Geldanlage - Tagesgeld - ein Kind des 21. Jahrhunderts

07.08.2012 | Stand 03.12.2020, 1:11 Uhr

Obwohl Tagesgelder schon lange am Markt verfügbar sind, nahmen Privatkunden sie zunächst kaum war. Mit dem Aufkommen der Direktbanken änderte sich das Bild. Heute sind Tagesgeldkonten ein Massenprodukt.

Vor zwanzig Jahre führten Tagesgeldkonten ein Schattendasein. Die meisten Sparer lagerten ihr Geld auf Sparbüchern oder als Termingelder. So führte die BSV Bank, der Vorläufer von Deutschlands größter Direktbank ING-Diba, im Jahr 1992 gerade mal 1.400 Tagesgeldkonten. Da es noch kein Internet gab, erfolgten Geldtransfers mittels Telefon, Fax oder Brief, beschreibt Diba-Sprecher André Kauselmann die Anfangsjahre. Ende der 1990er Jahre stieg das Interesse an Aktien und Fonds und immer mehr Anleger schichteten Kapital von Sparbüchern und Termingeldern in Börsenpapiere um. Als die Internetblase platzte und die Börsen weltweit abstürzten, flüchteten Anleger in Scharen vom Parkett und suchten wieder sichere Sparkonten bei Banken. Allerdings wollte sich kaum noch jemand mit niedrig verzinsten Sparbüchern abgeben. Gefragt waren gut und sicher verzinste Konten mit täglicher Verfügbarkeit, falls sich die Börsen wieder fangen sollten. Damit begann der Siegeszug des Tagesgeldkontos.

Unterstützt durch neue technische Möglichkeiten wie das Internet, boten immer nun mehr Geldhäuser online geführte Tagesgeldkonten an. Die erste reine Internetbank, die französische First-e-Bank, ging im Jahr 2000 mit nur einem einzigen Produkt auf Kundenfang in Deutschland, einem Tagesgeldkonto. Der angebotene Zinssatz von 6,0 Prozent lag deutlich über den Zinssätzen anderer Banken. Allerdings schafften die Franzosen nicht den Sprung in die Profitabilität und mussten nach einem Jahr wieder schließen. Der Aufstieg des Tagesgeldkontos war jedoch nicht mehr zu stoppen. Viele Institute wurden jetzt aktiv. So boten beispielsweise Etrade, 1822 direkt, Santander Direkt Bank oder Volkswagen Bank direkt attraktiv verzinste Tagesgeldkonten an. Die Zinssätze lagen Anfang 2001 zwischen drei und vier Prozent. Die ING-Diba startete 2001 ebenfalls eine Vertriebsoffensive für ihr Extrakonto. Am Jahresende verzeichneten die Frankfurter Direktbank bereits knapp 500.000 Tagesgeldkunden, die Einlagen sprangen auf 4,9 Milliarden Euro.

Zehntausend Euro pro Konto

Heute, mehr als zehn Jahre später, sind Tagesgeldkonten nicht mehr aus der Bankenlandschaft wegzudenken. So registriert die Comdirect Bank derzeit knapp 1,3 Millionen Tagesgeld-Plus-Konten. Die Kundeneinlagen summieren sich inzwischen auf rund elf Milliarden Euro, berichtet Pressesprecherin Annika Fischer. Marktführer ING-Diba verzehnfachte innerhalb einer Dekade die Zahl der Tagesgeldkonten auf rund fünf Millionen Konten. Die täglich fälligen Einlagen übersteigen inzwischen die 50-Milliarden-Euro-Grenze. Interessant ist, dass sich die angelegten Durchschnittsbeträge über die Jahre kaum geändert haben. Tagesgeldkunden parken im Schnitt etwa 10.000 Euro auf ihrem Konto, sagt Kauselmann. Allerdings gibt es noch immer Banken, die ihren Kunden kein entsprechendes Angebot machen. So verzichten zum Beispiel die Hypovereinsbank und die Deutsche Bank auf klassische Tagesgeldkonten.

Die hohen Zinsen der Jahrtausendwende sind allerdings Geschichte. Alle Anbieter kämpfen derzeit mit dem niedrigen Zinsniveau am Kapitalmarkt. Dennoch bieten Topkonten weiterhin Zinsen oberhalb der Zwei-Prozent-Marke. Spitzenplätze im Biallo-Ranking belegen zahlreiche ausländische Direktbanken, etwa Moneyou mit 2,35 Prozent Zinsen, Rabodirekt mit 2,40 und die Denizbank mit 2,30 Prozent. Auch deutsche Institute finden sich unter den Top-Ten, beispielsweise die Gefa Bank mit 2,50 Prozent, über die es zahlreiche unterschiedliche Erfahrungsberichte auf biallo.de, gibt und Wüstenrot mit 2,44 Prozent. Bei beiden Instituten profitieren aber nur Neukunden vom angebotenen Topzins. Eine Zwei vor dem Komma erhalten Neukunden auch bei 1822 direkt sowie Audi- und Volkswagen Bank. Einen einheitlichen Zinssatz für alle Kunden bieten hingegen die VTB Bank mit 2,20 Prozent sowie die Bank of Scotland mit 2,00 Prozent.