Hilpoltstein
Gesundheitslotsen helfen Migranten

Kontaktstelle für Bürgerengagement stellt Arbeit vor - Neues Projekt: Interkulturelles Kulturhaus

11.06.2019 | Stand 23.09.2023, 7:22 Uhr
Eine von 13 Gesundheitslotsenim Landkreis Roth ist Olga Miller (Mitte). Die Spätaussiedlerin hilft jetzt anderen Migranten. −Foto: Landratsamt

Hilpoltstein/Roth (HK) Im Dschungel des Gesundheitssystems kann man sich leicht verirren.

Erst recht, wenn man weder in Deutschland aufgewachsen ist noch die Sprache sicher beherrscht. Deshalb hat "Füreinander", die Kontaktstelle für Bürgerengagement am Landratsamt Roth, ehrenamtliche Gesundheitslotsen ausgebildet.

13 Migranten unter anderem aus Hilpoltstein, Heideck und Roth hätten an dem Programm teilgenommen, erklärte Integrationslotsin Dorothea Pille. Unter ihnen Olga Miller: "1998 bin ich als Spätaussiedlerin nach Deutschland gekommen", berichtete sie im jüngsten Sozialausschuss des Landkreises Roth. Damals habe sie sich mit der Pflege ihrer kranken Eltern sehr alleine gefühlt. Sie war aber in der Lage, sich selbst "im Internet schlau zu machen" und einen Pflegeantrag zu stellen. "Ich weiß aus Erfahrung, wie wichtig es ist, sich Informationen zu holen. "

Die Ausbildung "Migranten für Migranten - gesund im Landkreis Roth" lief über vier Monate, einmal die Woche erhielten die Teilnehmer Input vom sozialpsychiatrischen Dienst, von niedergelassenen Ärzten, vom Gesundheitsamt, der Kinderschutzstelle und der ambulanten Palliativversorgung. Die Referenten deckten das ganze Spektrum von der Kinder- und Frauengesundheit über das deutsche Gesundheitssystem bis hin zu Pflege und Alter ab.

Diese Phase ist abgeschlossen, nun sollen die Gesundheitslotsen ihr Wissen an größere Gruppen beispielsweise in Form von öffentlichen Vorträgen weitergeben. Sie beraten in Zukunft auch Einzelpersonen, Familien und kleinere Gruppen und leisten Übersetzungstätigkeiten in verschiedenen Sprachen. Die Gesundheitslotsen, die Kurdisch, Persisch, Rumänisch, Arabisch, Polnisch, Aramäisch, Russisch, Vietnamesisch, Amharisch und Englisch sprechen, können über Füreinander angefragt werden.

"Ich habe auch total viel gelernt", berichtete Dorothea Pille. Sie habe sogar schon Anfragen bekommen, ob man das nicht auch beispielsweise an Schulen für alle anbieten könne. "Ich finde es eine ganz tolle Sache, die Sie da leisten", lobte Kreisrätin Christine Rodarius aus Hilpoltstein.

Die Ausbildung zu den Gesundheitslotsen war indessen nur ein kleiner Ausschnitt von Veranstaltungen, Schulungen und Initiativen von Füreinander. "Wir sind am Expandieren", erklärte deren Leiterin Anne Thümmler. Seit 2012 habe die Kontaktstelle über 1700 Teilnehmer geschult, viele Projekte angestoßen, Strategiewerkstätten ins Leben gerufen und Austauschtreffen organisiert. Bei den Ehrenamtlichen besonders angekommen seien die Themen Datenschutz, Facebook, Fundraising und Konfliktmanagement und die Suche nach der Sinnhaftigkeit bürgerschaftlichen Engagements. Wichtig seien im Bereich "Migration" die Sprachbegleiter-Kurse und der interkulturelle Dialog gewesen.

Anne Thümmler präsentierte außerdem ein Projekt, "das ganz frisch am Laufen" sei. Es sei geplant, in der Rother Innenstadt eine leerstehende Gaststätte an der Städtlerstraße mit Fördergeld anzumieten und dort ein interkulturelles Kunst- und Kulturhaus zu etablieren. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge schießt 170000 Euro zu, 12000 Euro könne Füreinander selbst aufbringen. Das Angebot richtet sich an Migrantinnen und Migranten aus dem ganzen Landkreis, erklärt Aline Liebenberg, die die Leitung des auf drei Jahre angelegten Projekts übernehmen wird.

Schwerpunkt sollen Integration und Wertevermittlung der deutschen Gesellschaft sein. "Und das muss man ja nicht unbedingt nur verbal und kognitiv machen, sondern kann das auch auf künstlerische Art tun. " In dem interkulturellen Haus werden beispielsweise Fotoworkshops für Jugendliche mit dem Thema "Typisch Frau - typisch Mann" sowie Kochkurse für Männer und Handwerkerkurse für Frauen angeboten. "Aber erst einmal müssen wir renovieren", erklärte Aline Liebenberg.

Monika Meyer