Ingolstadt
"Für mich ging ein Traum in Erfüllung"

Entdeckung im Sturm: FCI-Jungprofi Fatih Kaya will nach dem Tordebüt aber auf dem Boden bleiben

03.12.2018 | Stand 23.09.2023, 5:17 Uhr
Fatih Kaya traf gegen Chemnitz. −Foto: Meyer

Ingolstadt (DK) Interimstrainer Roberto Pätzold spielte nach dem respektablen, aber nutzlosen Ergebnis gegen den Hamburger SV (1:2) seine Rolle herunter. Aber seine Aufstellung mit vier Debütanten im Team des FC Ingolstadt war ein Signal. Zwei Profis dürfen sich sogar als Gewinner beim Tabellenschlusslicht der 2. Bundesliga fühlen.

"Die Jungs haben gegen einen Top-Gegner bewiesen, dass sie konkurrenzfähig sind. Ich glaube, dass uns Konkurrenz im Verein insgesamt guttut, weil sich dann Qualität herauskristallisiert. Jetzt werden die Jungs anders wahrgenommen, auch von Jens Keller", sagte Pätzold nach der Partie. Eine Aussage, die gleich mehrere Ohrfeigen und Ratschläge beinhaltet. Die erste Watschn erhielten die bisher gesetzten Profis, die auf die Ersatzbank mussten oder wie Charlison Benschop, Robert Leipertz oder Thomas Pledl gar nicht erst im Kader standen. Die zweite gab es für den geschassten Cheftrainer Alexander Nouri, der sich solch drastische Maßnahmen offenbar nicht getraut hatte. Und dessen Nachfolger Keller sowie die Vereinsspitze erhielten den Hinweis, der Nachwuchsarbeit zu vertrauen und den eigenen Talenten mehr Einsatzmöglichkeiten zu geben.

Einer, der die Bühne nutzte, war Fatih Kaya. Der gerade 19-Jährige machte nicht nur wegen seines Treffers auf sich aufmerksam. Der Stürmer bewegte sich gut, scheute die Zweikämpfe nicht, verausgabte sich völlig und war auch noch torgefährlich - eine seltene Kombination im harmlosen FCI-Angriff. "Für mich ging ein Traum in Erfüllung", sprudelte es nach seinem Profi-Debüt aus Kaya heraus. "Ich habe mich voll reingehauen. Dass ich dann gleich treffe, war natürlich schön, aber in erster Linie wollte ich meine Aufgaben erledigen und der Mannschaft helfen", sagte Kaya, der sich Schritt für Schritt diese Chance erarbeitet hatte.

Mit 16 Jahren kam der aus einer siebenköpfigen türkischen Familie stammende Gießener zum FCI, wohnt seither bei einer Gastfamilie und hat bereits eine langwierige Verletzungspause nach einem Wadenbeinbruch hinter sich. Doch seit vergangenem Winter läuft es. Das Trainingslager mit den Profis, die erfolgreiche Abiturprüfung, der erste Profivertrag und zehn Tore im U21-Regionalliga-Team stärkten das Selbstvertrauen des Mittelstürmers. Der 19-Jährige will aber auf dem Boden bleiben: "Ich mache noch viele Fehler im Training und muss dazulernen. Ich bin geduldig und glücklich, dass ich meine Chance jetzt bekommen habe. Aber ich bin kein Spieler, der etwas einfordert, sondern versuche einfach, meine Leistung abzurufen und mich anzubieten."

Kaya, der nach 65 Minuten mit Krämpfen vom Platz musste, weiß, wo (noch) seine Grenzen sind. "Ich habe noch nie auf so einem Niveau gespielt, das Tempo ist schon etwas anderes als in der Regionalliga. Es war nur eine Frage der Zeit, wie lange ich durchhalte. Ich hätte gerne weitergespielt, aber ich habe mich total verausgabt", meinte Kaya.

Wie der Stürmer machte auch Jonatan Kotzke auf sich aufmerksam. Der U21-Kapitän ist schon 28 Jahre alt und verfügt über Profi-Erfahrung (1860 München, Jahn Regensburg, VfR Aalen). Der Verteidiger, der gegen den HSV eine solide und unaufgeregte Leistung zeigte, könnte angesichts der Verletzungsmisere und Formschwäche im Abwehrbereich in die Bresche springen. Und auch Torwarttalent Fabijan Buntic wollte Pätzold offenbar in Erinnerung rufen. "Er bringt in der U21 Woche für Woche konstant gute Leistungen. Daher hatte ich das Gefühl, dass er gegen den HSV der Richtige ist", meinte Pätzold zum Wechsel auf der sensiblen Position. Pech für Buntic, dass er kaum Gelegenheit hatte, sich auszuzeichnen.

Trotz des erneut verpassten Erfolgserlebnisses bereitete Pätzold dem neuen Chefcoach zumindest den Boden für einen größeren Konkurrenzkampf. "Wir haben einen großen Schritt Richtung Leidenschaft, Intensität und defensives Verantwortungsbewusstsein gemacht. Wenn wir das noch mit der fußballerischen Qualität, die unbestritten in der Mannschaft steckt, kombinieren können, werden wir die nötigen Punkte holen", resümierte Pätzold nach seiner Mission.

Gottfried Sterner