Breitenbrunn
Geheimnisvolle Geschichten

Beim Haberfeldtreiben in Breitenbrunn werden die Missgeschicke von Zeitgenossen aufs Korn genommen

09.02.2016 | Stand 02.12.2020, 20:13 Uhr

Foto: Werner Sturm

Breitenbrunn (DK) Rußgeschwärzt und mit lautem Getöse haben die Haberer gestern Einzug am Marktplatz in Breitenbrunn gehalten. Sie verkündeten geheimnisvolle Geschichten, die eigentlich keiner wissen darf, die jedoch hinter vorgehaltener Hand bereits den Weg zu den Leuten fanden.

Als "Haberfeldtreiben € bezeichnete man in früheren Zeiten ein geheimnisvolles bäuerliches Rügegericht, das liederliche Weibspersonen, meineidige Bauern, betrügerische Händler oder unfromme Pfarrer genauso an den Pranger stellte wie arglistige Beamte oder Bierpanscher. In Breitenbrunn halten die Faschingsfreunde diesen uralten Brauch aufrecht. Dabei wird allerdings niemand mehr an den Pranger gestellt, sondern es werden lustige Geschichten erzählt, die das Jahr über in der Gemeinde passiert sind. Haberermeister Thomas Wittmann und seine finsteren Gesellen schworen feierlich den Eid, der sie zum Schweigen verpflichtet.

Unter anderem bekam das Jubelfest des Burschenvereins und der KAB in Kemnathen sein Fett weg. "Da war Tarnung und Täuschung das oberste Gebot", kritisierte der Haberermeister: "Denen ist nämlich beim Frühschoppen das Weißbier ausgegangen. Da haben sie kurzerhand Helles in Weizenstutzen ausgeschenkt." Beim Tillyfest dagegen sei es fast so grausam zugegangen wie im echten Dreißigjährigen Krieg. Das Geschehen habe sogar einen Getränkenotstand ausgelöst.

Dem Bürgermeister rieten die Haberer, dass er bei den Marktratssitzungen sein neues Handy auf stumm oder auf Vibration stellen soll, weil unterhalb von seinem Bauch immer wieder die Klingelmelodie "Stern des Südens" erklinge. Eine Fotografin wurde auf die Schippe genommen, weil sie am Dürner Berg verzweifelt nach ihrer Fototasche gesucht habe, die von eifrigen Feuerwehrleuten beim Aufräumen einer Unfallstelle fast mit entsorgt worden wäre. Ein Zeitgenosse vom Schlossberg kontrolliere jetzt die Anhängerkupplung seines Autos genauer. Der Grund: Als er kürzlich an der Schule vorbei gefahren sei, habe der Anhänger einen Ausflug ohne das Auto unternommen.

So reihte sich Moritat an Moritat. Es traf noch die Väter aus Breitenegg, die nach Fertigstellung des Kinderspielplatzes nicht mehr so recht wüssten, wie sie ihre Zeit totschlagen könnten. Außerdem einen Zeitgenossen, der dem Hörensagen nach zur Morgendusche ins Naturbad fahre, um zu Hause Wasser zu sparen. Ein Langenrieder dagegen habe sich nach einem ausgiebigen Silvesterbesäufnis gefühlte fünf Stunden lang umsonst auf Geldbeutelsuche gemacht. Gefunden hat er ihn dann ein paar Tage später beim Holzhacken vor der eigenen Haustüre. Nach jedem Durchlauf fragte der Haberermeister: "Is des wahr €. Worauf die Haberer mit "Ja, wahr is. € antworteten. Dazu ertönte jeweils der Krawall von Waschbrettern, Blecheimern, Ratschen und Kochtöpfen und sonstigem Tand.

Dann zog die wilde Gesellschaft in die Wirtshäuser. Dabei wurde ein Paar dazu verurteilt, heuer am Tillyfestsonntag von 13 bis 16 Uhr den Eintritt zu kassieren. Das hohe Gericht stellte fest, dass es im vergangenen Jahr, mit der Begründung zur Vorabendmesse zu gehen, die Bezahlung des Pflasterzolls für das Tillyfest verweigert hätte. "Aber wenn man dann vier Stunden später noch bei der Bürgerwehr gesichtet wird, dann ist es mit der Glaubwürdigkeit vorbei", lautete die Urteilsbegründung.

Ein weiterer Breitenbrunner war nach Aussage des hohen Gerichts nach durchzechter Nacht mit dem Bus zu einem Auswärtsspiel des FC Bayern nach Hannover gefahren. Während der Fahrt habe er sich mit dem einen oder anderen Schlückchen auf das Ereignis eingestimmt. Das hatte Folgen: Nach einem Alkoholtest wurde ihm der Zugang zum Stadion verwehrt. Im Namen Kaiser Karl des Großen wurde der Sünder dazu verurteilt, den Haberern so viel Bier zu spendieren, bis sie alle auf 2,36 Promille kommen. Ein Bürger wurde schließlich noch dazu verurteilt, bei den diesjährigen Feuerwehrfesten den Fahrdienst für alle seine Kameraden zu übernehmen. Ein Bauer musste als armer Sünder stellvertretend für die Verurteilten die drastischen Strafen entgegennehmen und wurde von der hohen Gendarmerie abgeführt.

Viele Zuschauer verfolgten das Spektakel. Glühwein und Musik wärmten sie auf. Dann ging es zum Kehraus.