Neuburg
Geigensolo, Hasenbraten und Teppichklopfen

Ensemble der Valentinfreunde feiert Premiere in der Box 15 - Weniger Slapstick, mehr Hintergründiges

05.11.2018 | Stand 02.12.2020, 15:19 Uhr
"Geigensolo" mit Hindernissen: Günther Seidel muss sich mit fehlendem Equipment, einer Verletzung und dem Gerichtsvollzieher rumschlagen. −Foto: Hammerl

Neuburg (ahl) Einen Karl-Valentin-Abend der etwas anderen Art präsentiert Günther Seidel mit Familie, unterstützt von Erwin Kettl als Umbaupausenfüller und Robert Weidner am Klavier, dem Publikum in der Box 15. Weniger Slapstick, dafür mehr Hintergründig-Nachdenkenswertes dominiert das Programm.

Los geht es mit einer Kette von Missgeschicken, die dem Virtuosen (Günther Seidel) vor seinem "Geigensolo" passieren - sehr zum Missfallen des Pianisten, der wenig Verständnis dafür hat, wenn erst die Geige, dann der Schlüssel zum Geigenkasten, der Notenständer, die Noten und schließlich der Hammer fehlt, um "das Leisterl" festzunageln, damit die Notenblätter Halt finden. Während das Ensemble der Valentinfreunde im Neuburger Volkstheater für die nächsten fünf Szenen umbaut, erzählt Kettl die Lebensgeschichte Karl Valentins, der sich nach eigener Aussage als früheste Erinnerung das Gesicht der Hebamme behalten haben und erschrocken sein will, "denn die hatte ich noch nie gesehen".

Mit dem nächsten Satz ist Kettl bei Valentins Tod, doch ein Blick hinter sich, wo noch gewerkelt wird, lässt ihn weitererzählen. Vom Auftrittsverbot während des Krieges und einer vorausgegangenen Begegnung zwischen Künstler und Führer, der offenbar zunächst ein Fan Valentins war, obwohl der keinen Hehl aus seiner Abneigung machte und nach der Machtübernahme sagte: "Hoffentlich wird es nicht so schlimm, wie es schon war. " Nach einer Vorstellung soll Hitler dem Künstler gesagt haben, er kenne Valentin, sei schon oft im Publikum gesessen, worauf der antwortete: "Ich kenne Sie auch, und jedes Mal, wenn Sie da sind, ist die Stimmung beim Teufel. " Was Hitlers Begleiter abzuschwächen versuchte. "Aber Hitler hat schon verstanden und kam dann nicht mehr in Valentins Vorstellungen", erzählt Kettl.

Heiter die Sketche "Hasenbraten" und "Brille", als Seidel und Tochter Evelyn Mayer ein Ehepaar mimen, das sich an zu heißer Suppe und verloren geglaubter Brille reibt. An die Nieren geht dagegen "Vater&Sohn" mit allzu bohrenden Fragen des Sohnes (Anna Mayer) an den Vater zum Krieg und der Verantwortung des Arbeiters in der Waffenindustrie. Im selben Tenor Seidels Solo "Wenn ich einmal der Herrgott wär" und Evelyn Mayers "Vater Unser" - düstere Werke aus den letzten Jahren Valentins, als er auch in der Nachkriegszeit keine Auftritte mehr bekam und halb verhungerte.

Fließende Übergänge zwischen den Sketchen sind ein wunderbarer Regiekniff, hindern das Publikum nur leider gelegentlich daran, den eigentlich verdienten Szenenapplaus zu spenden. Im zweiten Teil geht es durchweg heiter zu, mit dem Nachbarinnenstreit "Teppich klopfen", gespielt von Evelyn und Anna Mayer, dem amüsanten "Heuboden"-Geplänkel zwischen Helmut Mayer und Tochter Julia aus dem Off, die sich die Ohren zuhalten soll, damit er "schauen kann, ob ich dich riechen kann". Mit Bravour meistert die 17-jährige Anna ihr Solo "Unpolitische Käsred", mit der Valentin Politiker auf die Schippe nimmt, die mit vielen blumigen Wörtern nichts sagen, dafür die Zuhörer gehörig verwirren. Höhepunkt und Abschluss bildet der bewährte "Firmling" mit reichlich Slapstick und am Ende betrunkenem Vater (Seidel) und entnervtem Sohn (Evelyn Mayer), der ankündigt: "Das nächste Mal, Vater, kannst' alleine zur Firmung gehen. " Zwei heitere Couplets gibt es als Zugaben, in die auch die Zuschauer eingebunden werden, die kräftig die Refrains mitsingen, ganz besonders bei den "Oiden Rittersleut".