Ingolstadt
Geld für Talente

Der DFB belohnt gute Nachwuchsarbeit, aber die Konkurrenz für den FC Ingolstadt ist groß

28.01.2015 | Stand 02.12.2020, 21:43 Uhr

Das Duell Bayern München gegen den FC Ingolstadt könnte es bald auch in der U 19-Bundesliga geben. Die Junioren der Schanzer sind als Bayernliga-Spitzenreiter auf Aufstiegskurs. Maximilian Thalhammer (rechts), hier im Zweikampf mit Valentin Micheli, hat als erster FC-04-Nachwuchsspieler eine Einladung für die U 19-Nationalmannschaft erhalten - Foto: Meyer

Ingolstadt (DK) Der FC Ingolstadt führt vor der Fortsetzung der Punktrunde am 6. Februar mit dem Spiel bei der SpVgg Greuther Fürth die Tabelle der 2. Bundesliga souverän an. Bei sieben Punkten Vorsprung sind die Chancen groß, dass die Schanzer erstmals den Sprung in die Fußball-Bundesliga schaffen. Wir haben untersucht, ob der Verein elf Jahre nach seiner Gründung schon reif für den Aufstieg ist.

Ingolstadt (DK) Der FC Ingolstadt führt vor der Fortsetzung der Punktrunde am 6. Februar mit dem Spiel bei der SpVgg Greuther Fürth die Tabelle der 2. Bundesliga souverän an. Bei sieben Punkten Vorsprung sind die Chancen groß, dass die Schanzer erstmals den Sprung in die Fußball-Bundesliga schaffen. Wir haben untersucht, ob der Verein elf Jahre nach seiner Gründung – abseits der sportlichen Entwicklung – schon reif für den Aufstieg ist.

 

Nachwuchsarbeit wird beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) seit Einrichtung der ersten Stützpunkte in der Saison 2002/2003 großgeschrieben. Mittlerweile sind alle Erst- und Zweitligisten dazu verpflichtet, ein Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) zu errichten.

Beim FC 04 ist Ronnie Becht seit 2007 mit dieser Aufgabe betraut. Als der jetzt 40-Jährige mit dem Aufbau des NLZ begann, war er die einzige Vollzeitkraft, die Mannschaften waren auf Trainingsplätzen im ganzen Stadtgebiet verteilt. Heute hat Becht zehn hauptamtliche Mitarbeiter: fünf Trainer, einen Fitnesscoach, zwei Physiotherapeuten und einen Chefscout, der die Spiel- und Spielerbeobachtungen koordiniert. Sämtliche Mannschaften trainieren auf dem Gelände am Audi-Sportpark und haben ihre Heimat im neuen Funktionsgebäude. „Das sind Verhältnisse, um die wir andernorts schon auch beneidet werden“, sagt Becht nicht ohne Stolz. Bundesliga-Neuling Paderborn ist da beispielsweise noch auf dem Stand der Ingolstädter vor fünf Jahren – keine eigenen Trainings- und Spielstätten, kein Funktionsgebäude. „Bei uns ist alles noch im Aufbau. Die Pläne existieren, aber es fehlt noch an der Umsetzung, und der DFB macht Druck“, sagt ein Beobachter in Paderborn.

Die hervorragende Infrastruktur und intensive personelle Betreuung kommt den Schanzern deshalb immer mehr zugute. Erst vor wenigen Tagen dekorierte der DFB den Klub bei der Zertifizierung des NLZ mit drei Sternen – die höchste Auszeichnung. Bei der ersten Einstufung 2012 erhielt der FC 04 einen Stern. Auch finanziell zahlt sich das Engagement aus. Wurde die Nachwuchsarbeit 2012 vom DFB mit 150 000 Euro belohnt, darf der Verein nun mit 400 000 bis 450 000 Euro rechnen.

Damit rückt der FC 04 in die erste Reihe auf, obwohl die Qualitätsdichte in Bayern besonders hoch ist. 1860 München, das als Hort vieler Nationalspieler in der Nachwuchsarbeit noch führend ist, der 1. FC Nürnberg, die SpVgg Greuther Fürth und zuletzt auch Bayern München (2014) sind ebenfalls mit drei Sternen dekoriert. Das NLZ des FC Augsburg ist mit zwei Sternen bewertet.

„Seit zwei Jahren können wir alle Talente halten. Wir verlieren jetzt keine Spieler mehr an andere Nachwuchsleistungszentren“, stellt Becht fest und freut sich natürlich über die Drei-Sterne-Einstufung. „Das ist für uns ein beachtliches Ergebnis.“ Roland Reichel, der sportliche Leiter des NLZ, erklärt: „Wir stehen im Wettbewerb mit allen anderen Nachwuchszentren in Bayern und grasen dasselbe Gebiet ab. Dass man einen Spieler bekommt, den noch kein anderer gesehen hat, das gibt es nicht mehr. Also werden die Talente von uns allen hofiert und umworben. Es kommt darauf an, dass wir eine emotionale Bindung zu diesen Talenten herstellen können.“ Das geschieht umso leichter, je näher der Spieler am FC 04 beheimatet ist und je hochklassiger der Verein spielt. „Wir werden immer besser wahrgenommen und sind jetzt im Rennen um die besten Talente dabei. Früher haben wir nur bekommen, was anderswo übrig geblieben ist. Jetzt kommt es darauf an, dass wir gut arbeiten“, sagt Reichel.

Sportlich gesehen sind die Bundesligisten dem FC 04 noch um einiges voraus. Fast alle Klubs spielen mit ihren U19- und U17-Mannschaften in der Bundesliga. Lediglich der FC Augsburg (B-Junioren) und der SC Paderborn (A-Junioren) sind mit nur einem Jahrgang vertreten. Von den 18 Zweitligisten können immerhin zehn Vereine ihre Jugendteams in der Bundesliga fördern.

„Unser Ziel ist es natürlich, dass wir unsere Nachwuchsteams auch nach oben bringen. Unser Hauptaugenmerk liegt zurzeit bei den A-Junioren. Hier rechne ich mit einem Dreikampf mit der SpVgg Unterhaching und Jahn Regensburg“, sagt Reichel. Derzeit führt Trainer Ersin Demirs Team mit 26 Zählern die Bayernliga an, einen Punkt vor Unterhaching und sechs vor Regensburg. Die B-Junioren haben angesichts von sieben Punkten Rückstand dagegen kaum noch Aussichten, den enorm starken FC Augsburg von der Spitze zu verdrängen. Nur der Erste steigt jeweils auf.

Der FC 04 will sich aber nicht nur auf der sportlichen Seite verbessern, sondern auch hinsichtlich der Betreuung und der schulischen sowie beruflichen Ausbildung. Ein Meilenstein war dabei die Errichtung des Jugendhauses, in dem derzeit alleine sieben A-Juniorenspieler wohnen. Nun versucht der Verein, die schulische Förderung zu optimieren. Hausaufgabenbetreuung und Förderunterricht werden schon angeboten, aber Christoph Heckl, selbst Pädagoge und Bindeglied zwischen NLZ und dem Verein, will mehr. „Wir versuchen mit verschiedenen Schulen eine städtische Lösung für eine Sportgruppe zu finden, um angehende Profisportler schulisch und sportlich bestmöglich zu fördern“, sagt Heckl. Ein vom Kultusministerium unterstütztes Projekt wie das Theodolinden-Gymnasium in München oder die Bertolt-Brecht-Gesamtschule in Nürnberg ist für Ingolstadt allerdings nicht in Sicht. Dennoch ist Heckl zuversichtlich. „Jeder hofft, dass wir mal einen Spieler aus der Region zu unseren Profis bringen. Es stehen schon einige auf der Startrampe“, meint Heckl.

 

n Fazit: Obwohl die Ingolstädter bei der DFB-Zertifizierung bereits die höchste Qualitätsstufe in der Nachwuchsarbeit erreicht haben, hinken die sportlichen Erfolge anderen Profiklubs noch hinterher. Die Voraussetzungen, den Rückstand bald aufzuholen, sind jedoch gut. Die Infrastruktur ist sogar beispielhaft, allerdings hat der FC 04 in Bayern weiterhin sehr starke Konkurrenz.