Weißenburg
Gegen die Wegwerfgesinnung angekocht

Wenn das erbetene tägliche Brot frisch auf den Müll landet – Kochaktivist Wam Kat mit leidenschaftlichem Plädoyer

11.07.2014 | Stand 02.12.2020, 22:29 Uhr

Will die Verbraucher sensibilisieren, weniger Lebensmittel wegzuwerfen: Demo-Koch Wam Kat (links). Ihn unterstützt die KLJB-Agrarreferentin Sandra Foistner aus Landersdorf (rechts). - Foto: Leykamm

Weißenburg/Landersdorf (lkm) Der Marktplatz in Weißenburg hat seinem Ruf als „die gute Stube“ der Römerstadt bei einem Aktionstag Ehre gemacht, an dem es gelang, auf schmackhafte Weise ein Zeichen gegen Lebensmittelverschwendung zu setzen. Gemeinsam schnippelten die Bürger an den Biertischen das Gemüse, ließen es vom Demo-Koch Wam Kat zur „Soupe Surprise“ im 150-Liter-Kochtopf verarbeiten und verzehrten diese dann bei angeregter Unterhaltung.

Nach dem Wut- und dem Mut- ist es nun also der Food-Bürger, der in der Öffentlichkeit in Erscheinung tritt. Und nicht mit dem Finger auf andere zeigt, sondern sich an die eigene Brust klopft. Sandra Foistner aus Landersdorf, die Agrarreferentin der Katholischen Landjugendbewegung (KLJB) – einem der Veranstalter der Aktion –, erklärte an der Eröffnung auch, warum dies mehr als angebracht scheint. Denn es sind 20 Millionen Tonnen an noch gut verwertbaren Lebensmitteln, die aus den deutschen Haushalten jährlich in den Müll wandern, wie sie ausführte.

Recht eindrucksvoll wurde dieser achtlose Umgang mit einer durchsichtigen Plexiglastonne veranschaulicht, in der sich am Aktionstag verschiedene Produkte wiederfanden, die es leider typischerweise nicht auf den Esstisch schaffen, sondern im Abfall landen. Die Lebensmittel, die ein einzelner Mensch in Deutschland jährlich auf diese Weise entsorgt, füllen eine solche Tonne und verfügen über einen Gegenwert von knapp 200 Euro.

Dagegen lässt sich aber einiges tun, worauf Andrea Fina vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) in Weißenburg hinwies, ebenso Mitveranstalter der Aktion. Mit bewusstem Einkauf und richtiger Lagerung etwa sei schon viel gewonnen. Zwei Dritteln der weggeworfenen Lebensmittel könnte bei richtigem Verhalten der Verbraucher der Gang in die Abfalltonne erspart bleiben, betonte Ernst Birnmeyer, der an jener Behörde den Bereich Bildung und Beratung leitet und manchen Teilen der Gesellschaft „eine gewisse Wegwerfmentalität“ attestierte.

Dementgegen gelte es generell, Lebensmitteln als solchen wieder mehr Wertschätzung entgegenzubringen, wie der Weißenburger Landrat Gerhard Wägemann deutlich machte. Der Preiswettbewerb in den Supermärkten verleite allerdings zum Wegwerfen, bedauerte er zugleich. Mittlerweile „kostet das Hundefutter schon mehr als ein Schweineschnitzel“, bekräftigte Lisa Amon, Leiterin des Umweltreferats im Bistum Eichstätt als weiterer Veranstalter.

Während die Grußwortredner zu den Gästen auf dem sich zusehends füllenden Marktplatz sprachen, wehte zu ihnen auch schon der Duft des nahenden Mittagessen herüber, das Wam Kat im Kompaniekochtopf zubereitete. Die Zutaten für das schmackhafte Mahl steuerten zum einen Teil die örtlichen Discounter bei – mit Gemüse, das ansonsten schon als unverkäuflich gilt, dabei aber noch bestens verwertet werden kann. Fieranten des Weißenburger Wochenmarkts und Teilnehmer der Aktion selbst erwiesen sich ebenso als wichtige Lieferanten für Wam Kat, dessen voller Vorname eigentlich Pieter Jan Herman Fredrik heißt und der sich in den vergangenen Jahrzehnten einen Namen als Friedensaktivist im Balkankonflikt und mobiler Koch bei Demonstrationen gemacht hat.

Wam Kat konnte nicht nur aus seinem großen Topf, sondern auch aus einem nicht gerade kleinen Fundus an Anekdoten schöpfen. Gern berichtete er davon, wie es ihm gelang, Tausende engagierter Bürger bei verschiedenen Aktionen mit Gerichten aus Nahrungsmitteln zu bekochen, auf die eigentlich schon die Verwertung in der Biogasanlage gewartet habe, weil sie nicht der Norm genügten. Sein Werben für die Zubereitung von Mahlzeiten aus Produkten jenseits des Mindesthaltbarkeitsdatum brachte ihm auch schon einen (gewonnenen) Gerichtsstreit ein, wie er in Weißenburg erzählte.

„Mit dem Essen werfen wir auch die Energie weg“, die die Erzeugung kostet, so Kat. Sein Vorschlag zur Energiewende: „Wenn wir nur noch das produzieren, was wir essen, können wir die restlichen Atommeiler gleich schließen.“ Gemeinsam kochen und essen mache nicht nur Spaß, sondern spare eben auch Energie. Denn Fertigprodukte verschlängen zehnmal so viel Energie wie die Zutaten. „Kauft Gemüse statt Packungen!,“ so der Appell des kochenden Aktivisten.

Währenddessen luden Vertreter der KLJB Passanten eifrig zum Suppe essen ein, was oft dankend angenommen wurde. Bei den Mitmachaktionen an den verschiedenen Ständen drehte sich ebenso alles um die richtige Ernährung mit allen ihren – auch ökologisch – guten Folgen. Foistner zeigte sich über die Resonanz schließlich „sehr zufrieden“. Rund 250 Teilnehmer konnten verbucht werden.

Wie Restekochen auch nach dem Aktionstag im Alltag praktiziert werden kann, dafür geben die Rezepte eines Wettbewerbs gute Tipps, dessen Preisträger im Rahmen der Aktion gekürt wurden konnten. Siegerin wurde Daniela Schnitzlein aus Rothenstein (Gyrosauflauf) vor Doris Eisenbrand aus Weißenburg (Brezenknödel). Luise Höppner aus Wald (gegrillte Zimtbananen), Marina Sommer aus Suffersheim (sommerlicher Brotsalat) und Anja Heuler aus Wolframs-Eschenbach (Brot- und Käsebratlinge) heißen die weiteren Gewinner.