Gammelmodus? Eine Unverschämtheit!

Hilpoltsteiner Rektoren widersprechen der Kritik eines ehemaligen Lehrers

16.07.2015 | Stand 02.12.2020, 21:02 Uhr

Abwechslung zum Unterricht: 600 Schüler aus der Region starteten gestern beim Schultriathlon des Landkreises. Veranstaltungen wie diese lockern den Alltag in den Wochen vor den Ferien auf. - Foto: R. Münch

Hilpoltstein (enc) Was passiert an bayerischen Schulen eigentlich, nachdem alle Noten verteilt sind und die Sommerferien kurz vor der Tür stehen? Ein ehemaliger Deutschlehrer wirft den Schulen vor, in einen „Gammelmodus“ zu verfallen. „Fallen die Zensuren weg, schleicht sich ein Gammelmodus ein, gegen den man fast machtlos ist“, sagte der ehemalige Lehrer, und weiter: „Schulen sind hilflos in dieser Situation, außer Unterricht können sie nämlich nichts.“ Kritik, gegen die sich Hilpoltsteins Schulleiter wehren.

Für Kurt Wink, Leiter der Hilpoltsteiner Realschule, gehen diese Äußerungen völlig an der Realität vorbei. „Das Bild, das er von den heutigen bayerischen Schulen hat, ist totaler Unsinn.“ Den Ausdruck „Gammelmodus“ bezeichnet Wink in diesem Zusammenhang als „Unverschämtheit.“ „Freilich lockern die Lehrer manche Stunden jetzt etwas auf, aber das heißt nicht, dass der Unterricht plötzlich brach liegt.“ An der Realschule finden in den letzten Wochen viele außerschulische Projekte statt, die aber genau so zum Lehrplan gehören wie Mathe oder Physik. „Die fünften Klassen unternehmen beispielsweise eine Exkursion zum Auhof, bei den achten Klassen steht eine Firmenbesichtigung an und die Neuntklässler besuchen Regens Wagner in Zell“, nennt Wink einige Beispiele. „Wir geben jedes Schuljahr einen acht Seiten langen Bericht ab, in dem wir unsere außerschulischen Aktivitäten schildern.“ Diese gehörten genau so zum schulischen Erziehungsauftrag.

Dem Hilpoltsteiner Schulleiter ist die Absicht des ehemaligen Lehrers jedoch klar: „Seine Ausführungen sind eine billige Extremdarstellung, mit dem Ziel, Noten ganz abzuschaffen.“ Wink spricht von Argumenten, die völlig an der Realität vorbeigehen. Einen Notenschluss gebe es an der Realschule ohnehin nicht. „Mündliche Noten können bis wenige Tage vor Schulende gemacht werden.“

Auch Karlheinz Thoma, Schulleiter des Gymnasiums Hilpoltstein, widerspricht der Kritik. „Das mag ja sein, dass es früher an den Schulen so war“, sagt er. Sein Kollegium und er hätten sich bereits vor dem Schuljahr ein Konzept überlegt, wie man die letzten Wochen sinnvoll gestalten könne. Die fünften Klassen unternehmen beispielsweise eine Exkursion auf einen Bauernhof. Die Sechstklässler fahren ins Schullandheim. „Auch so etwas ist wichtig, um das Gemeinschaftsgefühl und soziale Kompetenzen zu stärken.“ Die achten Klassen nehmen am Sommersportfest im Ötztal (Tirol) teil.

Unter Schülern sind die Meinungen zu den Äußerungen des ehemaligen Lehrers gespalten. „Ich finde sie etwas übertrieben, aber ein bisschen was ist auch dran“, sagt ein Realschüler aus einem Thalmässinger Ortsteil. „In Deutsch hätten wir zum Beispiel über zwei Stunden etwas schreiben sollen, aber keiner hat wirklich Lust gehabt und es ging kaum etwas voran.“ Der Lehrer sei dann etwas sauer gewesen. Es hänge letztlich stark vom Lehrer ab, wie die letzten Wochen verlaufen. „Manche ziehen wirklich bis zum Ende ihren Stoff durch.“

Von Gammelmodus kann in der Oberstufe am Hilpoltsteiner Gymnasium laut zwei Schülern aus Allersberg ganz sicher nicht die Rede sein: „Die meisten Lehrer bekommen ihren Stoff nicht durch. Wir haben bis zum Schluss ganz normal Unterricht“, sagen zwei Elftklässler. „Nachmittags haben wir im Gegensatz zu den meisten anderen Klassen auch fast nie hitzefrei.“ In den Jahrgangsstufen darunter sei es in den vergangenen Jahren aber tatsächlich so gewesen, dass „in einigen Fächern nach Notenschluss nichts mehr gemacht wurde“, bestätigt ein Mitschüler. „Gammeln ist aber das falsche Wort. Wir haben oft Filme angeschaut, Fußball gespielt oder waren Eisessen.“