Golftraining für Arbeitslose

09.06.2009 | Stand 03.12.2020, 4:54 Uhr

Lernen am Objekt: Robert Glas (links) zeigt Lukas Cyron (Mitte) und Ali Gülen (rechts), wie ein Golf zerlegt, repariert und wieder zusammengebaut wird. - Foto: Meyer

Hilpoltstein (HK) Mit einem "Golftraining" sollen Erwerbslose wieder für den Arbeitsmarkt fit gemacht werden. Ein halbes Jahr lang richten junge Männer alte Golfs her und erwerben nebenbei Schlüsselkompetenzen wie zum Beispiel Teamfähigkeit.

In der Halle der Dekra an der Hilpoltsteiner Straße in Roth sieht es aus wie in einer Kfz-Werkstatt. Mehrere Männer in grünen, verschmutzten Kitteln scharen sich um einen roten Golf, Baujahr 1986, Kilometerstand 178 000. Eigentlich ist nur noch die Karosserie vorhanden, die eine Hebebühne in die Höhe geliftet hat.

Dieser und zwei weitere Uralt-Golfs werden in vielen, vielen Arbeitsschritten von Grund auf erneuert und dann an gemeinnützige Einrichtungen verschenkt. Einer, der sechs Monate lang an dem Projekt "Golftraining" teilnehmen darf, ist der 22-jährige Lukas Cyron aus Hilpoltstein. Er ist gelernter Kfz-Mechatroniker, ist nach dem Ende seiner Ausbildung im Februar aber nicht übernommen worden. "Es ist wichtig, drin zu bleiben. Ich hoffe, dass ich nach der Maßnahme wieder Arbeit finde", sagt der junge Mann.

Genau das ist das erklärte Ziel der Arbeitsagentur Weißenburg sowie der Argen Roth und Schwabach, die das Projekt finanzieren. "Es wird immer schwieriger auf dem Arbeitsmarkt, deshalb sind innovative Ansätze gefragt", erzählt Michael Ackermann von der Rother Arge. Bei diesem Projekt hätten Langzeitarbeitslose mit einem Hang zu Autos die Chance, sich zu qualifzieren. Und nicht nur im Bereich Kfz-Handwerk, sondern auch in Schlüsselkompetenzen, wie Angelika Slawisch, Leiterin der Rother Arbeitsagentur, betont. Teamfähigkeit, pünktliches Erscheinen oder Zuverlässigkeit seien gefragt. Zudem würden die Arbeitslosen beim Bewerbungstraining unterstützt und bekämen kaufmännische Kenntnisse vermittelt.

In der Dekra-Akademie, bundesweit einer der größten Bildungsträger, hat die Arbeitsagentur den passenden Partner für ihr Projekt gefunden, das auf sechs Monate angelegt ist. Dabei gehe es vordergründig nicht darum, Autos zu reparieren, sagt Lehrgangsleiter Arno Guérri von der Dekra. "Die Teilnehmer merken: Mensch, ich kann doch was. Sie finden Selbstvertrauen." Und das schlage sich auch in Bewerbungsgesprächen nieder. Drei der Teilnehmer hätten sogar nach sechs Wochen einen Arbeitsplatz gefunden. Für die frei gewordenen Plätze können sich neue Teilnehmer melden, erklärt Angelika Slawisch. Ansprechpartner ist die Dekra-Akademie in Roth, Telefon (0 91 71) 89 55-182.

Mit Feuereifer dabei ist Ali Gülen (28) aus Roth. Seine Maurerlehre hat er abgebrochen und die letzte Firma, für die er gearbeitet hat, "hat im Dezember pleite gemacht", erzählt er. "Ich hoffe, dass ich eine neue Chance auf eine feste Stelle bekomme", erklärt Gülen. "Hier lernt man sehr viel, ich bin zufrieden, das ist ein sehr gutes Projekt."

Neue Chancen auf dem Arbeitsmarkt rechnet sich auch der Rother Michael Karge (42) aus. Der gelernte Kfz-Mechaniker ist seit zwei Jahren arbeitslos, zuletzt war er als Betriebsschlosser beschäftigt. Hoffnungen knüpft er vor allem an das abschließende vierwöchige Betriebspraktikum. "Wenn man sich geschickt anstellt, kriegt man vielleicht einen Job."

Auch der Werkhof Regenboden sowie die Insel in Roth, eine Tagesstätte für psychisch Kranke, sind von dem Projekt angetan: Denn sie erhalten die generalüberholten Autos als Geschenk. "Mit denen kann man bestimmt 100 000 Kilometer fahren", sagt Robert Glas von der Dekra.