Neuburg
Glatter Freispruch

38-Jährigen trifft keine Schuld am Tod einer Frau

29.10.2012 | Stand 03.12.2020, 0:53 Uhr

Neuburg (pes) Ein genauso ungewöhnlicher wie tragischer Fall beschäftigte gestern das Neuburger Amtsgericht: Ein 38-jähriger Kraftfahrer aus dem Landkreis Aichach-Friedberg musste sich wegen fahrlässiger Tötung verantworten.

Der Fall, der ihm zur Last gelegt wurde: Als er am 12. Mai vergangenen Jahres mit einem Lkw Dielenbretter in den Raum Schrobenhausen auslieferte, kam es zu einem Unfall. Es geschah beim Abladen. Offensichtlich lösten sich dabei einige Bretter. Sie trafen eine 50-Jährige, die von der Staffelei stürzte. Sie erlitt einen Mittelfußbruch, der im Krankenhaus operiert wurde. Sechs Wochen später starb die Frau, so Ankläger Franz Burger, an einer offenbar thrombosebedingten Lungenembolie. Ein Vorwurf, der dem Angeklagten im Vorfeld gemacht worden war, konnte im Verlauf der Verhandlung ausgeräumt werden: Auf dem Lieferschein sei die Anordnung „Entladung nur von hinten“ vermerkt gewesen. Der 38-Jährige allerdings sei zusammen mit seiner Helferin seitlich ans Werk gegangen. Die Anweisung beziehe sich allein auf die Entladung in der Firma, wo eine dafür notwendige Rampe zur Verfügung stünde. Diese sei im konkreten Fall nicht vorhanden gewesen, so dass die Arbeit seitwärts dem Standard entsprach, ließ Verteidiger Alexander Civric wissen. Eine Einlassung, die sich während des Prozesses bestätigte.

„Als ich auf dem Gelände ankam war keiner da, um zu helfen“, erklärte der strafrechtlich bislang unbescholtene Angeklagte. Die 50-Jährige habe sich angeboten, ihm zur Hand zu gehen: „Ich habe sie zu nichts gezwungen.“ Keinerlei Spur von Belastungseifer legte der Witwer der Frau in seiner Aussage an den Tag: „Der Lkw-Fahrer hat sich sofort um meine Frau gekümmert.“ Seines Erachtens sei der Lkw möglicherweise falsch beladen gewesen. „Die Hauptschuld trägt nicht der Fahrer.“ Was den Tod seiner Frau betrifft, so ließ der 57-Jährige Zweifel an der ärztlichen Sorgfaltspflicht anklingen. „Es ist eine Verkettung von mehreren Punkten, warum es so gekommen ist“, meinte der Mann.

Die Berufsgenossenschaft konnte keine Verstöße bei der Beladung des Lkw erkennen. Ärztliche Berichte wiesen die Verstorbene als Hochrisikopatientin für Thrombose aus.

Ankläger Burger würdigte „die ehrliche und objektive Aussage des Ehemannes“. Er führte die Verkettung mehrerer Umstände ins Feld. Die mit derartigen Tätigkeiten nicht vertraute Frau sei mit Sicherheit überfordert gewesen. Dem Angeklagten könne man allenfalls zur Last legen, dass er hätte erkennen müssen, dass der Abladevorgang so zu risikoreich gewesen sei. Das habe der 38-Jährige unterschätzt, plädierte Burger für eine Geldstrafe von 3000 Euro.

Für Freispruch indes sprachen sich die Verteidiger Alexander Civric und Alexandra Gutmeyr aus. Man habe es mit Mutmaßungen zu tun, „denn wie es dazu kam, dass mehrere Paletten heruntergefallen sind, weiß man nicht.“

Dieser Forderung kam Richter Matthias Ernst im Urteil auf der ganzen Linie nach: Er könne keine Pflichtverletzung beim Angeklagten sehen. Die Gefahr sei für ihn nicht vorauszusehen gewesen. „Dies ist ein Unglücksfall, der Ihnen keine strafrechtliche Verantwortung zuweist.“