Rohrbach
Gleich alt

Rohrbach und der österreichische Ort Pitten werden in derselben Urkunde aus dem Jahr 869 erstmals erwähnt

22.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:10 Uhr

In einer Urkunde des Hochstifts Freising aus dem Jahr 869 sind Rohrbach und Pitten gleichsam erstmals erwähnt. - Foto: Schwarzmeier

Rohrbach (era) Ein Zufall hat eine ehemals enge Verbindung zwischen der Gemeinde Rohrbach und Pitten, einem südlich von Wien gelegenen Ort in der mittelalterlichen Ostmark, nicht weit entfernt von der Rohrbacher Partnergemeinde im Burgenland, aufgezeigt. Historisch betrachtet gibt es einen Berührungspunkt, der bis ins Jahr 869 zurückführt.

Den Zufall brachte die Internet-Suchmaschine Google in die Spur. Mehrfach erwähnte der Rohrbacher Ortschronist Hermann Schwarzmeier zwar Pitten in seiner Chronik. Aber dass die Österreicher bereits 1969 ihre älteste Urkunde in den Mittelpunkt ihrer 1100-Jahr-Feier stellten, das wusste er nicht.

Herausgefunden hat dies Günter Moraw aus Pitten, der für das Jahr 2019 mit der Vorbereitung der 1150-Jahr-Feier beauftragt ist, zur Wiederkehr der erstmaligen urkundlichen Erwähnung auf pitinnu. Er setzte sich einfach an den Computer und googelte nach Peretkund - und zu seiner Überraschung entdeckte er einen Hinweis auf eine Peretkundstraße im fernen Rohrbach in der Hallertau. Inzwischen gibt es eine Reihe von Einträgen der Nonne Peretcunda. Nach Kontaktaufnahme mit Rohrbachs Bürgermeister Peter Keck (SPD) und Schwarzmeier sowie der Frage nach Rohrbacher Unterlagen zur Nonne "Peretkund", sandten sie Marow die Chronik zu. Ebenso erhielten die Rohrbacher die Chronik von Pitten und den Badener Blättern, dazu eine freundliche Einladung zur 1150-Jahr-Feier in zwei Jahren.

Pitten findet sich übrigens auch in einer Textstelle aus der Klage zum Nibelungenlied (Mitte 13. Jahrhundert): "diu herzoginne Adelint, des küenen Sintrams kint, den helt man wol bekande: er het bi Osterlande ein hus an Ungermarke stat: Püten noch den namen hat: da wuohs von Kinde diu magt von der ich hie han besagt".

Die erste Erwähnung beider Orte von 869 geht auf die gleiche Urkunde in den Traditionen des Hochstifts Freising zurück. Diese Traditionen umfassen Schenkungen (lateinisch: traditiones) und Privilegien aus dem 8. bis 13. Jahrhundert. Traditionsbücher dokumentieren Eigentumsverhältnisse und Gütergeschäfte, aber auch die Übereignung an Klöster. Das sind Bücher mit Urkundenabschriften, einer für geistliche Institutionen in Süddeutschland und Österreich typische Form des Kopialbuchs.

Die einschlägige Urkunde aus dem Jahr 869 befindet sich im Hauptstaatsarchiv München und betrifft sowohl Rohrbach wie Pitten, aufgezeichnet in der Sendenzzeit von Bischof Anno (854 bis 875), wobei es sich um eine ungewöhnlich umfangreiche Urkunde handelt.

Im ersten Teil der Urkunde übergibt die Nonne Peretkund dem Bischof von Freising ihren Besitz ad Rorpahc et Ruodolfingen (zu Rohrbach/Ilm und Rudlfing). Im gleichen Codex stiftet sie an den Altar der Heiligen Maria (Domkirche in Freising) auch weiteren Besitz zu Putinnu, der Grafschaft Pitten in Niederösterreich.

Peretkund muss also, so schlussfolgert Schwarzmeier, von ihrer Abstammung her, eine einflussreiche und vermögende Frau gewesen sein - mit gehörigem Durchsetzungsvermögen. Denn sie verteidigte ihre Schenkung gegenüber Graf Kundhari, eventuell ihrem Vetter, der Ansprüche anmeldete. Und sie veranlasste den späteren König Karlmann, Sohn Königs Hludouuigs (Ludwig) des Ostfrankenreiches, mit ihr in die Grenzmark nach Padun (Baden) nahe Pitten zu reiten um Recht zu sprechen. Sieben mit Namen genannte Zeugen bekräftigten die Rechtmäßigkeit ihres Besitzes, den sie für die Domkirche in Freising stiftete, was auch in den Ortschroniken von Rohrbach und Pitten belegt ist. 40 dort befindliche Höfe vermachte sie ihren beiden Brüdern.

Der umfangreiche Besitz von Peretkund stammte von ihrem Onkel Radpot (Ratbot), Präfekt der Marcha Orientalis (Ostmark) von 833 bis 854.

Die kleine Marktgemeinde Pitten mit 2648 Einwohnern freut sich vor diesem Hintergrund auf ihre 1150-Jahr-Feier und würde sich über eine engere Zusammenarbeit mit ihrem altverbundenen Partnerort Rohrbach freuen. Vielleicht, so Schwarzmeier, ist dies auch ein Denkanstoß für eine parallele Feier in Rohrbach.