Ingolstadt
Geisterradler bleiben Ärgernis

20.04.2010 | Stand 03.12.2020, 4:05 Uhr

Einer von zwei tödlichen Verkehrsunfällen im Vorjahr: Am Leitweg im Stadtteil Mühlhausen ist Ende Juli ein 64-jähriger Landwirt mit seinem Schlepper umgekippt und von der Fahrerkabine erdrückt worden.? Arch - foto: Reiß

Ingolstadt (DK) Eine erfreuliche Bilanz legt die Unfallkommission von Stadt und Polizei für das vergangene Jahr vor. Die Zahl der Kollisionen sank wieder um knapp zwei Prozent. Bei 3828 Unfällen (Vorjahr 3899) wurden 785 Menschen verletzt (zuvor 946) und zwei (Vorjahr fünf) getötet.

Die Bilanz wirft Fragen bei der Stadtbaurätin auf: "Haben wir so gute Arbeit geleistet? Fahren die Ingolstädter vorsichtiger" Renate Preßlein-Lehle, bisher Vorsitzende der Kommission, weiß aber selbst, dass es keine definitive Antwort gibt, lediglich Erklärungsversuche. Einer lautet: "Ein Teil hat sicher mit dem Wetter zu tun." Von 2008 auf 2009 war der Winter sehr mild.

Mit seinen Rückgängen bei der Zahl der Unfälle, Verletzten und Toten liegt Ingolstadt bundesweit im Trend. "Das Verkehrsgeschehen ist erfreulicherweise sehr stabil", sagt Preßlein-Lehle. Nur mehr drei Unfallschwerpunkte im Stadtgebiet, an denen es öfter als acht Mal krachte, haben die Statistiker ermittelt. "Da sind wir schon sehr zufrieden. Voriges Jahr hatten wir noch acht Stück", sagt Franz Bäumler von der Polizeiinspektion.

Wie gehabt ist der Audi-Kreisel der Spitzenreiter. Statt 21 Mal schepperte es hier aber nur mehr 16 Mal. "Und wir haben dabei keinen einzigen Unfall nachts", sagt Bäumler. Gewohnt hoch sind die Zahlen zur Marktkauf-Kreuzung (elf) sowie für die Ecke Goethe- / Friedrich-Ebert-Straße (neun). Bäumler ist etwas ratlos, warum es an dieser Kreuzung noch immer so oft kracht. "Da ist es beim Linksabbiegen sehr übersichtlich. Es wurde ja extra umgestaltet."

Durch einen Umbau ist dafür an der Zufahrt zur Audi-TE über die August-Horch-Straße kaum mehr etwas passiert. "Das war mal Unfallschwerpunkt, jetzt hatten wir dort gerade zwei Fälle", sagt Bäumler zufrieden.

Deutlich verbessert habe sich die Situation auch an der Staatsstraße bei Irgertsheim, wo es noch vor einiger Zeit bis zu 17 Unfälle pro Jahr gegeben hatte. "Wir kontrollieren da inzwischen sehr häufig die Geschwindigkeit", erklärt der Polizist. "Das hat sich gut entwickelt."

Allerdings passierte dort einer der beiden tödlichen Unfälle des Jahres. Eine 80-jährige Radlerin war am 22. Juli beim Überqueren der Straße von einem Lastwagen angefahren worden. Der andere Tote war nur eine Woche später in Mühlhausen zu beklagen, wo ein 62-jähriger Landwirt von seinem Traktor begraben worden war. "Da spielt auch oft der Zufall ein Rolle", sagt Bäumler, wenn er an die Statistik mit "nur" zwei Toten denkt. "Ich hoffe, wir können das Niveau halten." Allerdings seien heuer bereits zwei Menschen bei Unfällen ums Leben gekommen. Erst vergangene Woche starb ein junger Mann in einem Ferrari auf der Roßmühlstraße.

Mit den Worten "alle Jahre wieder das Highlight" beschreibt Verkehrssachbearbeiter Bäumler die Radfahrunfälle. Bei 279 Fällen wurden 233 Menschen verletzt (Vorjahr 275). Doch bei fast zwei Dritteln waren die Radler Haupt- oder Alleinschuldige. Zum Beispiel, wenn sie als Geisterradler auf der falschen Seite des Radwegs fahren. "Erst vor zwei Wochen haben wir mit der Bereitschaftspolizei größer kontrolliert und Bußgelder verhängt. Wir bleiben dran, aber ich kann keine bessere Hoffnung machen", sagt Bäumler. Man wolle den Radlern aber natürlich nicht die Schuld zuweisen, versichert Stadtbaurätin Preßlein-Lehle. "Wir wollen nur raten, einfach vorsichtiger zu sein."

Wie Bäumler erklärt, sind Geisterradler kein spezifisch Ingolstädter Problem. "Regensburg hat vergleichbare Zahlen." Dort werden jetzt an den neuralgischen Kreuzungen auffällige Aufkleber angebracht, die eine rote Hand mit einem Geist zeigen. "Wir werden das beobachten, wie sich das bei denen auswirkt", kündigt Bäumler an.

Eine Anregung hat FDP-Stadträtin Christel Ernst bei der Vorstellung der Unfallstatistik parat. Sie ärgert sich mit anderen über die Dauerparker in der Taschenturmstraße, wo eigentlich ein Halteverbot gilt. "Für Radfahrer ist das unglaublich gefährlich", sagt Ernst. "Da müsste man mal konsequent und gnadenlos Strafzettel verteilen; die Leute so ärgern, dass sie es sein lassen." Stadtbaurätin Preßlein-Lehle versprach, das mit dem Überwachungsdienst zu besprechen.