Steinsdorf
Gefeiertes Spitzbuam-Video über die liebe Lederhosn

"Lederhosn Amore" heißt der neue Hit der Hundskrippln

31.08.2018 | Stand 23.09.2023, 3:56 Uhr
Die echten Hundskrippln und ihre jungen Doubles im Video. −Foto: Sabrina Braun

Steinsdorf/Mindelstetten (DK) "Lederhosn Amore" heißt der neue Hit der Hundskrippln, zu dem es jetzt ein Video gibt. Kaum fertig geht es online schon durch die Decke: Nach gut drei Wochen hat es weit über 300.000 Klicks. Dabei wäre der Dreh beinahe ins Wasser gefallen - und einen Plan B gab es nicht.

Ein Drohnenflug vom Jägerstand aus über Mindelstetten hinweg durch ein Fenster, mitten hinein in das Leben eines Buben: Gerade schält er sich aus seiner 1860er-Fanbettwäsche, putzt Zähne, noch in Boxershorts. Auf dem Rücken, ganz eindeutig: In weiß zeichnet sich ein markantes X auf der braunen Haut ab. Ein Griff in den Schrank, da ist nur ein Kleidungsstück - der Bub schlüpft in seine kurze Lederhose. Die Gitarre über der Schulter, die Steinschleuder am Hosenbund rennt er den Feldweg hinunter, wo seine Freunde schon warten, die Instrumente fest in den Händen. "Lederhosn Amore" dröhnt es über die Felder. Die Hundskrippln - nur in ganz jung. Im Laufe des Videos werden die Buben dann von den erwachsenen Originalen abgelöst.



Anders als bei ihrem Hit Gloana Bauer war diesmal erst die Melodie da, danach kam die Idee für den Text. "I hab mi bewusst für des Liad entschieden", erzählt Matthias Riegler, der bei den Hundskrippln nicht nur die Quetschn spielt, sondern auch einen großen Teil der kreativen Aufgaben übernimmt. So zum Beispiel das Texten von "Lederhosn Amore", das eine - natürlich genehmigte - Bearbeitung des 70er-Jahre-Hits "Swiss Lady" von der Pepe Lienhardt-Band ist. "Mir hat des Lied voll taugt." Zum ersten Mal gehört hat es der Riegler Hias übrigens bei den damaligen Hundskrippln, die es schon früher bei Hochzeiten gespielt haben - natürlich in der Originalfassung.

Für seinen Text hat Riegler zunächst nach einem starken Begriff für den Refrain gesucht, schließlich soll der mit E-Gitarre und Schlagzeug richtig knallen. Herausgekommen ist "Lederhosn Amore" - ein richtiger Ohrwurm. Zwar war der Ausgangspunkt nicht, dass Riegler ein Liebeslied auf seine Lederhose schreiben wollte, ganz falsch ist das nun aber auch wieder nicht. Bei seiner ersten Lederhose war er zwar schon um die 16 - "des war am Mindelstettener Markt" - aber seitdem ist die Liebe zu dem traditionell bayerischen Kleidungsstück da. "I trags scho so zwoamoi in der Wochen, mal öfter, mal ned so oft. Sonntags und feiertags, auch einfach so als kurze Hosn, wenns Wetter passt."

Lied und Text waren also da, fehlte noch das Video, das die Hundskrippln zu diesem Song gerne drehen wollten. Theoretisch bestand die Möglichkeit, das die Plattenfirma übernehmen zu lassen, die sich um Drehbuch und Regisseur gekümmert hätte. "Aber davon sind wir gleich weggegangen", erzählt Chrisitan Besel, Schlagzeuger bei den Hundskrippln. : "Das ist nicht so das Richtige." Da haben sich die Hundskrippln dann auch nochmal selber hingesetzt.

"Mir macht sowas Kreatives viel Spaß. Du bist halt komplett frei", erzählt Riegler. Etwa vier Wochen hätten die Vorbereitungen gedauert - von den ersten Gedanken über einen Hüttenausflug, bei dem die Jungs das Drehbuch ausarbeiteten, bis hin zu zwei ganz intensiven Wochen mit Planungen. "Es gibt erstmal keinerlei Vorgaben, ob du drinnen drehst oder draußen, ob es ein echtes Video wird, ein gezeichnetes oder ein animiertes - es ist alles offen." Doch gerade aus dieser Freiheit ergebe sich auch viel Arbeit. "Du hast keinen Filmer, keine Crew, die mitarbeitet, keine Darsteller, keinen Inhalt, keine Utensilien. Es ist alles auf Null", erzählt Riegler von den Anfängen.

Wichtig ist ihm die Liebe zum Detail. Zum Beispiel der Sautrog, voll mit kunterbunten Wasserbomben. Oder die 60er-Fanbettwäsche. Auch eine von zig hundert Detailfragen, wie die Jungs erzählen: Welche Bettwäsche soll es sein? Bei einem Bub vielleicht Fußball oder Star Wars oder die Schlümpfe waren die Ideen. "Wir sind ja auch nicht alle einheitlich Fan von einem Verein. Wir sind sieben Leute, wir haben durch die Bank alles dabei", beschreibt Riegler die Überlegungen. Er selbst ist eingefleischter Bayern-Fan - entscheidet sich schließlich aber dennoch für die 1860er-Bettwäsche. Warum? Weil er findet, dass der Bub im Video ein richtiger Spitzbua sein soll - und zu dem passe nicht unbedingt die Mainstream-FC-Bayern-Bettwäsche, die jeder habe. Es sollte ein bisserl was anderes sein, "ein bissl rebellisch".

Nach dem Kriterium Spitzbub haben die Hundskrippln auch ihren Hauptdarsteller bei den Kindern ausgesucht. "Es sollte so einer sein wir im Film ,Wer früher stirbt ist länger tot' der Sebastian Schneider", erzählt Matthias Riegler. Ein Spitzbua mit Gitarre und Lederhose. Weil die Hundskrippln der Meinung waren, dass der Hauptdarsteller bei den Kindern schon etwas Erfahrung vor der Kamera haben sollte, damit er auch Mimik und Gestik gut rüberbringen kann, wandten sie sich mit ihren Vorstellungen an eine Münchner Agentur. "Die haben mir eine pdf-Datei komplett voll mit Kindern zurückgeschickt, alle so elf, zwölf Jahre alt", beschreibt Riegler. Wie im Katalog suchen die Hundskrippln nach dem Buben, der am ehesten ihre Vorstellung vom Spitzbua trifft. Nicht zu groß und nicht zu klein soll er sein, eine Gitarre soll er haben und "z'gschleckt" is a nix. "Das war ein komischer Moment", erinnert sich Riegler. "Du hast einen Katalog voll Kinder und wählst rein nach dem Aussehen aus. Das ist sehr oberflächlich." Andererseits interessiere es beim Video eben später nicht, ob der Bub im echten Leben Ministrant ist oder Fußball spielt, sondern nur, wie er aussieht und wie er das Gespielte rüberbringen kann. Trotzdem: "Das war ein schwerer Augenblick für mich, weil im Endeffekt lehnst du die anderen ja ab."

Vitus aus München bekam schließlich den Zuschlag. Im Video spielt er den jungen Andreas Semmler, Gitarrist der Band. Es kamen eigentlich nur Gitarre oder Bass in Frage, denn für die Szene, in der der Bub über den Feldweg läuft, die Gitarre auf dem Rücken, wäre ein Schlagzeug eher unpraktisch gewesen. Und ein Mikrofon zu klein.

Auch für die übrigen Buben, die im Video die jungen Hundskrippln spielen, gab es viele Bewerber. Über das Internet suchten die Musiker nach den kleinen Darstellern, jeder konnte sich bewerben - unter Angabe seines Instruments, damit sie den echten Hundskrippln auch zugeordnet werden konnten. "Viele Bewerbungen waren aus der Gegend", weiß Christian Besel, doch es habe auch Interesse von weiter weg gegeben, aus Schrobenhausen zum Beispiel. Viele Bekannte und Verwandte seien auch dabei gewesen, "aber wir haben uns vorher vorgenommen, dass wir keinen bevorzugen, sondern die auswählen, die vom Instrument und Aussehen am besten passen". Auch eine ähnliche Größe war ausschlaggebend - zwischen 1,30 und 1,70 Meter sei bei den Bewerbern alles dabei gewesen. "Das hätte auch blöd ausgeschaut", ist sich Matthias Riegler sicher.

Am Drehtag selbst geht es zwischen vier und halb fünf Uhr morgens los für die Sonnenaufgangsszene. Doch das Wetter spielt nicht mit. "Da haben wir ein bisserl Pech gehabt, wir sind zum Drehort rausgefahren, haben aufgebaut - und dann hat es zu regnen angefangen", erzählt Christian Besel. Zwei Stunden warten die Jungs im Regen auf den Sonnenaufgang. "Den hat es einfach nicht gegeben an dem Tag." Der Filmer aus Passau ist schon seit dem Vorabend da, der Drohnenflieger aus Weiden, die Kinder und übrigen Darsteller sind für den Tag bestellt, ebenso wie die Maskenbildnerin, die Visagistin und die vielen Helfer. "Es hat keinen Plan B gegeben, wenn es an dem Tag komplett geregnet hätte, hätten wir alles absagen müssen", sagt Besel. "Dann würde es das Video jetzt nicht geben", bestätigt Riegler.

Doch mittags kommt die Sonne durch die Wolken und der Drehtag geht ohne weitere große Probleme über die Bühne. Sogar die Sonnenaufgangsszene gibt es im Video - dass es sich dabei eigentlich um einen Sonnenuntergang handelt, dürfte nicht weiter auffallen. "Die Buben waren alle total aufgeregt", erzählt Besel. Doch nachdem die großen Hundskrippln den Song auf den Bühnenteilen mitten im Feld gespielt haben, läuft es auch beim Nachwuchs. Die Drehorte finden sich in und um Mindelstetten sowie in Altmannstein. Einsatzzentrale - sozusagen - ist in der Wohnung vom Riegler Hias. "Was da Leute aus- uns eingegangen sind!" Christian Besel lacht.

Eine logistische Herausforderung ist auch, dass die Buben erst nach der Schule kommen können - und dass das Schminken der echten Hundskrippln relativ viel Zeit in Anspruch nimmt. Am Ende des Videos sind sie nämlich als alte Männer zu sehen. "Das war ein komisches Gefühl, wenn man sich selber dann im Spiegel sieht", beschreibt Matthias Riegler. "Aber auch lustig, wir haben die größte Gaudi gehabt."

Insgesamt sind die Hundskrippln sehr zufrieden mit dem Ergebnis. "Es ist nicht genau so geworden, wie ich es mir vorgestellt hab, aber es kommt recht nah hin", freut sich Matthias Riegler. Gut drei Wochen ist das Video nun online - und geht bei den Klickzahlen durch die Decke. "Ein bissl mehr als 10000 am Tag haben wir." Nach zwei Wochen seien es genau 160000 gewesen, genau wie bei ihrem Hit "Gloana Bauer" vor drei Jahren. Inzwischen sind es weit über 200000 Klicks - Tendenz steigend. "Uns war klar, dass das nicht wieder so reinhauen wird wie Gloana Bauer", schränkt Matthias Riegler ein, denn da sei auch noch ein Quäntchen Glück dazugekommen: Im Radio wurde das Lied gepuscht und es wurde einer der Wiesnhits. "Unser Ziel waren damals 10000 Klicks, weil wir gar nicht gewusst haben: Wie kommt sowas an?", erzählt Besel. "Und dann waren es plötzlich zwei, drei, vier Millionen." Aktuell ist der Gloane Bauer bei über elf Millionen Klicks.

Aufmerksam auf "Lederhosn Amore" sind übrigens auch die 60er geworden, schließlich kommt die Bettwäsche des Fußballclubs im Video vor. "Sie sind auf uns zugekommen, ob wir bei ihnen in der Halbzeitpause spielen würden", erzählt Riegler. Ein Angebot, das die Hundskrippln nicht ablehnen. "Da geht's uns nicht um das Oberflächliche, was die für Trikots anhaben oder was da für Fans sind", sagt Riegler. "Sondern einfach darum, dass wir vor 15000 Leuten spielen dürfen."

Isabel Ammer