Nürnberg
Gescheiterte Revolution

Nürnbergs Sportchef Martin Bader bleibt im Amt – Fans strafen bisherige Aufsichtsratsmitglieder ab

01.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:10 Uhr

Nürnberg (DK) Beim 1. FC Nürnberg kann wieder Ruhe einkehren: Bei der Mitgliederversammlung am Dienstagabend wählten die Fans fünf neue Gesichter in das Kontrollgremium. Die Revolution im Aufsichtsrat, angezettelt von Unternehmer Hanns-Thomas Schamel, blieb damit aus.

Kurz vor Mitternacht machte Sportdirektor Martin Bader ein entspanntes Gesicht. Wochenlang hatte sich der Wahlkampf des Aufsichtsrats um seine Person gedreht. Wer ist gegen Bader, wer unterstützt weiterhin seine Arbeit? Nach einem mehr als fünfstündigen Sitzungsmarathon stand fest: Die unabhängigen Kandidaten Stefan Müller (1007 Stimmen), Thomas Grethlein (835 Stimmen) und Mathias Zeck (704 Stimmen) sind die Neuen im Aufsichtsrat.

Das bedeutet für die Zukunft des 1. FC Nürnberg: Sportdirektor Bader bleibt vorerst im Amt, denn die bekennenden Gegner aus dem Lager des Unternehmers Hanns-Thomas Schamel schafften nicht den Sprung in den Aufsichtsrat. Schamel machte in den vergangenen Tagen deutlich, dass er bei einer möglichen Wahl nicht mehr mit dem Vorstand zusammenarbeiten möchte.

Die Club-Fans erteilten Schamels geheimnisvollem Programm „Pro Club 2020“ indes prompt eine Abfuhr bei der Wahl, garniert mit einem lauten Pfeifkonzert als Schamel die Bühne betrat, um sich bei den Mitgliedern vorzustellen. Aus Furcht, einen von Schamels Unterstützern in den Aufsichtsrat zu wählen, bat ein Club-Mitglied darum, jedem Kandidaten die Frage zu stellen: „Hatten Sie Kontakt mit Hanns-Thomas Schamel? Gehören Sie seiner Gruppe an“ Für einige Fans schien es, dass Schamel bei dieser Sitzung der personifizierte Teufel gewesen ist.

Wer an diesem Abend die Stimmung beobachtete, erkannte ebenfalls schnell: Nicht nur der bisherige Aufsichtsrat ist sich uneins, auch die ClubFans sind gespalten. Denn dass Schamels Versuch einer Palastrevolution scheitert, war bereits nach einer Stunde abzusehen, als ein Dringlichkeitsantrag (siehe eigener Artikel) umjubelt und frenetisch gefeiert wurde. Koch hatte sich den Kredit der Fans verspielt, indem er in den vergangenen Tagen Baders Rücktritt öffentlich forderte – und Schamels Pläne unterstützte. Mit der Arbeit des bisherigen Aufsichtsrats sind die Mitglieder allerdings auch nicht zufrieden und wählten kurzerhand den Vorsitzenden Klaus Schramm sowie Siegfried Schneider ab.

Trotz der Emotionen einiger Club-Fans an diesem Abend: Hätte der 1. FC Nürnberg am vergangenen Spieltag gegen den 1. FC Kaiserslautern in den letzten Minuten noch das 3:3 kassiert, wäre die Stimmung sicherlich noch aufgeheizter gewesen. Die wichtigen drei Punkte aus der Partie nahmen dem Abend etwas die Brisanz. Trainer Valerien Ismael brachte sich gerade noch rechtzeitig mit dem Sieg aus dem Schussfeld.

Mehrmals musste Versammlungsleiter Axel Adrian die Mitglieder zur Ruhe und Ordnung mahnen. Sportdirektor Martin Bader schallten immer wieder Buh- und „Bader raus“-Rufe entgegen. Die Wortbeiträge der Fans – von enttäuscht und wütend bis hin zu aufgebracht – waren von unterschiedlichem Niveau. Vielen Fans ist es unbegreiflich, dass die Franken nach jeder Saison gute Spieler wie Mike Frantz, Dennis Diekmeier, Marvin Plattenhardt und Timothy Chandler nicht halten können. „Was bringt es uns, wirtschaftlich gut dazustehen, aber die Spieler hauen ab“, fragte eines der Mitglieder.

Fakt jedoch ist: Bader und sein Vorstandskollege Ralf Woy haben die Franken in struktureller und wirtschaftlicher Hinsicht professionalisiert. Diese Leistung hob der Nürnberger Sportdirektor auch in seiner Rede hervor: „Seit Jahren gibt es keine Schlagzeile mehr über die wirtschaftliche Schieflage. Es ist mittlerweile eine Selbstverständlichkeit, am Monatsende die Verbindlichkeiten zu bedienen und keine Lizenzsorgen mehr zu haben.“ Viele Club-Fans in der Halle konnten sich noch gut an diese Zeiten am Valznerweiher erinnern. Aus diesem Grund blieben die Zwischenrufe während Baders souveräner Rede wohl vereinzelt.

Immerhin präsentierte sich Bader ein wenig selbstkritisch. Man sei komplett hinter den Erwartungen geblieben. „Das ist natürlich ernüchternd und die Ergebnisse sind zu schlecht, um ernsthaft an den Aufstieg zu denken.“ An seinem Posten hängt Bader trotz aller Kritik. „Ich habe selbstverständlich persönlich überlegt, den Weg frei zu machen“, sagte er. „Ich bin aber so erzogen und habe mein Berufsleben so bestritten, dass in kritischen Situationen nicht aufgegeben wird.“