Ingolstadt
Gekommen, um zu röhren - Tuner treffen sich am Audi Sportpark

08.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:51 Uhr

−Foto: Hammer

Ingolstadt (DK) Sie kamen aus München, Nürnberg, Regensburg, Augsburg und natürlich aus Ingolstadt - hunderte Tuningfreunde versammelten sich gestern Nachmittag zum ersten Tuningtreffen auf dem Parkplatz am Audi-Sportpark. Mitgebracht hatten sie die schönsten, schnittigsten, lautesten, schnellsten und abseitigsten Gefährte, die man sich als Laie nur vorstellen kann.

Mehrere Millionen Euro Wert reihten sich aneinander. Lamborghinis, Ferraris, zehn Audi R 8, einige AMG-Mercedes-Modelle und viele exotischere Marken waren zu bestaunen. In zehn Kategorien, darunter die größte Auspufflautstärke, der schönste Motorraum, das am tiefsten liegende Fahrzeug und der beste Gesamteindruck, maßen sich die Besitzer der Autos und Motorräder miteinander. Und so blitzte an jeder Ecke der Chrom, röhrten die Motoren und bebte die Brust.

Im April vor einem Jahr hatte der Ingolstädter Josip Rukavina mit der Was-fährst-du-Crew zum ersten Mal ein Tunertreffen in Ingolstadt veranstaltet. Es fand auf dem Kaufland-Parkplatz an der Richard-Wagner-Straße statt. Jetzt versucht er, die Treffen am Sportpark zu etablieren. "Wir versuchen, das monatlich zu machen", sagt Rukavina. Ein Publikum dafür gibt es offensichtlich - etliche Fans, nicht nur die Mitglieder der Tuning-Teams, zogen durch die Reihen der Fahrzeuge mit einer PS-Zahl zwischen 75 und 800 und sahen sich die neuesten Trends der Szene an.

Jetzt müssten nur noch die Stadttochter IFG, die den Platz diesmal sogar kostenlos bereitgestellt hat, und die Stadionbetreiber-GmbH zustimmen. "Wir sind heute auf Bewährung", sagt Rukavina und lächelt. Was eingenommen wurde, soll karitativen Zwecken zukommen. Denn der Slogan der Veranstaltung lautet "Tuner mit Herz".
 

 

HAARSTRÄUBEND: Bevor man das Auto von Francis Stradtner sieht, spürt man schon die Anlage, die darin wummert, so lange es die Batterie hergibt. Bassreflex-Wall nennen Tuning-Experten die Anlage, die einem den Magen umdrehen, einen Tinnitus verpassen und die Haare zu Berge stehen lassen kann. 20 000 Watt leistet die Wall theoretisch – damit lassen sich Konzerthallen beschallen. Die Rücksitze hat Stradtner ausgebaut. Nur seine Begleiterin Vanessa Lorenz findet noch Platz – und lässt sich auf dem Beifahrersitz durch die Wucht der Bässe die Haare umfrisieren. Eine gut fünfstellige Summe hat der Ansbacher in seine Anlage gesteckt. Mit mehreren Freunden seines Team MT Audio ist er nach Ingolstadt gekommen. Es gebe sicher viele, denen dieses Hobby merkwürdig vorkomme, sagt Stradtners Freund Roland Cekan. „Aber wir gehen halt nicht in die Disco und saufen. Wir hocken in der Karre und ziehen Kabel.“

 

VERRANZT: Es muss ein komisches Gefühl sein, wenn man Simon Braun und seinem VW Derby, Baujahr 1984, auf der Autobahn begegnet. Das rostig-braun gehaltene Auto sieht aus, als könnte es jeden Moment auseinanderfallen. Dazu sind auf dem Dach ein Schlitten, Skier und rustikal wirkende Koffer befestigt – man hofft, fest genug. Doch das alles gehört zum Konzept dazu. Der Wagen, versichert Braun, ist straßentauglich. Er hat ihn in gut zweieinhalb Jahren nach seinen Vorstellungen umgestaltet. „Technisch gut, optisch verranzt“, erklärt der Amberger das Konzept des sogenannten Ratlooks, des Ratten-Tunings. In dieser Kategorie messen sich Fahrzeuge, die möglichst originell und gleichzeitig verfallen daherkommen. Am Beifahrerfenster klebt ein Stück Rohr, auf der Motorhaube ein fotografierendes Playmobilmännchen. „Man überlegt sich, was passen könnte – und probiert es dann aus“, sagt er.

 

TUNEND: Rund 600 PS hat der Mercedes C 63 AMG von Josip Rukavina (2.v.r.) – ein Wahnsinnsgefährt, an das er auch selbst Hand angelegt hat. Er hat es tiefergelegt und ihm Spoiler verpasst. „Standardfahren kann jeder“, sagt der Organisator des Ingolstädter Tuningtreffens, der unbedingt alle Mitglieder seiner Was-fährst-du-Crew mit auf das Foto nehmen möchte. „Mit dem Tunen angefangen hat’s im Freundeskreis, mit Mofas“, erzählt er. Und irgendwann habe sich einer ein teures Auto angeschafft und die anderen damit weiter angespornt. „Jeder pusht den anderen hoch“, sagt Rukavina. „Mit dem Motor, optisch – und so ist die Gruppe entstanden.“ Jetzt organisieren die Freunde auch noch Tuning-Treffen. Rukavina hat aber heute noch mehr vor, als nur zu organisieren: Er will zumindest in der Kategorie des lautesten Auspuffs eine vordere Platzierung erreichen: „Ich habe bisher keinen lauteren gehört“, sagt er.

 

LÄRMEND: Man kennt das Geräusch gut aus dem Umfeld der Ringstraßen: Dieses immer schriller werdende Röhren, das die Anwohner aus dem Schlaf reißt und die Herzen der Fans rasanter Gefährte schneller schlagen lässt. Beim Tuningtreffen gestern sollten die Fahrer im Leerlauf kräftig Gas geben – um den lautesten Auspuff zu ermitteln. Gegen 15 Uhr lag der Spitzenreiter schon bei weit über 200 Dezibel – zum Vergleich: Ein Presslufthammer kommt auf rund 120, ein Flugzeugstart auf 140 und Geschützknall auf 160 Dezibel. Auch Lamine Garcon aus Augsburg ließ gestern die Lautstärke seiner Honda CBR 1000 RR testen – und kam immerhin auf 118, 7 Dezibel. Er gehört zum Team Edition 1, das mit einem großen Tross aus der Fuggerstadt angereist war. „Ich liebe das Feeling, die Geschwindigkeit“, sagt er. Verändert habe er an seinem Gefährt nichts. „Von Technik habe ich gar keine Ahnung.“