Hilpoltstein
Gelungene Hommage an die Vorfahren

Über 200 Zuschauer kommen zur Premiere der Schauspielführung durch Hilpoltsteins Altstadt und Geschichte

22.09.2019 | Stand 23.09.2023, 8:41 Uhr
  −Foto: Tschapka

Hilpoltstein (HK) Mit Premieren ist es so eine Sache: Sie können erfolgreich verlaufen oder ganz schön in die Hose gehen.

Die erste Schauspielführung am Samstagabend durch Hilpoltsteins Altstadt, bei der an besonderen Plätzen Laienschauspieler historisch verbriefte Ereignisse der Burgstadt nachspielten, gehörte eindeutig zur ersten Kategorie.

Denn mehr als 200 Besucher - viel mehr als erwartet - kamen am Samstagabend auf die Hilpoltsteiner Burg, dem Ausgangspunkt des Historienspiels in vier Szenen. Da staunte sogar Manfred Seitz nicht schlecht, der die Idee zu dem Spektakel hatte. "Wir sind alle völlig derwatscht", sagte er bei der Begrüßung, was wohl so viel hieß wie von der überwältigenden Resonanz erschlagen.

Er freute sich, die vielen Interessierten zusammen mit seinen Schauspielkollegen auf eine Reise durch die "schillernde Geschichte der Stadt Hilpoltstein" mitzunehmen, deren Kernaussagen alle einen verifizierten Hintergrund haben. Oft haben sich die Geschehnisse über mehrere Tage hingezogen, aber für die Aufführung habe man die Handlung gerafft "und auch ein bisschen hin- und hergebogen", so Seitz. Auch wenn die Besucher in den nächsten eineinhalb Stunden mit Sicherheit viel Gelegenheit zum Lachen bekämen, "den damaligen Protagonisten war mit Sicherheit nicht zum Lachen in ihrer Situation", sagte Seitz. Daher solle man diese erste Schauspielführung Hilpoltsteins auch als eine "Hommage an unsere verstorbenen Vorfahren" sehen.

Die erste Szene spielte direkt vor dem Eingang der Burg. Ein Paar sitzt auf einer Bank, lässt sich den Wein schmecken und unterhält sich über die reichlich komplizierte Besitzsituation um das Jahr 1300 herum. Denn damals gehörte das Stadtareal dem Bischof von Eichstätt, während sich das Burgareal auf Reichsboden befand. Daher galt ein Vertrag mit dem Eichstätter Oberhirten wegen der Kinder von Hörigen aus den "Gemischtehen" - eine komplizierte Sache, die den einen übervorteilt und den anderen um seinen Besitz bringt.

Danach ging es weiter zur Stadtpfarrkirche, die im Jahr 1743 Schauplatz eines ungewöhnlichen Asylfalls wurde, den Peter Hagenmeier, der Leiter des Museums Schwarzes Ross, im Diözesanarchiv Eichstätt entdeckt hatte. Damals wurde eine Räuberbande gefasst und alle männlichen Mitglieder kurzerhand hingerichtet, nur einer jungen Frau gelang mit ihrem Kleinkind die Flucht in das Kirchenasyl. Keine leichte Situation für alle Beteiligten, aber der damalige Dekan und Pfarrer Johannes Mack fand eine kreative Lösung für das "Problem". Eigentlich hätte die Ratssitzung vom Oktober 1634, in der über den Fall eines gewissen Meisters Ehrb diskutiert wurde, passenderweise im Sitzungssaal des Rathauses stattfinden sollen, wo dieser Fall auch im Stadtarchiv nachzulesen ist. "Aber da dort höchstens 50 Leute reinpassen, gehen wir gleich weiter in den Innenhof des Schwarzen Ross", sagte Seitz - dem Ort, wo er am Schluss noch einen melancholischen Henker spielen sollte.

Aber so fand auch die historische Ratssitzung dort statt. Sie fiel in die Zeit des 30-jährigen Krieges, eine Zeit, in der Hilpoltstein von Truppendurchzügen, Zwangslieferungen, Hunger und den Repressalien der katholischen Religionsreformation gebeutelt wurde. Als wäre das alles noch nicht genug, brach auch noch die Pest aus. Ihr fielen etwa 800 der damals rund 1500 Einwohner Hilpoltsteins zum Opfer. "Ich bin gespannt, wann endlich ein Bagger auf dem Kränzleinsberg auf den dort vermuteten Pestfriedhof stoßen wird", sagte Seitz.

Die vierte und letzte Szene bestritt Manfred Seitz alleine. Als schwermütiger Henker kurz vor der Pension (16./17. Jahrhundert) sinnierte dieser über sein Schicksal, ausgerechnet an seinem letzten Arbeitstag einen guten Bekannten hinrichten zu müssen: Wortreich und mit viel Alkohol versucht der Henker, seinen Kummer und sein schlechtes Gewissen zu beruhigen, während das Scharfrichterbeil drohend neben ihm liegt.

Am Ende bekam die gesamte Schauspielgruppe, bestehend aus Gabi, Robert und Franziska Freund, Klaus Meier, Michael Pfeiffer, Franz Stadler, Edwin Bengl und Rudi Metzger, die zum Teil in verschiedenen Rollen zu sehen waren, viel Applaus für diese überaus gelungene Premiere. Natürlich galt der Beifall auch dem Initiator Manfred Seitz, der sich federführend als Textschreiber, Regisseur und Moderator (und nicht zuletzt als Henker) einbrachte.

Im nächsten Jahr werde in ähnlicher Form wieder so eine Schauspielführung stattfinden, kündigte Seitz an, der sich beim Amt für Kulturamt, der städtischen Kleiderkammer sowie bei allen seinen Schauspielkollegen für die gute Zusammenarbeit bedankte. Er sei sehr erleichtert, dass die Premiere auf so große Resonanz und Zustimmung stieß. "Damit habe ich gar nicht gerechnet, aber nun kann ich endlich wieder ruhig schlafen. "

Tobias Tschapka