen", der nicht weiß, worum es in der Schlacht bei Ampfing ging, ärgert sich über "apokalyptische Radlfahrer", wenn er das ausgefallene Equipment seines V8 Turbo vorstellt. Er mimt den besoffenen Faschingsprinzen vor dem Auftritt hinter der Bühne oder den Bauwilligen, der im Bauamt den Gschwollschädel schmieren muss. Oft geht es um verdrängte deutsche Geschichte ("in der Normandie haben die Deutschen zusammen mit den Alliierten die Nazis besiegt!") wie um aktuelle Politik, etwa bodenlose milliardentiefe Finanzlöcher ("Was heißt da Loch? A Loch hat an Rand...!").

Bei Polts rabenschwarzer Humor bleibt das Lachen leicht im Hals stecken, etwa in der Nummer "vom Ratzen", der in der Metzgerei in die Haschee-Mühle gerät, bei der Idee, dass man einst Wälder rodete, um Holz für die Hexenverbrennung zu haben – und zwar trockenes: "Die wollten die Hexen ja net räuchern". Er führt sein Publikum, das er im Singular duzt ("etz pass Obacht!") in höchst skurrile Situationen, wenn etwa der besoffene Vater am Oktoberfest sich nach sechs Maß Bier im Spiegel-Labyrinth verläuft. Erstaunlich ist dabei die Variationsbreite seiner Stimme, die von der filigran hellen Sonorität des Ratzinger-Papstes bis zum glucksenden Übersprudeln, Überschnappen, Wimmern und Fisteln seiner Figuren reicht und dabei immer eindringlich bleibt.

Drei Zugaben erklatscht sich das Publikum – von der aktuellen Papstparodie auf italienisch (Welsch oder Kauderwelsch) über manche "situatione infernale", über "dolci bambini", Mixa und Käßmann ("disastro alcoholico"), über die legendäre Kormoran-Nummer ("Was heißt da Kormoran? A Fischreiher ist die Drecksau!") bis zum "Ratzen" in der Metzgerei. Dieser Abend im Alten Stadttheater – eine Sternstunde der Kabaretttage!