Riedenburg
Glück für Großbritannien

Wahl-Engländer Wilhelm Wiesmath aus Riedenburg lobt die Entscheidung der Schotten gegen die Unabhängigkeit

19.09.2014 | Stand 02.12.2020, 22:13 Uhr

Keine neue Grenze auf der Landkarte: Wilhelm Wiesmath ist froh darüber, dass Schottland weiter zum Vereinigten Königreich gehört. Der gebürtige Oberpfälzer lebt seit 55 Jahren in England - Foto: Schmied

Riedenburg (ksm) Das Vereinigte Königreich von Großbritannien hätte es nicht mehr gegeben, davon ist Wilhelm Wiesmath überzeugt. „Die Engländer haben großes Glück gehabt“, urteilt er über den Ausgang der Volksabstimmung in Schottland, die am Donnerstag stattfand.

Seit Freitag steht das Ergebnis fest: 55,3 Prozent der wahlberechtigten Schotten entschieden sich gegen die Unabhängigkeit ihrer Nation – mit einem Vorsprung von rund 380 000 Stimmen gegenüber den Befürwortern. „Darüber bin ich sehr froh“, meint der Wahl-Engländer.

Wiesmath lebt seit 55 Jahren in England, im äußersten Südwesten der britischen Inseln, in Cornwall. Nur fünf Kilometer trennen ihn von der Atlantikküste. Mit seiner Frau und seiner Familie führt der gebürtige Weidener dort ein beschauliches Leben. Zweimal im Jahr, im Frühjahr und im Herbst, besucht er jeweils für sechs Wochen seine Heimat, das Altmühltal. „Denn aufgewachsen bin ich in Kelheim“, erklärt der 82-Jährige. Und in Riedenburg hat er ein „tolles Domizil“ gefunden, das er immer wieder gerne aufsucht.

Wiesmath verbringt im Moment seinen Herbsturlaub in der Dreiburgenstadt. Die Debatte um die Unabhängigkeit des Nordens von Großbritannien hat er nach eigener Aussage darum nicht minuziös mitverfolgt. „Wäre ich in den vergangenen Tagen in England gewesen, hätte ich über dieses Thema wohl kein Wort verloren“, meint der gelernte Koch. Er fühlt sich nach wie vor als Deutscher, hat seine Staatsbürgerschaft nie aufgegeben. „Und als Ausländer will ich mich in diese Diskussion nicht unbedingt einmischen.“

Mit Ende 20 verschlug es den Oberpfälzer auf die Insel. Eigentlich hatte er nur einen zwölfmonatigen Aufenthalt geplant, um danach weiterzuziehen. „Ich wollte die Welt sehen“, sagt er. Nach seiner Ausbildung zum Koch arbeitete er vier Jahre lang in der Schweiz, bevor er nach England ging. Dort hat er sich verliebt – und ist geblieben. „Zu drei Vierteln bin ich Brite“, erläutert er. Im Herzen fühlt er sich aber deutsch, obwohl er seit über fünf Jahrzenten im Vereinigten Königreich lebt.

Den Nationalstolz der Schotten kann er darum gut verstehen. „Der Norden Großbritanniens wurde in den vergangenen 300 Jahren zwar nicht unterdrückt. Schottland ist trotzdem immer die zweite Nation geblieben“, erklärt Wiesmath. Die Unabhängigkeit hätte seiner Meinung nach aber schlimme Folgen mit sich gebracht. „Die Schotten können im Moment noch gut von ihren Ölvorkommen leben“, sagt Wiesmath. Früher oder später seien die Vorräte aber erschöpft – und das werde sich unweigerlich auf den Finanzhaushalt auswirken. „In 20 Jahren hätte die Situation nicht mehr so rosig ausgesehen, wie es sich viele wohl erhoffen würden.“ Auch die Schotten selbst hätten also Glück gehabt, erklärt der Wahl-Engländer. „Ich freue mich, dass genügend Leute die Courage hatten, Nein zu sagen.“

Es war die richtige Wahl. „Wäre es schief gegangen, stünde England vor einem riesigen Problem.“ Denn die neue Grenze auf der Landkarte hätte gleichzeitig bedeutet, die Identität des übrigen Großbritanniens neu definieren zu müssen. „Diesen Riss zu reparieren wäre sehr schwer geworden“, ist sich der 82-Jährige sicher.