Thalmässing
Fußball vor Augen, Studium im Hinterkopf

Regionalligaspieler Marcel Schiller aus Thalmässing hängt ein Jahr beim FC Ingolstadt dran - Traum vom Profigeschäft lebt

06.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:24 Uhr
Große Konkurrenz verspürt Marcel Schiller nicht nur auf dem Fußballplatz - wie hier im Regionalligaspiel Anfang September des FC Ingolstadt gegen den FV Illertissen (blaue Trikots). Sondern auch im Kampf um einen Platz bei einer Profimannschaft. −Foto: Rimmelspacher

Thalmässing (HK) Er zählt zu den herausragenden Fußballspielern aus dem Landkreis Roth; zwei Jahre lang ist Marcel Schiller (20) aus Thalmässing in der Regionalligamannschaft des FC Ingolstadt auf Torejagd gegangen. Dann sollte es für ihn mit dem Sprung in den Profisport klappen. Eigentlich.

"Es ist ein schwieriges Geschäft", sagt Marcel Schiller. Das war ihm vor einem Jahr auch schon klar, als er in unserer Zeitung über seine Ambitionen und seine Zukunft sprach. Dennoch hatte er die nicht unberechtigte Hoffnung, dass er sich seinen Traum vom Profifußball würde erfüllen können, die Chancen standen nicht schlecht: Sein Vertrag bei den Ingolstädtern lief mit Saisonende aus, er war ablösefrei zu haben. Der schnelle offensive Mittelfeldspieler zählte zu den Stammspielern seines Vereins in der viertklassigen Regionalliga, durfte mit den Bundesligaprofis mehrere Trainingseinheiten absolvieren und sogar ins Sommertrainingslager mitfahren. Nach Saisonende in diesem Sommer aber kam die Karriere ins Stocken. Schiller wollte in den Profibereich, wenigstens die Dritte Liga war sein Ziel. Doch der Schritt klappte nicht, es lag kein neuer Vertrag auf dem Tisch.

Jetzt spielt er wieder für den FCI, wiederum im Regionalligateam, das mittlerweile als U 21- statt als U 23-Mannschaft firmiert. Verstärkt mit wenigen älteren Spielern. Schiller ist 20 Jahre alt, es wird wohl seine letzte Saison bei den Ingolstädtern sein. Anfang August unterzeichnete er einen Jahresvertrag bei den Schanzern, zu einem Zeitpunkt, als sein Team bereits vier Spiele in der neuen Saison absolviert hatte. "Ich hatte mit dem letzten Heimspiel mit Ingolstadt eigentlich abgeschlossen", erzählt Schiller. Sich dennoch aber fit gehalten mit den alten Kumpels in gewohnter Umgebung. Schließlich könne er in Ingolstadt im Nachwuchsleistungszentrum unter Profibedingungen trainieren, wie er sagt. Professionelles Gehalt gibt es aber nicht. "In der Regionalliga kannst du nicht vom Fußball leben", weiß Schiller, "die Beträge fangen erst ab der Dritten Liga an."

"Du darfst dir nicht zu viel Druck machen."

Marcel Schiller

 

Das ist natürlich ein Hauptgrund, warum es mindestens eine Liga höher gehen sollte für ihn. Doch seinem Berater gelang es nicht, entsprechende Angebote an Land zu ziehen. Auf Empfehlung von Bekannten wechselte er den Berater, denn: "Der ist wichtig, vor allem bei diesem letzten Schritt." Mit dem Profifußball sollte es trotzdem noch nichts werden. Schiller hatte ein Probetraining bei Hansa Rostock in Aussicht. Doch dann feuerte der Verein seinen Trainer Christian Brand. Pavel Dotchev, der neue Mann, verzichtete aufs Vorspielen des Thalmässingers. Praktisch das gleiche Spiel lief hernach beim Chemnitzer FC ab, der neue Cheftrainer Horst Steffen wollte nach Amtsantritt erst einmal auf den bestehenden Kader bauen.

Schiller musste sich mit dem Gedanken anfreunden, doch wieder im Amateurbereich anzugreifen; wenigstens sollte es ein ambitionierter Verein sein. Anfangs sah es gut aus für ihn, von Waldhof Mannheim verpflichtet zu werden. Doch die Enttäuschung folgte auf dem Fuß: "Die haben uns hingehalten", bilanziert Schiller. Und dann plötzlich einen anderen Spieler verpflichtet. Er spielte in zwei Partien beim SV Elversberg, dem Verein, der zuletzt in der Aufstiegsrelegation gegen die Spielvereinigung Unterhaching den Kürzeren gezogen hat. Doch da sah man Marcel Schiller letztlich nur als Ergänzung, nicht als die erwünschte Verstärkung.

Wie schwer der Sprung ist, sieht Schiller auch im Kollegenkreis. Der eine habe in Seligenporten angeheuert, erzählt er, beginne ein Studium in Ansbach. Greuther Fürth II, 1. FC Saarbrücken, VfB Eichstätt: "Die, die weg sind, sind nicht wirklich höher gelandet", blickt Schiller auf ehemalige Kollegen. Einer sei jüngst beim Karlsruher SC untergekommen, auf den letzten Drücker in die Dritten Liga. Zuvor sei er vereinslos gewesen. "Es ist6 nicht einfach", wiederholt sich Schiller. "Aber du darfst dir auch nicht zu viel Druck machen, dann klappt's eh nicht."

Der letztjährige Abiturient überlegt gerade, ob er selbst ein Fernstudium beginnen soll. Das wäre eine Möglichkeit, den Druck wegzunehmen. "Etwas mit Sport" sollte es sein, aufs Sportmanagement hat er schon ein Auge geworfen. Einsteigen könne er auch unterm Jahr, weiß Schiller, beim Fernstudium werde es nicht so streng gehandhabt wie an der Uni. Wenn der eine Traum wirklich kaputtgehe, würde er aufs andere Pferd setzen, sagt er. Zwar würde er mit Fußball "niemals aufhören", doch müsste der Sport an zweite Stelle treten, etwa bei einem Regionalligaverein, dessen Spieler wirklich Amateure sind - mit regulärem Beruf nebenher. Beispiele gibt es in Seligenporten und in Eichstätt quasi vor der Haustüre.

Das Studium wäre "als anderes Standbein sicher sinnvoll", sagt Marcel Schiller. Andererseits wäre es vielleicht auch ein Einstieg in den Ausstieg vom Profifußball. Der Schritt fällt ihm nicht leicht, "ich bin noch am Hadern". Andererseits habe er beim Wechselwirbel im Frühsommer hautnah erlebt, "wie schnell es gehen kann, dass du weg bist vom Fenster". Letztlich sei er sehr froh, noch einmal bei den Amateuren der Schanzer untergekommen zu sein: "Am Ende war es schon eine Erleichterung, es war wenigstens kein Schritt nach unten". Er werde am Ende der Saison erst einmal dieselbe Ausgangslage haben wie zuletzt. Vielleicht aber besser damit umgehen können: "Man ist vom Kopf her weiter".

Der Kopf ist es aber auch, der den Traum nicht aufgeben will. Profifußball ist einfach zu verlockend. Einen Eindruck davon hat Schiller in dieser Saison bekommen, bedingt durch den Zwangsabstieg der Münchener Löwen. Das Spiel Anfang September im Stadion an der Grünwalder Straße war für ihn trotz des 0:0-Unentschiedens "ein Highlight, das werde ich nie vergessen. Zwar habe sein Team gut gespielt, aber das ist nicht der Grund. Sondern: "Da spielst du vor 12 500 Zuschauern, das ist ein Wahnsinn."