Röttenbach
"Gesellschaft ist die Summe aller Menschen"

Bürgermeister Thomas Schneider wirbt bei Neujahrsempfang um Engagement der Bürger und ein "Wir-Gefühl" in der Kommune

08.01.2017 | Stand 02.12.2020, 18:50 Uhr

Sternsinger beehren den Neujahrsempfang in Röttenbach, bei dem Thomas Schneider (links) für Zusammenhalt plädiert. - Foto: Schrenk

Röttenbach (srk) Einen Parforceritt durch die Gemeindepolitik und weit darüber hinaus hat der Röttenbacher Bürgermeister Thomas Schneider im Rahmen des gemeindlichen Neujahrsempfangs unternommen. Denn ihn bewegte vor allem auch ein prägendes Ereignis in der Nachbargemeinde Georgensgmünd.

Schneider skizzierte gleich zu Beginn seiner Ansprache, was der Kommune am Herzen liegt: "Es sind die Projekte und Pläne, die vor uns liegen; es sind die Erfolge, die man verbuchen kann - und das, was man sich darüber hinaus noch erhoffen darf." Insgesamt könne die Gemeinde zufrieden sein, so der Tenor des Rückblicks, vor allem, wenn man bedenke, welch umfangreiche Projekte in die Wege geleitet worden sind: etwa der Umbau der beiden großen Straßen durch den Ort und damit die Wiederbelebung des Altorts, das Inklusionsprojekt "Wohnraum für alle", die Erweiterung des Rathauses und auch des Gewerbegebiets.

Danach aber wandte sich der Bürgermeister einem brisanten gesellschaftspolitischen Thema zu. In diesem Jahr bewegte ihn die öffentliche Diskussion um die "Reichsbürger, Germaniten und sonstigen Staatsverweigerer", die wegen eines "dramatischen Ereignisses in unserer Nachbargemeinde" in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt waren. Wenn man davon ausgehe, so Schneider weiter, dass der Staat erst durch die Gesellschaft zu dem wird, was er ist, dann bedeutet dies, "dass die Staatsverweigerer nicht ein abstraktes Rechtskonstrukt ablehnen, sondern unsere Gesellschaft an sich. Die Gesellschaft wiederum ist aber nichts anderes als die Summe aller Menschen, ergänzt durch die Werte und Normen, die unser Zusammenleben erst möglich machen".

Das Volk sei der Souverän in diesem Land, das sei auch im Grundgesetz so verankert, so Schneider: "Alle Macht geht vom Volke aus." Daraus leite er ab, dass das Volk, also alle Mitglieder der Gesellschaft, auch eine "Pflicht zur Mitwirkung" hätten. Und weiter: "Der einzelne Bürger hat auch eine Pflicht, sich vernünftig und ordentlich zu informieren, was in der Gesellschaft so passiert. Da reicht es nicht, zu Hause zu warten, bis alles mundgerecht serviert wird. Nein, man kann auch erwarten, dass eine gewisse Eigeninitiative an den Tag gelegt wird. Dies scheint kaum mehr in den Köpfen präsent zu sein." Thomas Schneider fragte sich, wie es in den letzten Jahren zu dieser "Entfremdung von Volk und Gemeinschaft" kommen konnte. Er habe beobachtet, dass die Ansprüche der Bürger an die Gemeinschaft immer höher geschraubt worden seien. Dabei betrachteten viele Menschen die Gemeinschaft nur als einen anderen Ausdruck für "die da oben" oder für "die im Rathaus". Er selbst könne ein Lied davon singen: "Häufig erlebe ich Forderungen der Bürger an die Gemeinschaft als Forderung des Ich an das Ihr, nicht aber als Forderung des Ich an das Wir." Diese Haltung lasse sich selbst in Gemeinderatssitzungen mitunter beobachten, wenn einem Mitglied des Gremiums etwa herausrutsche: "Das müsst ihr machen." Eigentlich müsste es heißen: "Das müssen wir tun."

Der Gemeindechef kehrte zu seinem Ausgangsproblem zurück und zog den Schluss: "So sind Reichsbürger, Germaniten & Co sicherlich die extremsten Staatsverweigerer, gegen die wir gemeinsam vorgehen müssen, denn sie bedrohen unseren inneren Frieden." Doch dürfe man nicht außer Acht lassen, "dass es zunehmend Menschen gibt, die den Bezug und das Vertrauen in unsere Gesellschaft verloren haben und sich still und leise verabschieden".

Die Gemeinde Röttenbach, so Schneider zum Schluss seiner Ansprache, besitze noch ein weitgehend intaktes Gemeinschaftsleben. Er denke dabei an die vielen "engagierten, fach- und sachkundigen Menschen, die sich als Trainer, Betreuer, Chor- und Übungsleiter, als Beiräte, Helfer, aber auch als Vorstand einbringen und damit zu wichtigen Teilen im Motor und Getriebe unserer Gemeinde werden". Dennoch seien auch in Röttenbach Erosionsbewegungen feststellbar. Die bedeuten ihm zufolge zwar noch keinen Erdrutsch, sondern gleichen eher einem "leichten Verwehen oder Abwaschen fruchtbaren Bodens". "Diese Erosion aber - wenn man nichts dagegen unternimmt, macht über die Zeit aus fruchtbarem Ackerland Steppe oder gar Wüste. So ist die größte Herausforderung, der sich unsere Gemeinschaft in den nächsten Jahren stellen muss, vielleicht gar nicht die Abwicklung der großen Bauprojekte. Vielmehr müssen wir in unserer Gesellschaft eine Ich-bin-dabei-Initiative auf die Beine stellen."