Gemeinde muss Weg nicht ausbauen

Seitz und Maurer im selben Gerichtssaal, der eine als Vertreter der Beklagten, der andere als Zuschauer

29.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:51 Uhr

München/Gerolsbach (SZ) Die Gemeinde Gerolsbach hat vor Gericht einen Erfolg errungen: Sie kann nicht dazu verpflichtet werden, einen nicht ausgebauten öffentlichen Feldweg, der auf Privatgrund verläuft, herzurichten oder herrichten zu lassen, befand Richter Martin Bayerle.

Gegen die Gemeinde vor Gericht gezogen war Roswitha Herterich. Sie hatte darauf geklagt, dass ein Weg beim Einödhof Hilm, der inzwischen de facto durch den Golfplatz verläuft, wiederhergestellt wird. Bereits vor zwei Jahren hatte sich der Gemeinderat mit dem Thema beschäftigt, einen Ausbau des Weges aber abgelehnt – dafür seien ja die entsprechenden Grundstückseigentümer zuständig.

Nun also musste sich die Zweite Kammer des Bayerischen Verwaltungsgerichts in München mit der Sache befassen. Während – als Vertreter der Beklagten, also der Gemeinde Gerolsbach – Bürgermeister Martin Seitz zusammen mit Anwalt Sebastian Heidorn zur Verhandlung gekommen war, nahm Klägerin Roswitha Herterich nicht teil. Sie ließ sich von ihrem Anwalt vertreten, der für Seitz kein Unbekannter gewesen sein dürfte: André Schneeweiß hatte vor sieben Jahren im Prozess um das Baugebiet Steinleiten IV den damaligen UB-Gemeinderat Stefan Maurer vertreten, der als Privatmann die Gemeinde verklagt hatte.

Diesmal hatte Schneeweiß aber offenbar die schlechteren Karten. Richter Martin Bayerle stellte gleich zu Beginn seiner Ausführungen infrage, ob die Klägerin überhaupt einen Anspruch habe, dass die Gemeinde für die Wiederherstellung des Weges sorgen müsse. „Das betrifft dann schon die Zulässigkeit der Klage“, sagte Bayerle, und: „Da sieht‘s sehr schlecht aus für die Klägerin.“ Denn aus dem Straßen- und Wegerecht, aus der ständigen Rechtsprechung und aktuellen Urteilen dazu könne kein subjektives Recht abgeleitet werden.

Wenn die Weggrundstücke nicht in Gemeindeeigentum seien, sei die Gemeinde auch nicht der Straßenbaulastträger – das seien dann die jeweiligen Grundstückseigentümer, in diesem Fall also unter anderen auch Roswitha Herterich selbst. Als Straßenbaubehörde, so Bayerle weiter, müsse die Gemeinde allerdings dafür sorgen, dass die Straßenbaulastträger ihrer Pflicht beim Wegeunterhalt nachkämen.

Das griff Schneeweiß auf: Die Nutzung ihrer Grundstücke sei für seine Mandantin – beziehungsweise ihre Pächter – erschwert, weil der Weg nicht ausgebaut sei. Hier widersprach sein Gegenüber Heidorn: „Wir bezweifeln, dass über den Golfplatz ein Grundstück angefahren wird. Das hätte man gesehen.“ Denn dort, wo der Weg eigentlich verlaufen müsste, sei gepflegter Golfplatzrasen. Ein Foto, das Schneeweiß vorlegte und das Fahrspuren im Rasen zeigte, quittierte Bürgermeister Seitz mit einem leisen Lachen. Anwalt Heidorn meinte, das Bild sei im Winter aufgenommen worden – und da würden landwirtschaftliche Grundstücke gar nicht bewirtschaftet. Man könne also vermuten, dass die Fahrspuren extra für dieses Foto gezogen worden seien.

Auch über den sogenannten Anliegergebrauch – den Anspruch, dass ein Grundstück von einer öffentlichen Zufahrt erschlossen wird – könne die Klägerin keinen Anspruch an die Gemeinde geltend machen, sagte Richter Bayerle, denn der gelte nur innerorts. Im Außenbereich sei zuzumuten, über Vorderliegergrundstücke auf Hinterliegergrundstücke zu gelangen, das sei gängige Rechtsprechung. „Ich halte diese Rechtsprechung für falsch“, sagte André Schneeweiß, wenn Eigentümer nicht mehr auf ihre Grundstücke kommen, weil die Gemeinde ihren Verpflichtungen beim Wegeunterhalt nicht nachkomme. Herterichs Grundstücke, die an den faktisch nicht mehr existenten Weg grenzen, seien allerdings über einen Privatweg oder über andere Grundstücke, die ihr selbst gehören, mit dem öffentlichen Wegenetz verbunden, meinte der Richter, der am Ende keinen Zweifel daran ließ, dass die Klage keine Aussicht auf Erfolg habe, „weil die Rechtsprechung sehr eindeutig ist“. Die Gemeinde, sagte Heidorn noch, habe sowieso vor, den Weg einzuziehen, weil er keinerlei Bedeutung mehr habe.

Übrigens war Bürgermeister Martin Seitz nicht der einzige Gerolsbacher im Münchner Gerichtssaal: Der fraktionslose Gemeinderat Stefan Maurer verfolgte die Verhandlung interessiert von einem Zuschauerstuhl aus.