Schiltberg
Goodbye, Brexit!

<DK-XY_trifft>SZ TRIFFT</DK-XY_trifft> Mariella Breithaupt, die neben der britische Staatsbürgerschaft nun auch die deutsche erhalten hat

05.06.2019 | Stand 23.09.2023, 7:18 Uhr
Lebt seit 1983 in Schiltberg: Mariella Breithaupt. −Foto: Hausmann

Schiltberg (SZ) Seit einem Monat ist sie offiziell Deutsche, aber lebt schon seit 1977 in Deutschland.

Mariella Breithaupt kommt aus Großbritannien, unterrichtet Englisch an der Volkshochschule und hat nach vielen Jahren die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen. Der Grund: der Brexit. Ein Gespräch über die Heimat, britische Charaktereigenschaften und ihr zweites Zuhause: Deutschland.

Die Liebe habe sie 1983 hierher nach Schiltberg verschlagen. "Wie so oft eben", kommentiert die heute 70-Jährige und lächelt. Ihr Leben hat sie sich hier aufgebaut, mit ihrem Ehemann hat die gebürtige Britin vier Kinder.

Schon vor Jahren habe sie überlegt, die deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen. "Doch dann hätte ich die britische abgeben müssen. " Damals keine Option für sie. Mit dem Brexit-Referendum vor einem Jahr fiel ihr die Entscheidung leicht - statt der unbegrenzten Aufenthaltsgenehmigung wollte sie nun einen deutschen Pass.

Ihr erster Gedanke beim Brexit-Referendum: "Es war mir so unglaublich peinlich. " Eigentlich sei sie kein sehr politischer Mensch, meint sie. Sehr bescheiden, denn in eindringlichem Ton spricht sie von der Politik ihres Landes. "Die Briten wollen sich wieder groß fühlen und ein Great Britain haben. " Ohne an die Konsequenzen zu denken. Der Brexit sei für sie ein rotes Tuch, sagt Mariella Breithaupt. Geschickte Redner hätten besonders die älteren Wähler von einem Austritt aus der EU überzeugt. "Aber leider sind es jetzt gerade die jungen Leute, die darunter leiden. "

Sie erinnert sich zurück, als sie in diesem Alter selbst studierte: In Bristol, englische Literatur und Französisch, im Nebenfach Russisch. Ursprünglich kommt sie aus einer Kleinstadt. "Eigentlich war ich schon immer ein kleines Landei", schmunzelt sie. Eine Sache störte sie aber gewaltig: In Großbritannien hat es immer ein Klassendenken gegeben, man unterschied stark zwischen alten, hochbürgerlichen Familien und anderen Schichten - "und die Ausläufer davon gibt es bis heute. Sie ziehen sich durch die ganze Gesellschaft. " Gerade deshalb fühle sie sich in Deutschland so wohl. Vor 30 Jahren begann sie, hier private Gruppen in ihrer Muttersprache zu unterrichten, vor 20 Jahren fing Breithaupt an der Volkshochschule an. "Von den Teilnehmern habe ich unendlich viel gelernt und Spaß gehabt - das war auch für meine Integration sehr wichtig. "

Aus Deutschland möchte Breithaupt nicht mehr weg: Vor 20 Jahren vergaß sie einmal, ihren Pass zu verlängern. Dann wäre sie fast ausgewiesen worden, das Problem ließ sich aber zum Glück schnell lösen. Trotzdem wollte sie seitdem nie mehr dieses Gefühl haben. Vor 13 Monaten ging die Britin in das Aichacher Landratsamt, um sich einbürgern zu lassen. Die 33 Fragen waren für sie ein Leichtes. Dazu verfasste sie ihren Lebenslauf auf Deutsch. Letzten Monat war es dann so weit, Mariella Breithaupt hielt ihren deutschen Pass in den Händen. "Das war eigentlich nur die Versiegelung. Theoretisch war ich doch schon die ganzen Jahre über deutsch - aber nicht nur". Den britischen Pass durfte sie behalten.

Viele britische Charaktereigenschaften erkennt sie immer noch an sich, wie ihre Sturheit. "Leider haben die Briten gerade diese Sturheit auch beim Brexit bewiesen. " Aber irgendwie ähnele das britische Temperament dem bayerischen, meint sie nachdenklich. Dann lächelt sie: "Ich habe mich hier also sofort zu Hause gefühlt. "
 

Anna Hausmann