Garn zur Kunst gesponnen

"Stoff geben" - Sonja Weber und Gisela Hoffmann zeigen mit Webstuhl und Nähmaschine gefertigte Arbeiten in der Ingolstädter Galerie Mariette Haas

27.02.2020 | Stand 02.12.2020, 11:52 Uhr
Mit abstrakter Kunst aus Fäden und Stoffen überzeugt die Ausstellung von Sonja und Gisela Hoffmann in der Galerie Mariette Haas in Ingolstadt. −Foto: Galerie Haas

Ingolstadt - Ganz im Zeichen der Frau steht 2020 die Galerie Mariette Haas.

Denn ausschließlich weibliche Kunstschaffende präsentiert Haas in diesem Jahr - und schockt fast ein wenig mit der Tatsache, dass der Auftakt dieser Reihe mit zwei Künstlerinnen geschieht, deren Werkzeuge ausgerechnet Nähmaschine und Webstuhl sind. Doch keine Angst: In "Stoff geben" widerlegen Sonja Weber und Gisela Hoffmann souverän und schulterzuckend das deutsche (Bauhaus)-Dogma von der Frau als allenfalls handarbeitende und deshalb nicht wirklich ernst zu nehmende Künstlerin.

Mit akademischen Abschlüssen und zahlreichen Auszeichnungen und Preisen bedacht, schaffen Weber und Hoffmann, jede für sich, Arbeiten von großer Präsenz, Präzision und voller künstlerischer Fragen. In der Galerie geht das so zusammen: Riesige Leinwände gewebter Wellen in Schwarz-weiß treffen auf leuchtend orange Linien auf der Wand. Von Weber stammen die großen Bilder von Wellen, die auf den ersten Blick wie Fotodrucke wirken können. Und in der Tat sind auch Fotos, auf denen die 52-Jährige Licht und Bewegung auf Wasser einfing, Grundlage für die Arbeiten. Sorgfältig ausgesuchte Ausschnitte daraus setzt Weber am Webstuhl um und macht so die Leinwand selbst zum Bild.

Jede Fadenkreuzung verlangt künstlerische Entscheidung, die Erstellung der Lochkarte fürs digitale Webprogramm ist wesentlicher kreativer Akt. Fadenform und -stärke, gefunden in immer neuen Versuchen, werden später entscheidend den malerischen Eindruck bestimmen. Und der ist überzeugend. Dunkel wogt und wellt es, ist haptisch und luzent zugleich. Und bei aller Gegenständlichkeit doch informell. Besonders schön sind die neuen Arbeiten, bei denen nicht Fotos, sondern abstrakte Zeichnungen Webers die Vorlage liefern - geschichtete, schnelle Flächen, die hell aus dem dunklen Grund blitzen.

Zeichnung, genauer gesagt, Linie, ist auch das Thema der 57-jährigen Gisela Hoffmann für diese Schau. Zum Bildträger macht sie in der Galerie eine gesamte Wand: Darauf werden orangefarbene Gewebebänder sozusagen kurz und bündig je zwischen zwei Nägeln verspannt zu einer Gesamtinstallation, die wie binäre Zeichensprache wirkt. Wo führen die Linien hin, was bedeuten ihre Zwischenräume?

Das seidige Material der Gewebebänder: Gestrafft ist es als solches kaum mehr zu erkennen, hart und schillernd wie Plexiglas (Hoffmanns bekanntem Werkstoff) tritt es dem Gast entgegen, strahlt wie dieses farbig ab, zeichnet je nach Lichteinfall immaterielle Linien zusätzlich zur eigenen Körperhaftigkeit auf die weiße Wand.

Für den schnellen Blick ist solches Kunstwerk nichts, eher eine Sehschule liefert Hoffmann mit ihm ab. Die man übrigens in jeder Form erwerben kann: Käuflich sind sowohl die gesamte Wandinstallation, Ausschnitte daraus oder eigens von der Künstlerin noch zu konzipierende Linien.

DK


Galerie Mariette Haas, Neubaustraße 2: "Stoff geben" von Sonja Weber und Gisela Hoffmann, bis 26. April, Öffnungszeiten: Do und Fr 14 bis 19 Uhr, Sa 11 bis 15 Uhr .