Gewerbegebiet auf dem flachen Land eine grobe Fehlplanung

11.03.2008 | Stand 03.12.2020, 6:04 Uhr

Fährt man auf der Autobahn A9 in Richtung Nürnberg durch das Hallertauer Hügelland vorbei an dem Landschaftsschutzgebiet St. Kastulus, hat man einen ungehinderten Blick auf die weite Donauebene bis zu den Ausläufern des Jura. Genau an dieser Stelle plant der Markt Reichertshofen zwischen dem Ort Ronnweg und der Autobahnausfahrt Langenbruck ein ca. 5,7 Hektar großes Industriegebiet. Industriegebiete sind Bauausweisungen für Bauvorhaben und Anlagen mit extrem hoher Umweltbelastung, die in anderen Baugebieten nicht zulässig sind, wie z.B. Autoverwertung und –schredderung, chemische Betriebe, Müllverbrennungsanlagen oder Raffinerie.

Die Ausweisung eines Industriegebietes in einer Landschaft, deren Orte und deren Bebauung ein dörfliches Landschaftsbild prägt, ist eine grobe Fehlplanung, zumal der Markt Reichertshofen über genügend freie geeignete Flächen verfügt, weshalb auch der Grundsatz, mit Grund und Boden sparsam umzugehen, grob missachtet würde. Auch aus städteplanerischen Gründen sind Industriegebiete an Städte mit den notwendigen Infrastrukturen anzusiedeln.

Bei einem Erörterungstermin am 21. Januar wurde von Seiten Bürgermeister Westners erklärt, dass auf der Fläche ein Logistikzentrum mit Tankstelle und Beherbergungsbetrieb vorgesehen ist. Ein Industriegebiet sei deshalb erforderlich, weil der Betrieb sonst nicht 24 Stunden und Samstag und Sonntag arbeiten dürfe. Eine solche Einschränkung ist in den einschlägigen Bauvorschriften nicht enthalten.

Es stellt sich die Frage, ob der Gemeinderat bei seiner Entscheidungsfindung in ausreichendem Maße oder unzutreffend informiert wurde. Bei dem Erörterungstermin wurde von Bürgermeister Westner auch mitgeteilt, dass Landrat Engelhard die Planung befürwortet, ja geradezu empfiehlt. In der Bürgersprechstunde am 24. Januar kam von Landrat Engelhard auch die Aussage, dass man froh sein dürfe, dass hier keine Diskothek entsteht.

Im Jahr 1998 wurde hier schon einmal versucht, ein Gewerbegebiet mit ca. fünf Hektar für einen Autohof/Driver’s Park auszuweisen. Anlässlich einer Bürgerversammlung am 3. November 1998 hatte Bürgermeister Westner aufgrund des massiven Protestes der Bürger erklärt, das Projekt nicht weiterzuverfolgen und keine Entscheidungen gegen den Willen der Bürger zu treffen.

Bei einer späteren Aufnahme in den Flächennutzungsplan hat der Gemeinderat einen Abstand von ca. 200 Meter zu Ronnweg eingehalten, damit dieser Ortsteil nicht durch Lärm und Abgase belastet wird.

Jetzt ist die Planung gegenüber der ursprünglichen Ausweisung von Gewerbegebiet auf Industriegebiet und von einer Fläche von 3,5 Hektar auf 5,7 Hektar wie ein Krebsgeschwür gewachsen. Es ist wohl anzunehmen, dass dann auch weiter Ausweisungen auf der Nordseite folgen. Der Geltungsbereich des vorgesehenen Bebauungsplanes reicht nun bis auf 66 Meter an die Wohnbebauung von Ronnweg. Welche Aussicht hätte wohl ein Bauherr, wenn er einen Bauantrag für ein Ein- oder Zweifamilienwohnhaus im Abstand von 66 Meter zu einem Industriegebiet einreichen würde

Nachdem eine Vielzahl von Bürgern aus den umliegenden Ortsteilen Ronnweg, Hög und Langenbruck ihren Widerstand gegen das Vorhaben kundgetan haben, soll nach Angaben von Bürgermeister Westner das Areal nun doch nicht mehr als Industriegebiet, sondern als Gewerbegebiet ausgewiesen werden. An den beeinträchtigenden Auswirkungen des geplanten Vorhabens ändert sich dadurch allerdings nicht viel.

Die Abwägung von Bedarf, Planungsgrundsätzen, schonendem Umgang mit Grund und Boden, Beachtung des Bürgerwillens, Schutz der Bürger und Erhalt des Orts- und Landschaftsbildes werden bei einer Fortführung des Verfahrens nach unserer Ansicht missachtet.

Susanne Reichart

Antje Benna

Reichertshofen

Interessengemeinschaft gegen

Erweiterung und Ausweisung eines Industriegebietes

bei Ronnweg