Eichstätt
Gelebte Geschichte

08.06.2011 | Stand 03.12.2020, 2:44 Uhr

Freuen sich auf ihr – irgendwann – fertig saniertes Jurahaus: Silvia Steindl und Willi Schütz (rechts) - Fotos: smo

Eichstätt (EK) Nach 20 Jahren offener Akten scheint ein gutes Ende in Sicht: Seit rund einem halben Jahr wird die Fassade des Hauses Buchtal 1 von einem Gerüst verdeckt. In dieser Woche begannen die Eindeckarbeiten am Dachstuhl – unter Begleitung eines Kamerateams vom Südwestfunk.

Silvia Steindl und Willi Schütz haben es sich zur Aufgabe gemacht, das denkmalgeschützte Jurahaus, das in den 1990er Jahren Anlass für viel Diskussion in der Domstadt war, zu sanieren und dort – irgendwann einmal – einzuziehen. Dort, in einem Haus, das über 300 Jahre Geschichte erzählen kann. „Es war die Geschichte des Hauses, seine Ausstrahlung“, erzählt Silvia Steindl von ihrer ersten Begegnung mit dem Gebäude, die letztlich auch den Ausschlag gegeben hat, dass sie und ihr Lebensgefährte sich an die ganze Sache gewagt haben.
 
„Ich hab mir gleich gedacht: Das g’fallt ma.“ Es sei eine spannende Sache gewesen, was hinter diesem Haus stecke: „Wir hatten nach Gesprächen mit dem Vorbesitzer unser Interesse bekundet – ohne zu wissen, auf was wir uns da einlassen“, erklärt Willi Schütz. „Um so ein Jurahaus zu sanieren, braucht man ‚Geld, Leidenschaft und Zeit‘, hat uns jemand mit auf den Weg gegeben“, meint er schmunzelnd. Die Leidenschaft hatte sie schnell gepackt. Literatur musste her, Archive gewälzt werden: Schließlich wollte man nicht nur die Geschichte des Hauses erforschen. „Wir haben uns auch intensiv mit dem Typus Jurahaus auseinandergesetzt.“ Man wollte ja wissen, was einem da begegnen würde. Aber: „Was uns genau erwartet, wissen wir ja eigentlich immer erst, wenn wir den nächsten Schritt gegangen sind.“
 
Ein Jurahaus sei eben kein Fertighaus, sondern ein Denkmal: „Das, was uns hier in jeder Ritze begegnet, ist gelebte Geschichte.“ Die mache den Reiz aus, sich an die Sanierung eines alten Hauses zu machen – obwohl die beiden anfangs nur auf der Suche nach einem für sie passenden Wohnraum waren. Dass es jetzt ein altes Haus geworden ist, fasziniert Steindl und Schütz selbst. Alte Pillengläschen haben sie im Boden gefunden. Die neuen, zukünftigen Nachbarn kommen vorbei, erzählen den beiden Geschichten von den Vorbesitzern oder berichten vom Abräubern des Kirschbaums in früherer Zeit. „Es ist einfach unbeschreiblich, was da mit der Zeit so alles rauskommt.“
 
Es gibt aber auch die andere Seite, neben dem Geld auch die Zeit. „Wir arbeiten jede freie Minute auf der Baustelle“, berichtet Schütz. Allerdings sehe man jeden Tag auch kleine Fortschritte. Natürlich erfordere die Denkmaleigenschaft des Hauses auch Kompromisse. „Das Herausfordernde, gerade in der Arbeit mit den Denkmalschützern, ist das Treffen in der Mitte“, erzählt Willi Schütz. Aber: Bis jetzt sei man immer gut zurechtgekommen und habe Lösungen gefunden. Jetzt geht es langsam innen weiter: „Wir arbeiten Raum für Raum.“ Jede Wand sei ein Einzelstück. „Eine Herausforderung ist auch die Kombination des Bruchsteins mit moderner Technik“, sagt Willi Schütz. Aber das Wichtigste: „Wir wollen hier ein adäquates Wohnklima für uns“, ergänzt Silvia Steindl. Bis zu diesem Zeitpunkt wird aber noch viel Zeit vergehen. „Wir würden die ganze Sache aber jederzeit wieder anpacken“, resümieren die beiden – ohne Wenn und Aber.