Hamburg
Gefährlicher Plan

"Tatort" über verzweifelte Vaterliebe

29.11.2019 | Stand 23.09.2023, 9:42 Uhr
Kein klassischer Bösewicht: Thewes (Milan Peschel) dreht durch. −Foto: Schroeder/NDR

Hamburg (DK) Als Zuschauer hat man einen Wissensvorsprung, kennt den Täter schnell: Nachdem er die tödlichen Schüsse auf einen LKW-Fahrer abgegeben hat, der bei einer Routinekontrolle der Polizei auf einem Rastplatz überprüft wurde, legt er seine schwarze Vermummung ab und flieht in den Wald.

Wenig später sieht man den Mann, dessen Identität da noch nicht bekannt ist, in seiner Wohnung, wo er sich liebevoll um seine offensichtlich todkranke Tochter kümmert.

Dramatisch und actionreich beginnt der neue "Tatort: Querschläger", der sechste gemeinsame Einsatz der Ermittler Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) und Julia Grosz (Franziska Weisz). Die tappen lange im Dunkeln, vermuten zunächst einen Sniper hinter der Tat, bei der ein Trucker durch einen Querschläger zu Tode kam. Im nahen Wald entdecken sie eine Medikamentenschachtel, die dem Heckenschützen gehören könnte. Gemeinsam mit dem LKW-Fahrer Efe, auf den eigentlich gezielt wurde, fahren sie zu dessen Bruder Cem, genannt Jimmy, dem die Spedition gehört. Der gibt sich ahnungslos, obwohl er gerade eine Erpresserbotschaft erhalten hat. Dann taucht eine Akte vom Zoll auf, der gegen die Spedition wegen des Verdachts auf illegale Abfalltransporte ermittelt hat. Als Beamter zuständig war Steffen Thewes. So hat - zumindest für die Zuschauer - der Täter einen Namen.

Ein doppeltes Debüt feiern die Macher dieses Krimis: Für Autor Oke Stielow und Regisseur Stephan Rick ("Unter Nachbarn") ist es der jeweils erste "Tatort". Der hat zwar wenig Spannung zu bieten, setzt dafür mehr auf ein emotionales Psychogramm eines verzweifelten und wütenden Familienvaters, der Geld für eine teure Operation seiner todgeweihten Tochter aufbringen muss. Milan Peschel spielt diese Figur des liebenden Vaters, der mehr und mehr die Kontrolle über sich und die Lage zu verlieren droht, einfach grandios. Dieser Steffen Thewes ist kein klassischer Bösewicht, ist ob der schreienden Ungerechtigkeit eher hilflos, eine anschlussfähige Figur, mit der man mitleidet und so in einen moralischen Zwiespalt gerät. Und er ist auch eine so starke Figur, dass sämtliche Charaktere um ihn herum in diesem Krimi eher blass wirken - vom Ermittler-Duo abgesehen.

"Querschläger" ist mehr Tragödie als Krimi, die auch aufrütteln will. Das Mädchen leidet an einer Hals-Wirbelsäulen-Instabilität, die nur durch Spezialisten in den USA operiert werden kann, Krankenkassen aber die Kosten nicht übernehmen. Weil es nicht genug Belege für den Erfolg gibt.

"Tatort: Querschläger", an diesem Sonntag, ARD, 20.15 Uhr.
 

Volker Bergmeister