Roth
Gedichte und Lieder gegen den Krieg

Das Theater "Die Bühne" inszeniert mit "Herr, es ist Zeit!" im Augustinum ein hochdramatisches Projekt

19.11.2019 | Stand 23.09.2023, 9:32 Uhr
Ein hochkarätiges Ensemble hat Werner Hoffmann auf die Bühne gebracht. −Foto: Unterburger

Roth (HK) Eine Inszenierung, die unter die Haut geht.

Im ausverkauften Saal des Augustinums hat das Theater "Die Bühne - Theater für Menschenrechte" das Projekt "Herr, es ist Zeit! "gezeigt, das der 94-jährige Regisseur, Autor, Dramaturg und Produzent Werner Hoffmann geschrieben und zusammengestellt hat. Ein leidenschaftlicher Appell gegen Kriege, Ungerechtigkeit und Gewalt. Gewidmet hat Hoffmann das Projekt seiner am 5. Mai gestorbenen Frau Elisabeth.

Das Projekt "Herr - Es ist Zeit" mit Texten von Rainer Maria Rilke und Bertold Brecht sowie mit Kompositionen unter anderem von Modest Mussorgski, Franz Schubert, Robert Schumann, Felix Mendelssohn Bartholdy, Edward Elgar, Edvard Grieg, Gustav Mahler und Ludwig van Beethoven zählt sicherlich zu den herausragenden Inszenierungen Hoffmanns. Paul Sturm (Klavier) und Rainer Bartke (Violoncello) boten ein perfektes Zusammenspiel.

Herausragend auch der Auftritt von Helen Jordan, die mit Gitarrenbegleitung drei Friedens- beziehungsweise Anti-Kriegslieder vortrug: das Traditional "Greensleave", die Eigenkomposition "Coloring Song" und "Sag mir, wo die Blumen sind". Darlusz Siedlick (Bariton) sorgte für Gänsehautgefühl.

Mit hochkarätigen Schauspielern geriet die Aufführung am Volkstrauertag zu einem großartigen Schauspiel, das das Publikum mit lang anhaltendem Applaus bedachte. Nicola Lembach, Hannes Seebauer und Stefang Wang vom Staatstheater Nürnberg sowie Rainer Kretschmann vom Bayerischen Rundfunk zeigten als Rezitatoren eine exzellente Leistung und sie machten das Grauen vorstellbar.

Im Mittelpunkt stand zunächst "Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke", die Rainer Maria Rilke zu Weltruhm verholfen hat. Es handelt sich um eine geradezu mystische Geschichte, in der die Träume, Hoffnungen und die Lebenslust eines jungen Soldaten thematisiert werden. Doch er kommt um. So heißen die letzten Sätze dieser ungeheueren Geschichte lakonisch: "Im nächsten Frühjahr (es kam traurig und kalt) ritt ein Kurier der Freiherrn von Pirovano langsam in Langenau ein. Dort hat er eine alte Frau weinen sehen. "

Bertold Brechts Gedicht "Kinderkreuzzug 1939" beschreibt das Schicksal einer Gruppe von Kindern, die im deutschen Polenfeldzug zu Kriegswaisen geworden sind. Werner Hoffmann hat das Originalgedicht "Herr, es ist Zeit" von Rainer Maria Rilke umgeschrieben und den Schwerpunkt auf aktuelle Kriege, Hunger und Flucht verlegt. "Wann werden die Flüchtlingsströme enden? ", schreibt Hoffmann, "das entsetzliche Schicksal der Kinder schreit zum Himmel, der Norden Syriens ist das Signal. . . " Die exzellente Liedauswahl erhöhte die bedrückende Stimmung. "Eine Straße muss ich gehen, die noch keiner ging zurück", sang Dariusz Siedlik.

Am Ende der aufwühlenden Vorstellung rezitierten die vier Schauspieler das besinnliche Gedicht von Rainer Maria Rilke, das dem Projekt den Namen gegeben hat: "Herr: Es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß. Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren, und auf den Fluren lass die Winde los". Das Projekt des Theaters "Die Bühne" war ein eindrucksvolles Signal gegen Krieg und Terror, gegen Rechtsradikalismus und Neofaschismus, eine deutliche Warnung vor dem Rückfall in dunkle Zeiten, ein beeindruckender Appell für Frieden und Verständigung, aber auch ein Aufruf gegen gedankenlose Sonntagsreden an diesem Volkstrauertag.

Robert Unterburger