Ingolstadt
Gegen die Einsamkeit

Manfred Hirschfelder gründete den Seniorenverein Miteinander-Füreinander – zum 1. Oktober zieht er sich zurück

21.09.2014 | Stand 02.12.2020, 22:13 Uhr

Setzt sich für Senioren ein: Manfred Hirschfelder - Foto: Eberl

Ingolstadt (DK) Ein Artikel im DONAUKURIER war es, der Manfred Hirschfelder vor über zehn Jahren auf eine Idee brachte. Er las von einem Hausmeister im Piusviertel, der immer wieder von Menschen gerufen werde, ohne, dass etwas zu reparieren sei. Es waren Menschen, die einsam sind, die ihn holten. Menschen, denen für ein paar Worte höchstens die Kassiererin im Supermarkt oder der Briefträger bleibt. Ältere Menschen, die niemanden mehr haben. So keimte in Hirschfelder die Idee für einen Besuchsdienst.

Auch seine Mutter und seine Schwiegermutter waren zu dieser Zeit beide über 80. „Ich habe erlebt, wie sehr alte Menschen auf Unterstützung angewiesen sind“, erzählt der Mann, der, wenn er sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hat, dies gnadenlos durchzieht. Der sein Ziel, wie er es früher schon im Berufsleben getan hat, mit hundertprozentigem Einsatz verfolgt. Manfred Hirschfelder widmete diesen Einsatz dem Seniorenverein Miteinander-Füreinander, den er im März 2004 mit Ingeborg Högemann gründete. Er selbst wollte nie an der Spitze stehen. „Ich fand immer, das ist Sache einer Frau“, sagt Hirschfelder. Obwohl „nur“ Zweiter Vorsitzender, war immer er der Motor des Vereins. Doch er weiß: „Die ehrenamtlichen Mitarbeiter machen den Erfolg des Vereins aus.“

Hirschfelder hat neben dem Besuchsdienst und mittlerweile zwei SOS-Futterkrippen auch regelmäßig die Ingolstädter Seniorenwoche, die Seniorenmesse und insgesamt 21 Pflegestammtische organisiert. Zum 1. Oktober zieht sich der Macher aus dem Verein zurück. Gesundheitliche Gründe zwingen ihn dazu, sagt der 67-Jährige. Eine chronische Krankheit schwächt ihn zusehends. Im August hat er den Vorstand des Seniorenvereins von seiner Entscheidung informiert. Für 15. Oktober ist eine Mitgliederversammlung angesetzt. Bei den Neuwahlen soll die Vereinsführung neu besetzt werden. Johannes Molz, der sich vor allem für den Besuchsdienst für allein lebende Menschen zu Hause und in Pflegeheimen engagiert, wird als neuer Vorsitzender kandidieren. Die bisherige Vorsitzende, Stadträtin Sabine Leiß, will sich zurückziehen. Als neue Stellvertreterin und damit direkte Nachfolgerin Hirschfelders wird Bianca Fürst kandidieren. Sie betreut die SOS-Futterkrippen, in denen einmal im Monat in Unsernherrn (bei der Tierarztpraxis Franke) und im Stadtteiltreff Piusviertel kostenlos Futter ausgegeben wird.

Gerade für ältere, einsame Menschen seien Tiere enorm wichtig. Ein Hund oder eine Katze, oder auch ein Vogel, sagt er, seien oft der letzte Halt im Leben eines Menschen. „Sie geben so viel zurück.“ Sterbe das Tier, sterbe oft auch der Mensch. Manfred Hirschfelder hat unlängst selbst den Tod seines geliebten Hundes hinnehmen müssen. Bazi hatte beim Spaziergang im Zucheringer Wald einen Giftköder gefressen. „Wer tut so was“, fragt Hirschfelder. Eine Antwort darauf hat er nicht.

Hirschfelder und seine Frau Alice haben sich wieder einen Hund angeschafft. Ohne Tier leben kommt für die beiden nicht infrage. Es ist wohl auch ein Ruhepol für den rastlosen Mann, der sein früheres Berufsleben – Hirschfelder war als nationaler Verkaufsleiter bei Procter & Gamble fast immer im Flugzeug oder Auto unterwegs – als „Schinderei“ bezeichnet. „Das hat mich kaputt gemacht“, sagt er rückblickend. Zwei Herzinfarkte waren die Folge. „Trotzdem war es meine Passion.“

Als Manfred Hirschfelder, was ganz selten vorkam, ausnahmsweise ein Geschäftsessen in Ingolstadt hatte, widerfuhr ihm etwas, das sein Leben ebenfalls nachhaltig geprägt hat. Es war im April 1997, als er mit einem Geschäftspartner in einem Chinarestaurant in der Goethestraße saß. „Plötzlich gibt es einen Riesenknall und ein Mercedes kommt auf mich zugerast“, erinnert sich Hirschfelder. Er hätte tot sein können, doch er hatte Riesenglück. Seit dem Vorfall hat er Schlafstörungen.

Im vorzeitigen Ruhestand widmete sich Hirschfelder ganz dem Ehrenamt. Knapp 40 Freiwillige tun beim Seniorenverein Miteinander-Füreinander Dienst. Auch wenn er zum 1. Oktober aufhört, vergisst der Mann nicht, im Pressegespräch auf die Ingolstädter Seniorenwoche hinzuweisen, die vom 13. bis 17. Oktober stattfindet. Das Motto lautet: „Musik ist unser Leben.“ Den Ton wird diesmal ein anderer angeben.