Pfaffenhofen
Gartenstühle verboten

Besitzer von Freizeitgrundstücken bei Jetzendorf müssen alle Gegenstände entfernen

16.06.2015 | Stand 02.12.2020, 21:11 Uhr

Foto: Isabel Ammer

Pfaffenhofen/Jetzendorf (PK) Als „Freizeitgrundstück“ war das Land in der Verkaufsanzeige tituliert – „Hier haben Sie Platz für ihre Hobbys“, stand da. Erlaubt ist allerdings nicht einmal, dass dort Gartenstühle stehenbleiben, wie jetzt einige Grundstücksbesitzer erfahren mussten.

„Obwohl das Grundstück mir gehört, darf ich nicht mal meinen Grill hier stehen haben“, klagt Hans-Günter Stadler-Krätschmer. Als Freizeitgrundstück hat er vor zehn Jahren das Land gekauft, so stand es zumindest auf dem Makleraushang. Zu jeder Jahreszeit waren er, seine Frau und seine Kinder auf dem Grundstück bei Jetzendorf. Eine kleine Hütte und ein Freisitz standen schon vom Vorbesitzer darauf. Stadler-Krätschmer baute ein kleines Baumhaus für seine Kinder dazu. Illegalerweise, wie er heute weiß. In einem Bescheid vom Landratsamt wurde Stadler-Krätschmer aufgefordert, Hütte, Baumhaus und ähnliches zu entfernen. „Jetzt ist mein Hobby: Ich bau das Zeug vom Vorbesitzer ab“, scherzt der Lehrer aus Pfaffenhofen sarkastisch.

Er ist nicht allein mit seinen ungewollt illegalen Bauten, auch die Besitzer der Nachbargrundstücke haben dasselbe Problem. „Das betrifft eine ganze Reihe von Grundstücken mit unterschiedlichen Aufbauten wie Lauben, Hütten oder Baumhäusern“, bestätigt Karl Huber, Sprecher des Landratsamtes.

Tagelang schleppte und fuhr Stadler-Krätschmer Steine, Wellblech und Holz von der Gartenhütte weg, die er ursprünglich mitgekauft hatte. „Aber das sehe ich ja ein, dass man das nicht haben darf. Ich habe alles abgerissen – und gedacht, jetzt hab ich es.“ Von der Tanne, in der das Baumhaus war, steht nur noch der Stumpf, die Einfassung des kleinen Freisitzes ist ebenfalls verschwunden.

Das Grundstück, das an einem Hang liegt, ist offiziell landwirtschaftliche Nutzfläche. Vor zehn Jahren wurde es in der Verkaufsannonce als „Freizeitgrundstück“ tituliert. Heute ist sich Stadler-Krätschmer sicher: „Das war wohl ein Fantasiebegriff, sonst würde ja niemand dieses Grundstück kaufen.“ Wegen der starken Hanglage sei es für die Landwirtschaft völlig ungeeignet, doch nur dafür dürfe man es legalerweise nutzen, wie er jetzt weiß.

„Freizeitgrundstücke sagt man zu Grundstücken, die typisch sind für individuelle Nutzung, aber von Bebauung freizuhalten“, erklärt Karl Huber den Begriff. Und von Maklerseite heißt es: „Freizeitgrundstück bedeutet, es ist eingeschränkt nutzbar, das hat aber nichts mit der Qualität des Grundstücks zu tun.“ Was man baurechtlich darauf dürfe, darüber müsse sich der Käufer selber informieren. Auch sollte vor dem Kauf beim Notar abgeklärt werden, ob alle Genehmigungen vorliegen, für alle Bauten, die bereits von Vorbesitzern auf dem Grundstück stehen.

Ende April bekam Stadler-Krätschmer das nächste Schreiben vom Landratsamt. Bei einer Baukontrolle wurde festgestellt, dass die Beseitigungsanordnung größtenteils umgesetzt wurde. Allerdings nicht vollständig aus rechtlicher Sicht. Es „befanden sich jedoch noch einige Tische, Stühle, Grills, Schubkarre, Folienabdeckung und einige andere Gegenstände auf Ihrem Grundstück“, heißt es in dem Schreiben. Sollte Stadler-Krätschmer diese nicht entfernen, wird ein Zwangsgeld fällig. 500 Euro für die „noch vorhandenen Materialen“, 2000 Euro für die Einfriedung eines Beetes.

„Ich verstehe ja, dass man die Landschaft nicht zustellen darf, aber dass ich – obwohl es mir gehört – hier nicht mal einen Grill und Stühle stehen haben darf . . .“ Jetzt soll Stadler-Krätschmer jeden Gegenstand, den er mit aufs Grundstück bringt, auch wieder mit nach Hause nehmen. Das heißt für ein Familiengrillen: neben Essen, Getränken und Kohle auch noch Grill und Stühle einpacken. So groß ist das Auto nicht.

„Bisher ist es halt geduldet worden und jetzt hat mich jemand hingehängt“, vermutet Stadler-Krätschmer, warum zehn Jahre lang niemand etwas bei ihm oder seinen Nachbarn gesagt hat, auch nicht zu seinem Vorbesitzer. „Das Thema wurde aufgrund von einer Anzeige aufgegriffen, und inzwischen in mehreren Etappen alles beseitigt“, bestätigt Karl Huber vom Landratsamt. Und weiter: „Vorgegangen wird, wenn das Landratsamt von baulichen Anlagen Kenntnis erhält, das kann ein Hinweis der Gemeinde oder des Baukontrolleurs sein, genauso wie eine Anzeige.“

Einsehbar ist Stadler-Krätschmers Grundstück von außen nicht. Bäume überziehen das Gelände – Walnuss, Apfel, Kirsche. Die hat der Lehrer selbst gepflanzt. In einem Beet steckt noch eine rote Gartenkugel.

Wer ihn bei der Behörde gemeldet hat, weiß Stadler-Krätschmer nicht, doch es muss jemand gewesen sein, der vom Feldweg aus den Hang hinaufgestiegen ist und zwischen seinen Bäumen und Sträuchern nach Grill und Hütte gesucht hat. Ob er jetzt noch viel Freizeit auf dem Grundstück verbringen wird, weiß er noch nicht. Privilegiert für die Nutzung des Grundstücks sind nur Landwirte – und umschulen möchte er dann doch nicht.