Weichering
Gesichtsschilde aus dem 3D-Drucker

Auch Arthur Finder aus Weichering beteiligt sich ehrenamtlich an der Produktion - Kostenlose Verteilung an Einrichtungen

08.04.2020 | Stand 23.09.2023, 11:33 Uhr
Arthur Finder führt das Gesichtsschild Modell Schweden vor, das in circa 20 Minuten hergestellt werden kann. Dafür zeichnet er zunächst die Form des Schildes vor, dann schneidet er es mit der Schere aus (rechts oben). Schicht für Schicht trägt der 3D-Drucker auf die Platte auf, bis der Bügel für das Gesichtsschild fertig ist (rechts unten). −Foto: Hammerl

Weichering - Von selbstgenähten Mund-Nasen-Schutzen hat man in den vergangen Tagen viel gehört.

 

Inzwischen ist daneben eine neue Idee aufgekommen: Gesichtsschilde aus dem 3D-Drucker. Seit kurzem stellen deutschlandweit Tüftler solche her. Einer von ihnen ist Arthur Finder aus Weichering.

Eine Maskenpflicht werde es "in der einen oder anderen Form" geben, hat Ministerpräsident Markus Söder angekündigt. Derzeit verfügen jedoch nicht einmal Krankenhäuser, Arztpraxen und Pflegeheime in ausreichender Menge über Schutzausrüstung. Mut machen zahlreiche, unterschiedliche Projekte von Unternehmen, aber auch Initiativen und Privatpersonen. Der Weicheringer Arthur Finder etwa fertigt mit seinem Drucker Gesichtsschilde an.

 

Langsam fährt die Düse des 3D-Druckers über die Platte und zeichnet eine schwarze Linie darauf. Für den Laien ist noch nicht zu erkennen, was einmal daraus werden soll. Circa zwei Stunden wird es dauern, bis ein Gesichtsschild Modell Prusa fertiggestellt ist. Die meiste Zeit arbeitet der Drucker alleine. Er stellt den Bügel her, an dem Arthur Finder dann einen Plastikeinbanddeckel befestigt. Geschickt zeichnet Finder die Form vor, schneidet sie aus, greift zum Locher und stanzt die Löcher hinein, die perfekt auf die Schildaufnehmer des Bügels passen.

Finder gehört dem vor zwei Wochen in Kassel gegründeten Netzwerk "Maker vs. Virus" an. Hier haben sich mittlerweile rund 6000 3D-Drucker-Besitzer - sogenannte Maker - aus ganz Deutschland zusammengeschlossen. Allein im Raum Ingolstadt sind es 64 Maker. "Wir wollen helfen, Leben zu schützen", sagt der Informationselektroniker und Elektrotechniker, der Fertigungsgruppenleiter bei Audi und momentan in Kurzarbeit ist. Seine gewonnene Zeit stellt er nun in den Dienst der Gesellschaft. Wie seine Kollegen produziert Finder ehrenamtlich Gesichtsschilde, die kostenlos verteilt werden. So hat die Caritas in Ingolstadt kürzlich 1300 Gesichtsschilde von Makern aus der Region erhalten. Der amtierende Bürgermeister Michael Lederer hat für die Gemeinde Karlshuld 30 Stück in Auftrag gegeben, weitere Exemplare wird Finder dem Karlshulder Seniorenheim übergeben. Drei verschiedene Modelle kann er herstellen. Neben dem bereits erwähnten Modell Prusa, das vom gleichnamigen, tschechischen 3D-Druckerhersteller innerhalb von drei Tagen entwickelt wurde und sogar bereits vom tschechischen Gesundheitsministeriums zertifiziert wurde, gibt es noch das einfachere Modell Schweden. Das kann in nur 20 Minuten gedruckt werden. Modell Brüssel ist eine Zwischenform der beiden. Wenn größere Stückzahlen benötigt werden, entscheiden sich die Maker in der Regel für das Modell Schweden. Die Schilde werden dann gesammelt und über den regionalen Organisationspunkt, den sogenannten Hub, gemeinsam ausgeliefert.

 

Zunächst aber heißt es Geduld haben. Nur 0,2 Millimeter dick ist die erste Schicht, die der Drucker über die 250 Grad Celsius heiße Düse auf die 85 Grad Celsius heiße Platte aufbringt. Vier Minuten braucht das Gerät allein zum Aufheizen und Kalibrieren, jetzt trägt es Schicht um Schicht auf, bis der Bügel fertig ist. Nur ein klein wenig kann Arthur Finder an der Geschwindigkeit drehen. Etwa 60 bis 70 Bügel schafft er mit einer ein Kilogramm schweren Rolle Plastik. Das Material zahlt jeder Maker selber. "Man kann für die Materialkosten spenden, muss aber nicht", erklärt der 56-Jährige.

Auf dem Portal www. makervsvirus. org/de werden Organisationen, die Gesichtsschilde benötigen, mit 3D-Drucker-Besitzern in Kontakt gebracht, die solche Schilde produzieren können, sowie mit Spendern, die unterstützen wollen. Dort werden nur jene Produzenten aufgeführt, die ihre Artikel kostenlos oder zum Selbstkostenpreis abgeben. Die Suchmaschine funktioniert nach Ort oder Postleitzahl. Die Hubs in Ingolstadt und Pfaffenhofen sind erreichbar per E-Mail an mats. underberg@googlemail. com oder service@dampf-zwerg. de.

DK

 

Andrea Hammerl