Bergheim
Genuss und Lebensfreude

Wolfgang Speth betreibt seit fast zehn Jahren das "Schinken-Ambiente" in Bergheim - und hat allerlei Leckereien im Angebot

13.03.2020 | Stand 02.12.2020, 11:44 Uhr
Wolfgang Speth ist nach vielen Jahren wieder zu seinen beruflichen Wurzeln zurückgekehrt und hat sich dem Schinken verschrieben. −Foto: Hammerl

Bergheim - Dieser besondere Duft kitzelt die feinen Geruchsrezeptoren in der Nase und macht richtig Appetit.

 

Würzig-aromatisch riecht es in Wolfgang Speths Reifekammer, wo sein Topprodukt, der Bergamer, ein neun bis 18 Monate am Knochen reifender Beinschinken, in verschiedenen Reifestadien neben Brettl-Speck, Kräuter- und Wacholderschinken, mit Rotwein gepökeltem Vinarius Schinken, Pancetta, Räucherspeck, verschiedenen Salamisorten und ganzen Rehkeulen dicht an dicht hängt. Wir sind zu Besuch beim "Schinken-Ambiente" in Bergheim.

Speth hat sein Handwerk von der Pike auf gelernt. "Ich würde jederzeit wieder Metzger werden", sagt der 55-jährige Bergheimer, der vor drei Jahren zurück zu seinen handwerklichen Wurzeln fand und sich hauptberuflich selbstständig machte. Zunächst baute er sein Einmann-Unternehmen "Schinken-Ambiente" 2011 im Nebenerwerb auf. Mittlerweile arbeitet Sohn Alexander auf geringfügiger Basis mit. Den Namen hat Speth gewählt, weil er Ambiente mit Genuss und einem positiven Lebensgefühl verbindet. Die Gebäude waren vorhanden, denn als der Bergheimer die ehemalige Hofstelle von seinen Eltern übernahm, baute er 1992 nicht nur das Haus, sondern auch die Nebengebäude neu. Hier plante er schon damals drei Meter Raumhöhe ein und nutzte den gefliesten Raum zunächst für Hausschlachtungen, den zweiten, die heutige Reifekammer, als Garage. "So ein Raum ist viel zu wertvoll, um ein Auto reinzustellen" findet er. Dem Auto reicht jetzt auch ein Carport.

 

Nach Jahren im klassischen Handwerk war der Metzgermeister einige Jahre in großen mittelständischen Fleischwarenbetrieben tätig, ehe ihn ein Fachberater aus der Gewürzbranche dazu inspirierte, die Staatliche Fachschule für Fleischtechnik in Kulmbach zu besuchen. "Nebenan befand sich die Bundesanstalt für Fleischforschung", erzählt Speth, "wir hatten einige sehr kompetente Lehrer von dort, unter anderem Professor Lothar Leistner, eine Koryphäe in Mikrobiologie. " Anschließend ging der damals 36-Jährige zunächst in die Gewürzbranche und war im Süden Deutschlands als Fachberater in Metzgereien unterwegs. Der Job gefiel ihm zwar, doch mit der Zeit vermisste Speth die handwerkliche Arbeit, weshalb ihm der Gedanke kam, nebenberuflich ins Schinkengeschäft einzusteigen. Der Schinken bot sich an, weil er als Außendienstler oft die ganze Woche auf Achse war und daher ein Produkt brauchte, um das er sich nicht täglich kümmern musste. War der Schinken erst einmal in Salz eingelegt, reichte es, am Wochenende den nächsten Schritt zu tun, ihn zu wenden, zum Trocknen aufzuhängen oder zu räuchern. Sein damaliger Chef ermutigte ihn mit den Worten "mach nur, dabei kriegst du deinen Kopf frei".

Begonnen hat er mit einfachem Bauernschinken, dann wuchs das Sortiment um Wacholderschinken und Karree. Jüngstes Produkt ist der Kräuterschinken. Insgesamt sind es derzeit 16 verschiedene Schinken- und Specksorten sowie vier Salamispezialitäten. Und natürlich hat der Metzgermeister, der mittlerweile mit einem eigenen Verkaufswagen immer donnerstags, außer an Feiertagen, in Bergheim nahe des Kreisverkehrs steht, noch einige weitere in Entwicklung. Sie alle reifen zwischen sechs und 18 Monaten, was schon mal dazu führen kann, dass ein Produkt vorübergehend ausverkauft ist.

 

"Unter vier Monaten geht bei mir gar nichts", betont Speth - das verstieße gegen seine Handwerkerehre und die Prinzipien von Slow Food, der Genießer-Organisation, die traditionelles Lebensmittelhandwerk und regionale Geschmacksvielfalt fördert und der er sich verbunden fühlt. Sein Ziel ist, keinen Schinken unter einem Jahr Reifezeit aus der Hand zu geben. "Die Leute wissen es zu schätzen, wenn es nicht primär darum geht, etwas möglichst schnell in den Verkauf zu bringen, sondern wenn Qualität im Vordergrund steht", weiß er.

Die Qualität steigt und fällt natürlich mit dem Ausgangsmaterial. Daher verarbeitet der Metzgermeister zu 95 Prozent Fleisch von "Naturschweinen" der Familie Weichselbaumer aus Thalhof bei Pfaffenhofen, die ihre Kreuzung aus Deutscher Landrasse und belgischem Pietrain auf Stroh mit viel Auslauf, Sonnenlicht und hofeigenem Futter großziehen - in artgerechter, natürlicher Haltung. Für den Bergamer Schinken, der übrigens das Wappen seiner namensgebenden Heimatgemeinde Bergheim trägt, verarbeitet Speth ausschließlich Schinken des Stauferico-Schweins, einer Kreuzung der Deutschen Landrasse mit spanischen Ibèrico-Ebern. Sie werden von vier Landwirten aus dem Stuttgarter Raum gehalten. Auf dem Voglhof in Pessenburgheim werden Cornwall-Schweine gezüchtet und ganzjährig im Freiland gehalten. Mit der englischen Rasse hat Speth auch schon experimentiert und ein ganzes Schwein zu verschiedenen Produkten wie Beinschinken oder Pancetta, ein typisch italienisches Produkt, luftgetrocknet aus Schweinebauch mit lieblichen Gewürzen, verarbeitet.

Gewürze bieten ein weites Experimentierfeld für den kreativen Produktentwickler. Das Wichtigste aber ist die handwerkliche Verarbeitung, das Einlegen in Salz, Beimpfen der Salami mit Edelschimmel - über eine Pumpe, wie sie in jedem Baumarkt zu finden ist - das Pressen mit der Schinkenpresse, damit die Oberfläche schön plan wird und der Rauch gleichmäßig überall hingelangt, das Räuchern und Lufttrocknen. Dabei verlieren geräucherte Schinken etwa 28 Prozent ihres Frischgewichtes, luftgetrocknete etwa 33 Prozent, Salami sogar 40 Prozent, was Speth mit regelmäßigem Nachwiegen kontrolliert. Zitrusartig im Geschmack ist seine Szechuan-Salami, feurig mit Chili die Habanero, mit etwa drei Prozent Käseanteil die Salabèrti, pikant die Paprikasalami Papalami.

Was Speth, der auf den Wochenmärkten in Ingolstadt und Eichstätt sowie in Manching zu finden ist, selten ausgeht, sind die Bauernwürste, die er jeweils am Vortag frisch für den nächsten Wochenmarkt herstellt. Das Fleisch legt er 24 Stunden mit den Gewürzen ein, damit es besser durchzieht, ehe Alexander Speth es in den Fleischwolf gibt und der Vater die Masse dann mit der Füllmaschine in Naturdarm abfüllt und mit geübten Händen abdreht, bevor sie heiß geräuchert werden.

DK