Gefährlicher Flirt

Kommentar

06.04.2017 | Stand 02.12.2020, 18:20 Uhr

Klar zur Wende! Martin Schulz rückt scheinbar vom ungeliebten Linksbündnis ab und hält nach anderen möglichen Partnern Ausschau. Der SPD-Kanzlerkandidat entdeckt die FDP, schwelgt in sozialliberalen Erinnerungen. Rot-Gelb als Modell der Zukunft, erst in Nordrhein-Westfalen und dann vielleicht auch im Bund - mit einer Charmeoffensive wirbt die SPD-Spitze um die Gunst der Liberalen und testet die Stimmung in den eigenen Reihen.

Galten die Freidemokraten bei den Genossen gerade noch als Inbegriff des Unsozialen und Apologeten des Neoliberalismus, erscheinen sie plötzlich wieder in einem anderen Licht, dem der Mehrheitsbeschaffer zum Machterhalt. Gerade erst hatte Altkanzler Gerhard Schröder seine Partei eindringlich vor Rot-Rot-Grün gewarnt. Nicht wenigen hat er damit wohl aus dem Herzen gesprochen.

Der Flirt mit der FDP ist für Schulz aber nicht ungefährlich. Sozialliberale Gedankenspiele und das Kalkül mit einem rot-gelb-grünen Ampelbündnis auf der einen Seite und das Offenhalten der rot-rot-grünen Option auf der anderen sorgen für Unruhe in der Partei, könnten schnell einen Teil der Wählerinnen und Wähler wieder vergraulen, die man gerade noch zurückgewonnen zu haben glaubte. Nun drohen neue interne Flügelkämpfe. Mit dem Schulz-Hype könnte es bald schon wieder vorbei sein.