Lorenz
Gefeiert wird auf Wendeplatten

Jörn und Dorothee Hansel wohnen seit drei Jahren in der Lorenz-Schmidt-Straße, in der die Nachbarn an Silvester zusammen anstoßen

23.09.2014 | Stand 02.12.2020, 22:12 Uhr

Ein Ort zum Wohlfühlen: Jörn und Dorothee Hansel an einer der Wendeplatten in der Lorenz-Schmidt-Straße, in der ein großer Zusammenhalt zwischen den Nachbarn herrscht - Foto: Engel

Lorenz Schmidt, Paul Rauscher, Manfred Hochstatter und Pfarrer Zankl. Nebeneinanderliegende Straßen, die im gleichen Zeitraum entstanden sind, sind meist nach einem Themenbereich benannt. Maler, Schauspielerinnen oder Blumen – oft lässt sich der Zusammenhang auf den ersten Blick erkennen.

In der Neubausiedlung im nordwestlichen Etting ist das für einen Zugezogenen schwieriger. Die Allgemeinbildung, das allwissende Internet und andere Recherchen liefern kaum brauchbare Ergebnisse.

Auch Jörn Hansel muss bei dieser Frage passen. Er und seine Frau Dorothee wohnen seit drei Jahren in der Lorenz-Schmidt-Straße. Sie gehörten zu den Letzten, die in eines der Neubauhäuser – meist Doppelhaushälften und Reihenhäuser – an „ihrer“ Wendeplatte eingezogen sind. Ihre Nachbarn waren zwei bis drei Jahre früher dran. Um insgesamt drei Wendeplatten schlängeln sich die Häuser der Nordseite der Lorenz-Schmidt-Straße. Bei der Paul-Rauscher-Straße sind es fünf Wendekreisel.

„Wir fühlen uns superwohl hier“, sagen die Hansels. Wirtschaftsingenieur Jörn ist 30 Jahre, seine Frau Dorothee, von Beruf Sonderschullehrerin, 29 Jahre alt. „Das Schöne ist, dass alle unsere Nachbarn etwa im gleichen Alter sind; wir kennen uns alle.“ Vor dem Einzug waren die Hansels in Etting schon mit mehr Nachbarn bekannt als je in ihrer Mietwohnung in Lenting. „In einem Baugebiet aus den 1980er Jahren sind die Leute heute 50 bis 60 Jahre alt“, erkennt Dorothee. Dort gebe es schon eine feste Gemeinschaft, und es sei schwer, hineinzukommen. So eine Gemeinschaft haben die gebürtigen Hessen aus dem Vogelsbergkreis nun in Etting gefunden. „Man hat sehr aufmerksame Nachbarn. Das gibt Sicherheit“, sagt Dorothee, die wie ihr Mann aus einem kleinen Dorf kommt und deshalb die Gemeinschaft sehr schätzt.

Einmal gab es einen Sturm. Dorothee lag auf der Couch, und offensichtlich machte das Hanselsche Anwesen einen verlassenen Eindruck. „Da kam ein Nachbar und sicherte mir die Sachen auf der Terrasse.“ Man helfe sich halt gegenseitig und feiere miteinander. „An Silvester wird am Wendekreisel immer miteinander angestoßen“, erzählt Jörn. Einmal im Jahr gibt es zudem das gemeinsame „Wendeplattenfest“ – bei dem alle Nachbarn mit Grill und Getränken feiern.

Zu Hausbesuchen hat es noch nicht gereicht. „Unsere Nachbarn mögen es uns verzeihen, das ist nicht böse gemeint: Wir müssen zugeben, wir waren noch nie dort“, bedauern Dorothee und Jörn. Immer kam ein Großereignis in der hessischen Heimat dazwischen. So bleibt zu hoffen, dass die Hansels beim nächsten Mal auf Lorenz Schmidt anstoßen können. Der war übrigens, was ein Blick ins DK-Archiv verrät, eine Ettinger Größe: SPD-Bürgermeister von 1966 bis 1972, als Etting noch eine eigenständige Gemeinde war. Sein Genosse Paul Rauscher war Mitbegründer des SPD-Ortsvereins, Manfred Hochstatter CSU-Kreisvorsitzender und Pfarrer Josef Zankl Wiederbegründer der Ettinger KAB. Christine Engel