Wolnzach
Gockel vor Gericht

Anwohner in Wolnzach fühlen sich vom Krähen des Tieres belästigt

17.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:38 Uhr

Ihr Hahn kräht gern, deshalb haben die Besitzer Ärger mit den Nachbarn. Diese fordern feste Ruhezeiten und eine schalldichte Unterbringung des Tieres. - Foto: Brenner

Wolnzach (DK) Weil ihnen der Hahn des Nachbarn zu laut kräht, ist ein Paar aus Wolnzach (Kreis Pfaffenhofen vor Gericht gezogen. Der Hühnerhalter sieht die ländliche Art zu leben in der Marktgemeinde in Gefahr und will sein Tier behalten.

Mit dem Hahn Otello aus Geroldshausen ist es somit bereits der zweite aktuelle Fall, bei dem sich Nachbarn über Krähzeiten, schalldichte Türen und Lärmprotokolle streiten. Dieser Streit nun begann 2015, zwei Jahre, nachdem Sandra Wolgast und Harald Skalitzky nach Wolnzach gezogen waren - wegen der direkten Autobahnanbindung, der Einkaufsmöglichkeiten ums Eck - und der Ruhe.

Mit der war es aber vorbei, nachdem der Nachbar plötzlich begann, Hühner zu züchten, erzählt Wolgast. "Seitdem können wir unser Zuhause nicht mehr so nutzen wie früher", berichtet Skalitzky. Zum Beispiel sei es im Sommer kaum mehr möglich, auf der Terrasse zu sitzen. Dann nämlich krähe das Tier teils 100-mal am Tag. Das habe er herausgefunden, als er im Sommer ein Lärmprotokoll erstellte. Dazu komme, dass sie gesundheitlich angeschlagen sei, sagt Wolgast. "Es kann nicht sein, das jemand sein Hobby auf Gedeih und Verderb ausübt." Einmal habe er den Nachbarn auf das Problem angesprochen, sagt Skalitzky - der habe allerdings gesagt, er dürfe Hühner halten. Daraufhin nahm sich das Paar einen Anwalt.

Die Hühnerhalter Maria und Karl Eberl wissen, dass ihr Hahn oft kräht. Sie können auch nachvollziehen, dass das stört. Dennoch will Eberl seinen Hahn nicht weggeben. "Ich sehe unsere ländliche Art zu leben in Gefahr", sagt er. Wenn er zuschaue, wie der Hahn mit seinen Hühnern umgehe, "das ist Natur, das ist Leben". Für ihn sei es wichtig, ein Signal für das "ländliche Kleinod in Wolnzach" zu erwirken. Er sehe sich dazu auch wegen der anderen privaten Hühnerhalter in Wolnzach verpflichtet, die mit ihrem Hobby schließlich auch ein Zeichen gegen Massentierhaltung setzten, so Eberl.

Ende Januar ging es dann vor das Amtsgericht Pfaffenhofen, nachdem eine Schlichtung keinen Erfolg brachte. Der Richter sprach allerdings kein Urteil, sondern empfahl eine außergerichtliche Einigung.

Probleme wie die der Wolnzacher Nachbarn sind in Deutschland allgemein keine Seltenheit. Laut einer Befragung der Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) aus dem Jahr 2014 hat jeder dritte Deutsche mit seinem Nachbarn Streit - und auf Platz eins steht, wenig überraschend, die Ruhestörung. Im Internet tauschen sich verärgerte Nachbarn auf Foren wie nachbarschaftsstreit.de über Hahnenschrei, Sichtschutz oder Trauben an der Hauswand aus.

Wie viele Konflikte es in der Region gibt, ist schwer zu sagen, weil nicht alle gleich bei den Behörden oder gar vor Gericht oder landen. Michael Fricke von der Marktgemeinde Wolnzach kennt aus den vergangenen Jahren außer dem aktuellen zwei weitere Fälle, in denen sich Nachbarn wegen Hühnerhaltung belästigt fühlen. Insgesamt gebe es jährlich 10 bis 15 Beschwerden - "oft geht es um das Rasenmähen oder die Kehr- und Räumpflichten". Einen Trend zu mehr Konflikten will er nicht ausmachen. Anders das Landratsamt Pfaffenhofen: "Im Allgemeinen lässt sich aussagen, dass sich die Bürger mit ihren Beschwerden zunehmend an das Landratsamt wenden", so Landratsamtssprecherin Alice Köstler-Hösl. Bei vielen Beschwerden handle es sich aber nicht um Belange der öffentlich-rechtlichen Beurteilung, sodass die Bürger auf den Privatrechtsweg verwiesen würden.

Dass sie diesen öfter gehen als früher, kann man beim Amtsgericht Pfaffenhofen aber nicht feststellen. "Die Streitpunkte ändern sich jedoch, so lösen zum Beispiel auch neue Heizungsanlagen Konflikte aus", so Richter Rüdiger Reng.

Die Wolnzacher Nachbarn müssen nun entscheiden, wie es weitergeht. Hahnenbesitzer Karl Eberl möchte am liebsten sofort eine Einigung. Dafür würde er auch den Stall schalldicht machen und gewisse Ruhezeiten einhalten, sagt er. "Wir wollen auch keinen Richterspruch", sagen seine Nachbarn Skalitzky und Wolgast. Aber sie möchten eben auch ihre Ruhe, unter anderem von 20 bis 8 Uhr täglich. Ihre detaillierten Vorschläge haben sie bereits abgeschickt. "Wir hoffen auf einen Kompromiss", sagen sie.