Brüssel
Griechen warten auf Hilfe

Troika bescheinigt Athen "substanzielle Fortschritte" – Nun müssen die Euro-Länder entscheiden

12.11.2012 | Stand 03.12.2020, 0:50 Uhr

Mit dem Strick um den Hals protestiert ein alter Mann vor dem Parlament in Athen gegen das jüngste Sparprogramm der griechischen Regierung. Die Einsparungen treffen vor allem die Rentner. - Foto: Pitarakis/dapd

Brüssel/Athen (dapd) Bei der Rettung Griechenlands vor der Pleite sind die Euro-Krisenmanager gestern auf die Zielgerade eingebogen: Nachdem die Hellenen in der Nacht zuvor ihren Sparhaushalt beschlossen haben, bescheinigte ihnen die Troika immerhin „substanzielle Fortschritte“.

Um die Wirtschaft Griechenlands nicht endgültig abzuschnüren, schlagen die internationalen Schuldenkontrolleure einen Aufschub der Athener Sparziele von zwei Jahren vor. Die Kosten dafür bezifferte Irlands Finanzminister Michael Noonan am Rande des Euro-Gruppentreffens gestern Abend in Brüssel auf „31 oder 32 Milliarden Euro“.

Wie die Lücke geschlossen und wie Athen in absehbarer Zeit wieder selbst seine Schulden tragen soll, darüber wurde in Brüssel noch heftig gerungen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) forderte „Gründlichkeit“ und erwartete noch keinen definitiven Beschluss für die Freigabe der nächsten Notkredittranche von 31,5 Milliarden Euro.

Bislang war vorgesehen, dass Athen bis 2014 wieder einen Primärüberschuss – Haushaltssaldo ohne Schuldendienst – von 4,5 Prozent erreicht und damit genug Geld hat, um seine Rechnungen wieder bezahlen zu können. Nun empfiehlt die Troika aus Europäischer Zentralbank (EZB), Internationalem Währungsfonds (IWF) und EU-Kommission, den Griechen bis 2016 Zeit einzuräumen. Das sei notwendig, um auf die tiefere Rezession zu reagieren, heißt es im Entwurf für eine entsprechende Verabredung. Für eine Beibehaltung des Ziels hätten die Hellenen ansonsten zusätzliche Einsparungen von neun Milliarden Euro in den nächsten zwei Jahren aufbringen müssen – neben den gerade beschlossenen 13,5 Milliarden Euro.

Fragezeichen standen gestern noch hinter den entscheidenden Problemen: Wie soll die Finanzierungslücke geschlossen werden und wie soll die dauerhafte Schuldentragfähigkeit erreicht werden? Österreichs Finanzministerin Maria Fekter nannte Umschichtungen im laufenden Programm, eine Streckung der Kreditlaufzeiten oder Zinserlöse der EZB als Lösungsmöglichkeiten. Der IWF verlangt einen Schuldenerlass der Euro-Länder. Doch hat Schäuble das bereits als „nicht zielführend“ verworfen.

Über Kreuz lagen IWF und Euro-Länder auch in der Frage der Schuldentragfähigkeit. Bis 2020 muss Athen seinen Schuldenberg auf 120 Prozent der Wirtschaftskraft abgebaut haben. Die Kommission sieht Athens Schuldenlast in den kommenden beiden Jahren aber zunächst weiter auf 190 Prozent anwachsen. Man müsse daher sehen, ob 120 Prozent im Jahr 2020 „das letzte Wort ist“, sagte Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker.

Athen braucht dringend 31,5 Milliarden Euro aus dem laufenden Hilfsprogramm. Ohne frisches Geld würde das Land am Freitag in die Pleite rutschen, wenn rund fünf Milliarden Euro an Krediten zurückgezahlt werden müssen. Mit Blitzkrediten für vier Wochen will sich Athen jetzt noch einmal über Wasser halten. Doch dafür muss die EZB grünes Licht geben, damit sich die griechischen Banken überhaupt neues Geld leihen können. Die EZB will das Diplomaten zufolge aber nur erlauben, wenn die Euro-Finanzminister eine Grundsatzentscheidung zur Hellas-Rettung fällen.

Nachdem am vergangenen Mittwoch ein massives Reformprogramm das Parlament passiert hatte, wurde in der Nacht zum Montag der Sparhaushalt für 2013 verabschiedet. Insgesamt 13,5 Milliarden Euro sollen gespart werden. „Griechenland hat getan, was es tun musste, und nun ist es Zeit, dass die Kreditgeber ihre Versprechen einlösen“, sagte Ministerpräsident Antonis Samaras.