Rohrbach
Gedankenspiele zur Rohrbacher Ortsmitte

Gemeinderat kann Zukunftskonzept noch wenig abgewinnen - jetzt sind die Bürger gefragt

30.09.2021 | Stand 23.09.2023, 21:03 Uhr
Die "Knackpunkte" auf dem Weg zu einer Aufwertung der Rohrbacher Ortsmitte: Die Zukunft des Rathauses ist strittig und wird seit Jahren intern heiß diskutiert. −Foto: A. Ermert

Rohrbach - Die Zukunftsplanung für die Rohrbacher Ortsmitte ist Hauptpunkt einer Sondersitzung des Gemeinderats am Mittwoch gewesen. Als Kopf hinter den Überlegungen präsentierte Martina Schneider vom Münchner Büro Stadt-Raum-Planung ihre Gedankenspiele.

Schneider legte ein grobes Konzept vor, das sie anhand ihrer Gesprächseindrücke mit den betroffenen Anwohnern, Vertretern der Parteien und der Verwaltung sowie der eingebundenen Bürgerarbeitskreise entwickelt hatte. "Jetzt reden wir hier im Gremium darüber. Dann geht es in die Bürgerbeteiligung", führte Schneider aus - und wies dabei auch gleich auf die öffentliche Präsentation am Dienstag, 12. Oktober, hin. Dann können alle Rohrbacher ihre Ideen, Vorstellungen oder auch Einwände ab 18.30 Uhr in der Turmberghalle vorbringen.

Die gesammelten Erkenntnisse wird die Planerin in einem Gesamtkonzept zusammenführen, das der Regierung von Oberbayern zugeht. "Da geht es dann um die Möglichkeiten, an Fördergelder zu gelangen", sagte sie. Und außerdem um die Ziele der baulichen Entwicklung, sodass theoretisch mit Einzelmaßnahmen auch schon bald gestartet werden könnte.

Parkplätze sollen weichen, ein Biergarten entstehen

Schneider sprach ganz allgemein von "hoher Achtsamkeit": gegenüber der historischen, teils denkmalgeschützten Bausubstanz, aber auch gegenüber dem "Charakter des Ortes". Eine Konkurrenz gegenüber bestehenden Geschäften soll in der Dorfmitte auf keinen Fall entstehen. Vielmehr sei es wichtig, den Kern des alten Dorfes zu beleben, auf Barrierefreiheit zu achten, womöglich (seniorengerechten) Wohnraum zu schaffen. Und nicht zuletzt den Rathausplatz durch eine attraktive, Radltouristen anlockende Gastronomie noch attraktiver zu gestalten. Im Idealfall mit einem Biergarten unter jenen prächtigen Bäumen, unter denen aktuell Parkplätze angeordnet sind. "Was hier alles möglich wäre, sieht man schon daran, für welche Belebung alleine der kleine Eiswagen sorgt", so Schneider.

Als Haupt-Handlungsfelder macht die Planerin das Rathaus samt altem Feuerwehrhaus, das Schlossareal, den Alten Wirt und dessen Nachbargrundstück sowie den eigentlichen Rathausplatz aus. Über Form und Ausgestaltung eines zukunftsfähigen Rathauses diskutieren die Gemeinderäte seit Jahren - allerdings hinter verschlossenen Türen. Die Meinungen gehen offenbar weit auseinander. Sie reichen von der einfachen Sanierung bis zur kompletten Auslagerung des Rathauses, die auch schon mal angedacht wurde. "Momentan wird über eine Sanierung im Bestand diskutiert", erklärte Bürgermeister Christian Keck (SPD) auf Nachfrage, nachdem es zu diesem Punkt in der Sitzung zur offenen Auseinandersetzung mit der Opposition gekommen war. Die Kosten dafür könnten sowohl im fünfstelligen, als auch im siebenstelligen Euro-Bereich liegen. "Je nachdem, welche Variante favorisiert wird", so Keck. Rupert Maier (CSU) forderte angesichts einer Variante, die im vorliegenden Konzept beispielhaft eingearbeitet war, per Antrag an die Geschäftsordnung, das Rathausthema komplett aus dem Konzept zu streichen. "Nicht dass uns hier was vorgeschrieben wird, was wir gar nicht wollen", begründete er den Vorstoß. Sein Antrag wurde mit 7:8 Stimmen nur hauchdünn abgelehnt. Am Vertrauen in die Planungen rüttelte der CSU-Vorstoß dennoch. Keck sprach danach von einem Versuch, die Stimmung zu vergiften und von "Schaufensterpolitik", wogegen sich die CSU zur Wehr setzte.

Hängen blieb ein Zwist rund um das ganze Projekt. Räte aller Fraktionen gaben zu bedenken, dass "alles noch sehr unausgereift" (Rupert Maier, CSU) oder "noch lange nicht fertig" (Anton Kiermeier, FW) sei. Hans Vachal (CSU) kritisierte den Platzverlust durch zusätzliche Grünflächen. "Wir schränken uns viel zu sehr ein", sagte er und positionierte sich gegen Veränderungen am Rathausplatz, weil dann die Stände beim Weihnachtsmarkt nicht mehr am gewohnten Standort platziert werden könnten.

Platzierung von Ständen am Bildschirm durchspielen

Keck bedauerte, dass eine komplette Verkehrsberuhigung "scheinbar nicht realistisch" sei. Die Planerin griff die Kritik auf, indem sie vorschlug, die Platzierung der Stände bei Festen am Bildschirm einfach mal durchzuspielen. "Die Dorfmitte lässt sich gewiss so gestalten, dass für die Zukunft alles passt", meinte sie. Auch der mögliche Wegfall von Stellplätze wurde mehrfach kritisiert. Und das, obwohl den Räten bewusst war, dass zu diesem Punkt eine alternative Lösung gefunden werden muss.

Einblicke in die Pläne der Schlossherrenfamilie gab Franz Edler von Koch. Das Schloss und sein Park werde deren Privatbereich bleiben, führte er aus. Aber auf dem Areal, das sich an den Floriansstadel anschließt, könnte eine hochwertig gestaltete Wohnbebauung entstehen. Dem Schlossherrn schweben Wohnungen, Doppelhäuser oder Dreispänner vor, die rund um einen Platz gruppiert werden könnten. "Holz, Naturstein, nachhaltige Energieversorgung. All das in einem gemütlichen Ambiente - und vermutlich mit einer Tiefgarage, weil wir auch nicht die ganze Zeit auf Autos schauen wollen", berichtete er. Einer Verkehrsberuhigung und weiteren Grünflächen im Dorfzentrum würde er positiv gegenüberstehen. Aber das sei freilich Sache der Gemeinde. Auch einen Veranstaltungssaal im Torbogen könnte er sich vorstellen. Allerdings hänge hier viel von Fördermitteln oder Abschreibungsmodellen ab. "Sonst wird das unbezahlbar", sagte er. Das Aufmaß ist bereits erledigt, auch der Baugrund wurde schon untersucht. Die Familie will das Vorhaben jetzt zügig vorantreiben. Eventuell wird schon im Frühjahr - nach vorheriger Rücksprache mit dem Landratsamt - der Bebauungsplan angepasst.

PK

Patrick Ermert