Wendelstein
Grandioses Spektakel voller Klamauk und Irrsinn

Gankino Circus feiert Triumphe im ausverkauften Wendelsteiner Rathauspark

17.08.2020 | Stand 23.09.2023, 13:35 Uhr
Gankino Circus mischen virtuos Sound-Tüfteleien, Clownerien, Punk, Django Reinhardt und Rock ?n? Roll. −Foto: Unterburger

Wendelstein - Mitte November 2014 gaben sie ihren Einstand in der Jegelscheune.

Nun sind die wilden Anarcho-Volksmusikanten aus Dietenhofen im Landkreis Ansbach erneut in Wendelstein aufgetreten. Der Rathauspark war brechend voll und am Ende wurden die vier vom Publikum gefeiert wie große Popstars. Ihr neues Programm "Die Letzten ihrer Art" hatte mächtig eingeschlagen.

Man kennt sie inzwischen aus dem Fernsehen. Sie nennen sich Gankino Circus nach dem bulgarischen Nationaltanz, dem "Gankino Horo". Der Gankino ist ein Elf-Achtel-Takt, der mit der ursprünglichen fränkischen Volksmusik kombiniert wird. Das verleiht der Musik des Circus ein treibendes, vorwärtsdrängendes Element, bei dem keiner widerstehen kann.

Die Musik des Quartetts ist ein wilder Stilmix aus Balkan-Beat und fränkischer Volksmusik, finnischer Folklore, jüdischer Klezmer-Musik, Zigeuner-Swing, verballhornten deutschen Schlagern und Rock 'n' Roll. Sie verstehen ihre traditionalistische Musik als Angriff auf all diejenigen, die Volksmusik für unzeitgemäß oder verstaubt halten. "Wir sehen die Volksmusik als Inspiration", erklären die verschrobenen vier Franken, die heute zwischen Stuttgart und Dresden verteilt leben, aber in Dietenhofen immer noch ihre kreativen Wurzeln sehen.

Im Sommer 2013 und im Herbst 2014 wurden sie vom Goethe-Institut als deutscher Exportschlager in die Ukraine geschickt. Sie haben den europäischen Folkpreis "Eiserner Eversteiner" gewonnen und waren als Support der finnischen Humpa-Legende Eläkeläiset auf Tour. Bis in die Karpaten waren sie unterwegs und haben sich von der fremdartigen Musik inspirieren lassen.

Maximilian Eder am Akkordeon und an diversen Percussionsinstrumenten, Simon Schorndanner an der Klarinette und am Saxofon, Ralf Wieland an der Gitarre und Johannes Sens am Schlagzeug und an der Trompete spielten sich im Rathauspark in die Herzen der Zuhörerinnen und Zuhörer. Sie mögen es schräg und schrill und besitzen komödiantisches Talent, das sie reichlich einsetzten. Vor allem Ralf Wieland führte als "Erzähler" mit höchst schrägen Ansagen und Geschichten durch das Programm. Seine Art von Humor ist durchaus gewöhnungsbedürftig und kauzig und zeigen ihn als fränkischen Karl Valentin. Der lausbubenhafte Trompetenspieler und Schlagzeuger Johannes Sens schien bei einigen Liedern geradezu zu explodieren.

Nach nostalgischen Liebeserklärungen an das Dorf Dietenhofen und ihre gemeinsame Jugendzeit, an das Gasthaus "Zur heiligen Gans" und an den versoffenen Gastwirt, den alle "Weizen-Charly" nannten und der an seinem eigenen Bier erstickt ist, erzählte Ralf Wieland die durchgeknallte Geschichte von Florian Silbereisen, der mit einem Burn-out in Dietenhofen aufgeschlagen ist, um sich hier bei einer Kur zu erholen.

Mit Hilfe einer laufenden Bohrmaschine, die auf die Gitarrensaiten aufgelegt wurde, spielte Gankino Circus einen griechischen Sirtaki und machte schweißtreibende Turnübungen auf der Bühne. Als die vier die Geschichte vom Großvater erzählten, der den Rock 'n' Roll entdeckt, den die amerikanischen Soldaten nach dem Krieg nach Dietenhofen brachten, gab es kein Halten mehr auf der Bühne.

"Der Chucky brachte eine himmelblaue Gitarre mit und schloss sie an den alten Volksempfänger an", witzelte Ralf Wieland und ab ging die Post. Gankino Circus spielte den "fränkischen Rock 'n' Roll" geradezu entfesselt, der Sänger und Klarinettist sprang von der Bühne, lief quer durch das Publikum und sprang wie ein Hase zurück auf die Bühne.

Gankino Circus schaffte es dank Sound-Tüfteleien, Clownerien und Punk-Rock, dank Django Reinhardt und Rock 'n' Roll, das begeistert mitgehende Publikum gehörig aufzumischen. Tradi-Mix und "Volx-Musik" sind voll im Trend und die Dietenhofener sind eifrige Verfechter dieses Trends.

"Wir müssen froh sein, dass es Leute gibt, die in diesen schwierigen Zeiten solche Veranstaltungen auf die Beine stellen, wir wissen das sehr zu schätzen", sagte Ralf Wieland am Schluss und lobte das Engagement von Andrea Söllner und ihrem Team vom Bildungs- und Kulturreferat des Marktes Wendelstein. Ein toller Konzertabend, verbunden mit einem kabarettistischen Spektakel voller Klamauk und Irrsinn war zu Ende.

HK

Robert Unterburger